# taz.de -- Streit um Berliner Flussbad: Im langen Schatten des Schlosses | |
> Wie alt und würdig es in Berlins Mitte zugehen soll, ist steter Anlass | |
> zum Streit. Jetzt stören sich Denkmalfreunde am geplanten Berliner | |
> Flussbad. | |
Bild: Ob so einen Spaß Berlins Mitte überhaupt ertragen kann? | |
Ein Schloss kommt selten allein. Vor allem die Rekonstruktion des Berliner | |
Stadtschlosses hat viele Begehrlichkeiten im Gepäck. Dieses städtebauliche | |
„Wer A sagt, …“ begann schon nach der Entscheidung für das Humboldt Forum | |
im Gewand des wiedererrichteten Preußenschlosses. Warum nicht jetzt auch „B | |
sagen“, also die Altstadt auf der anderen Seite der Spree wiederaufbauen, | |
hieß es bald. Vorbilder gab es ja genug, auf die die Freunde des | |
historischen Berlins verweisen konnten: den Römer in Frankfurt am Main oder | |
den Neumarkt in Dresden. | |
Diese „große“ historische Lösung konnte bekanntlich abgewehrt werden. Nun | |
aber kommen die vielen kleinen Begehrlichkeiten, die die Sache in der Summe | |
nicht besser machen. Bei der Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel ist | |
zwar die Finanzierung geklärt, die [1][Nutzung und die Gestalt des | |
Wiederaufbaus] sind es nicht. Die Stimmen derer, die eine historistische | |
Rekonstruktion befürworten, wurden schon vor fünf Jahren erhoben. | |
Eine davon stammt von Hermann Parzinger. Der Präsident der Stiftung | |
Preußischer Kulturbesitz schrieb damals ganz im Sinne von „Wer A sagt, …�… | |
„Spätestens wenn der Wiederaufbau des Berliner Schlosses vollendet ist, | |
wird man die aus Plastikplanen und Aluminiumgestänge bestehende Attrappe | |
der Bauakademie als immer unerträglicher empfinden“, war in einem Beitrag | |
von ihm im Tagesspiegel zu lesen. „Wenn es überhaupt ein Gebäude in der | |
Mitte Berlins gibt, das exemplarisch für die architektonische Modernität | |
und Innovationskraft der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts steht, dann ist | |
es die Bauakademie. Und wenn es ein Gebäude gibt, das es als Zeugnis des | |
Vergangenen in dieser Mitte Berlins wert ist, wiederzuerstehen, dann dieser | |
revolutionäre Ziegelbau von 1836.“ | |
Natürlich gab es auch Gegenstimmen. Sie verlangten, den innovativen Geist | |
Schinkels in einen Wettbewerb mit einfließen zu lassen. So warf der | |
Kunsthistoriker Adrian von Buttlar die Frage auf, wie Schinkel selbst wohl | |
auf einen Wiederaufbau reagieren würde. Von Buttlar war überzeugt: „Man | |
ehrt Schinkel nicht, wenn man ihn rekonstruiert.“ | |
Das jüngste Beispiel an Begehrlichkeit ist die Debatte über das geplante | |
Flussbad. Am Steilufer über der Spree, droben auf der Schlossfreiheit, soll | |
zwar nicht wieder das Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal entstehen. Aber | |
auch die Initiatoren des Einheits- und Freiheitsdenkmals, das dort derzeit | |
errichtet wird, haben in ihrem Gestus etwas Cäsarisches. Am Donnerstag | |
gaben sie auf einer Pressekonferenz zu bedenken, dass der gläserne | |
Fahrstuhlturm, der neben dem Denkmal die Höhe zwischen Spree und | |
Schlossfreiheit überwinden soll, [2][ein „Stinkefinger“ gegen ihr Denkmal] | |
sei. | |
Natürlich geht es aber nicht gegen den Fahrstuhl und auch nicht gegen die | |
Freitreppe, deren behindertengerechte Ergänzung er ist. Unerträglich ist | |
den Denkmalinitiatoren der Gedanke an ein Flussbad, in dem einmal | |
Berlinerinnen und Berliner und auch Touristen schwimmen können. Man habe | |
nichts gegen ein Flussbad, tat Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse | |
kund, aber müsse das ausgerechnet hier entstehen? | |
„Ausgerechnet hier“: Die Begehrlichkeiten, die das Schloss weckt, haben | |
längst nicht nur den Wunsch nach historischen Rekonstruktionen geweckt. Sie | |
reichen nun auch bis zur Frage, wer rund um das Schloss und die | |
Museumsinsel erwünscht ist oder nicht. | |
26 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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