# taz.de -- KanzlerkandidatInnen zum Gedenktag: Was bedeutet der 22. Juni 1941? | |
> Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) über | |
> Erinnerung und die Lehren für die Zukunft. | |
Bild: Ein*e Kanzler*in muss auch Erinnerungskultur können | |
## „Eine bleibende Verantwortung“ | |
„Wenn ich an die Verbrechen der Wehrmacht auf dem Gebiet der ehemaligen | |
Sowjetunion denke, denke ich zum Beispiel an Babyn Jar, ein Tal in Kiew, wo | |
Deutsche innerhalb von 36 Stunden mehr als 33.000 ukrainische Jüdinnen und | |
Juden ermordeten. | |
Ich denke an die Leningrader Blockade, die drei Jahre dauerte und über eine | |
Million Menschen das Leben kostete. Und ich denke an die mehr als drei | |
Millionen Soldaten der Roten Armee, die in deutscher Kriegsgefangenschaft | |
umkamen. | |
Deutschland trägt eine bleibende Verantwortung für diese Verbrechen, für | |
die Hinterlassenschaften und erst Recht für die Aussöhnung. Deshalb ist der | |
Dialog und die Brücke zur Zivilgesellschaft in Russland, in Belarus, in der | |
Ukraine für uns so wichtig. | |
Die Verantwortung für die Geschichte steht jenseits der politischen | |
Differenzen in der Gegenwart, sei es mit dem Kreml oder auch mit dem Regime | |
in Belarus. Zu unserer konkreten Verantwortung als Deutsche gehören würdige | |
Grabstätten für ermordete Opfer an den Hunderten Erschießungsstellen auf | |
dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion. Dies ist ein kleiner Beitrag, den | |
Deutschland heute leisten kann, aber einer, der für die kommende | |
Bundesregierung beizutragen bleibt.“ Annalena Baerbock | |
## „Die Versöhnung heute ist wie ein Wunder“ | |
„Der 22. Juni 1941 ist ein Tag der Erinnerung – an das Leid und die | |
Grausamkeit, die der deutsche Vernichtungs- und Ausbeutungskrieg bei den | |
Völkern der Sowjetunion verursacht hat. Innerhalb von nur vier Jahren | |
starben über 25 Millionen Menschen. | |
Die Versöhnung, die wir heute sehen, und die guten persönlichen Beziehungen | |
zwischen Menschen, deren Väter und Großväter noch Feinde waren, all das ist | |
wie ein Wunder. Wir müssen alles dafür tun, uns als Menschen verbunden zu | |
bleiben. | |
Und bei allen aktuellen Konflikten mit Russland dürfen wir nie vergessen, | |
wie viele unschuldige Millionen Menschen unter dem deutschen Angriffskrieg | |
gegen die Sowjetunion gelitten haben. Das ist für mich die Lehre, die auch | |
nach 80 Jahren von diesem Tag ausgeht.“ Armin Laschet | |
## „Erinnerung aufrecht erhalten“ | |
Vor 80 Jahren überfiel die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion. Es war der | |
Auftakt zu einem beispiellosen, an Berliner Schreibtischen geplanten | |
Vernichtungskrieg gegen die Völker der Sowjetunion – gegen Russen, Polen, | |
Ukrainer, Weißrussen, aber auch Sinti und Roma, Jüdinnen und Juden. | |
Bis heute ist diese Geschichte präsent und allgegenwärtig. In individuellen | |
Biografien, in Familienerzählungen, an den Orten des Schreckens. Wir als | |
heutige Politikergeneration haben eine besondere Verantwortung, für | |
Völkerrecht, Frieden und das Zusammenwachsen unseres Kontinents und die | |
Erinnerung an das aufrechtzuerhalten, was für alle Zeit gelten muss: Nie | |
wieder!“ Olaf Scholz | |
20 Jun 2021 | |
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