# taz.de -- Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: Haseloffs CDU klar vor der AfD | |
> Überraschend deutlich vorn: In Sachsen-Anhalt kommt die CDU laut | |
> Hochrechnungen auf rund 35 Prozent. Die AfD liegt bei 23. Linke und SPD | |
> verlieren drastisch. | |
Bild: Wird wohl Ministerpräsident Sachsen-Anhalts bleiben: Reiner Haseloff von… | |
Magdeburg afp/rtr/dpa | Das politische Erdbeben bleibt aus: Die CDU hat die | |
Landtagswahl in Sachsen-Anhalt so klar gewonnen, wie es fast keine:r | |
erwartet hat. Die radikal rechte AfD bleibt nach den Hochrechnungen von ARD | |
und ZDF zweitstärkste Kraft. | |
Die Christdemokraten kommen demnach auf 35,5 bis 36,2 Prozent und legen im | |
Vergleich zur Landtagswahl 2016 zu. Damals holte die CDU 29,8 Prozent. Die | |
AfD verschlechtert sich und kommt auf 22,5 bis 23,1 Prozent. 2016 war die | |
Partei mit 24,3 Prozent erstmals in den Landtag von Sachsen-Anhalt | |
eingezogen. | |
Drittstärkste Kraft wird die Linke, die sich aber gegenüber 2016 deutlich | |
von 16,3 auf 10,9 Prozent verschlechtert. Die SPD schafft nur noch ein | |
einstelliges Ergebnis und liegt zwischen 8,1 und 8,4 Prozent nach 10,6 | |
Prozent bei der letzten Landtagswahl. Die FDP schafft mit 6,5 bis 6,7 den | |
Wiedereinzug ins Landesparlament. 2016 waren die Liberalen mit 4,9 Prozent | |
an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. Die Grünen landen bei 6,0 bis 6,2 | |
(2016: 5,2 Prozent). | |
Haseloff sieht das Ergebnis der Landtagswahl mit dem deutlichen Sieg seiner | |
CDU vor der AfD als „klare Abgrenzung nach rechts“. Das Bundesland habe | |
sich bei der Wahl am Sonntag „aufgebäumt“, sagte Haseloff in Magdeburg. | |
Seine eigene Glaubwürdigkeit und die seiner Partei seien „das entscheidende | |
Moment gewesen, das zu diesem Ruck geführt hat“, zeigte er sich überzeugt. | |
Er sei „dankbar, dass es so gelaufen ist“. Haseloff sprach von einer | |
„klaren Botschaft nach außen“. | |
Die schwarz-rot-grüne Kenia-Koalition unter Führung von Haseloff könnte | |
aller Voraussicht nach weiterregieren. Womöglich eröffnen sich aber auch | |
neue Koalitionsoptionen. Mit der Rückkehr der Liberalen wären auch eine | |
sogenannte Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP denkbar oder ein | |
Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP. Eventuell könnte es sogar für eine | |
große Koalition reichen. | |
Die AfD, die in Sachsen-Anhalt als besonders rechts gilt und inzwischen im | |
Visier des Verfassungsschutzes ist, hatte 2016 aus dem Stand 24,3 Prozent | |
der Wählerstimmen erzielt. In Umfragen hatte sie sich diesmal zeitweise ein | |
Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU geliefert. Die wiederum kann ihr Ergebnis | |
von 2016 (29,8 Prozent) nun sogar stark verbessern. Für Haseloff zeichnet | |
sich damit ein sensationeller Erfolg ab. | |
Der 67 Jahre alte Haseloff hatte vorab noch nicht erkennen lassen, mit wem | |
er regieren will; nur eine Zusammenarbeit mit AfD und Linken hat er | |
kategorisch ausgeschlossen. In der 2016 aus der Not geborenen | |
Kenia-Koalition hatte es vor allem zwischen CDU und Grünen immer wieder | |
Konflikte gegeben. Der Erfolg der CDU und die Rückkehr der FDP in den | |
Landtag könnten nun neue Möglichkeiten eröffnen. Für Haseloff wäre es die | |
dritte Wahlperiode als Ministerpräsident. | |
Das Ergebnis dürfte auch die Union im Bund beflügeln. Die Landtagswahl galt | |
als letzter großer Stimmungstest vor der Bundestagswahl am 26. September. | |
Und es ist die erste seit Ausrufung von CDU-Chef Armin Laschet zum | |
Kanzlerkandidaten. Haseloff hatte lange Zeit keinen Hehl daraus gemacht, | |
dass er CSU-Chef Markus Söder für den besseren Kanzlerkandidaten gehalten | |
hätte. | |
Aber auch die AfD dürfte zufrieden sein. Sie kann sich als zweitstärkste | |
Kraft behaupten – trotz einer ganzen Serie von Skandalen. 2018 musste | |
Partei- und Fraktionschef André Poggenburg nach verbalen Ausfällen gehen. | |
Fast der ganze Landesverband wird dem formal inzwischen aufgelösten | |
„Flügel“ zugerechnet. Ebenso wie in Brandenburg und Sachsen wird die AfD in | |
Sachsen-Anhalt vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer | |
Verdachtsfall mit nachrichtlichendienstlichen Mitteln beobachtet. In | |
Thüringen hat sich ein solcher Verdacht bereits erhärtet. | |
Für die in Ostdeutschland traditionell nicht so starken Grünen ist das | |
Ergebnis allenfalls ein Achtungserfolg. Nach den Prognosen für die | |
Landtagswahl in Sachsen-Anhalt hat Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena | |
Baerbock ihren Parteifreunden zu ihrem Abschneiden gratuliert. Die Grünen | |
hätten im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren zugelegt, sagte Baerbock am | |
Sonntagabend. | |
## Linke und SPD schwach | |
Zugleich betonte sie, dass sich ihre Partei noch mehr gewünscht hätte. „Wir | |
haben uns mehr erhofft bei dieser Landtagswahl“, sagte Baerbock. Viele | |
Menschen hätten aber verhindern wollen, dass Rechtsextreme eine Regierung | |
mitbestimmten und hätten deshalb die Partei des Ministerpräsidenten Reiner | |
Haseloff (CDU) unterstützt. Die Ausgangslage bei der Bundestagswahl sei | |
eine komplett andere, betonte Baerbock. Da sei für ihre Partei noch „alles | |
drin“. | |
Für SPD und Linke ist es dagegen ein weiterer Rückschlag. Die Linke, die | |
lange als Sachwalter ostdeutscher Interessen galt, rutschte nach den | |
Prognosen auf ihr schlechtestes Ergebnis in Sachsen-Anhalt seit der | |
deutschen Einheit. Linke-Spitzenkandidatin Eva von Angern hat den | |
Misserfolg ihrer Partei eingeräumt. „Das ist eine herbe Niederlage – | |
nichts, worüber ich mich freuen kann“, sagte von Angern am Sonntag im MDR | |
in Magdeburg. Sie kündigte zugleich eine harte Oppositionsarbeit an. | |
Der Linksfraktionschef im Bundestag, Dietmar Bartsch, zeigte sich vom | |
abermaligen Einbruch seiner Partei enttäuscht. „Das ist zweifelsfrei eine | |
Niederlage.“ Bartsch bezeichnete die Verluste als „pandemiebedingt“. Zudem | |
habe es eine „wahnsinnige Polarisierung“ zwischen CDU und AfD gegeben. | |
Auch die Schwäche der SPD in den ostdeutschen Ländern bestätigt sich. In | |
Sachsen hatten die Sozialdemokraten 2019 mit 7,7 Prozent ihr schlechtestes | |
Landtagswahlergebnis überhaupt eingefahren, in Thüringen kamen sie im | |
selben Jahr nur noch auf 8,2 Prozent. | |
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat das schwache Abschneiden der | |
Sozialdemokraten in Sachsen-Anhalt bedauert. „Das ist kein schönes | |
Ergebnis“, sagte Klingbeil am Sonntagabend in Berlin. Er verwies darauf, | |
dass CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff in den Wochen vor der Wahl | |
deutlich zugelegt und eine Polarisierung zur AfD hinbekommen habe. Viele | |
Menschen hätten sich daher offenbar entschlossen, Haseloff zu wählen, um zu | |
verhindern, dass die AfD stärkste Kraft wird. | |
## Paul Ziemiak ist happy | |
Insgesamt waren 1,8 Millionen Menschen aufgerufen, über einen neuen Landtag | |
abzustimmen. 2016 lag die Wahlbeteiligung bei 61,1 Prozent. Diesmal hatten | |
coronabedingt viele schon vorher per Brief gewählt. Laut ARD waren es 30 | |
Prozent. | |
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat den Erfolg der Union bei der | |
Landtagswahl in Sachsen-Anhalt als „sensationell gutes Ergebnis“ | |
bezeichnet. Es sei ein guter Tag für die CDU, sagte Ziemiak am Sonntagabend | |
im ZDF. Es sei ein persönlicher Sieg für Sachsen-Anhalts Ministerpräsident | |
Reiner Haseloff, aber auch des ganzen Teams der Union. | |
Sachsen-Anhalts AfD-Vorsitzender Martin Reichardt hat sich zufrieden | |
gezeigt mit dem Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl. „Ich denke, | |
das wir mit dem Wahlergebnis sehr zufrieden sein können“, sagte Reichardt | |
am Sonntag im MDR. Die AfD habe eine sehr gute Ausgangsposition für die | |
nächsten fünf Jahre erreicht. | |
## Lindner sieht FDP auf gutem Weg | |
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sieht seine Partei nach dem | |
Wahlerfolg in Sachsen-Anhalt auch bundespolitisch im Aufwind. Das Ergebnis | |
sei „ein wichtiges Signal über die Landesgrenzen von Sachsen-Anhalt hinaus“ | |
sagte Lindner am Sonntagabend mit Blick auf die bevorstehende | |
Bundestagswahl. | |
Die FDP habe vor allem mit zwei Themen punkten können, sagte Lindner. Sie | |
setze sich für „mehr Rücksicht auf die Freiheits- und Bürgerrechte in der | |
Pandemie und darüber hinaus ein“, sagte er. Zudem gehe es ihr um eine | |
„kluge Wirtschaftspolitik, um das Land wieder hochzufahren“. | |
Lindner fügte hinzu: „Das sind wichtige Botschaften über Sachsen-Anhalt | |
hinaus.“ Er freue sich insbesondere, dass die FDP im Heimatland von | |
Hans-Dietrich Genscher nach zehn Jahren in der außerparlamentarischen | |
Opposition in den Landtag zurückkehrt. | |
6 Jun 2021 | |
## AUTOREN | |
Frederik Eikmanns | |
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