| # taz.de -- Afrikanische Union spaltet Afrika: Fußtritte und Morddrohungen | |
| > Während einer laufenden Sitzung im Panafrikanischen Parlament kommt es zu | |
| > Prügelszenen. Grund sind die Differenzen zwischen Afrikas | |
| > Regionalblöcken. | |
| Bild: Emmerson Mnangagwa (li) and Vize-Präsidet Constantino Chiwenga (re) im D… | |
| Johannesburg taz | Ein Delegierter drohte einem anderen mit dem Tod. Ein | |
| Parlamentarier trat eine Kollegin mit Füßen. Eine Parlamentarierin griff | |
| einen Kollegen mit Desinfektionsmittel an. Die brutalen Szenen im | |
| Panafrikanischen Parlament, das parlamentarische Organ der | |
| [1][Afrikanischen Union (AU)], werden in Afrikas Geschichtsbücher eingehen, | |
| zur Schande des Kontinents. | |
| Dass die Sitzung des AU-Parlaments im südafrikanischen Midrand im Fernsehen | |
| übertragen wurde, hinderte rivalisierende Gruppen nicht daran, die Kammer | |
| am Montag in eine Kriegszone zu verwandeln. Sie sorgten für eine Aussetzung | |
| der Wahl eines neuen Parlamentspräsidenten, aber ihre Wirkung geht tiefer: | |
| Spannungen und Spaltungen zwischen den regionalen Machtblöcken Afrikas | |
| wurden offengelegt. | |
| Am schockierendsten war, wie der Senegalese Djibril die Südafrikanerin | |
| Pemmy Majodina mit Fußtritten malträtierte – im Parlament eines Kontinents, | |
| wo Gendergewalt ein besonders großes Problem ist. Die Simbabwerin Barbara | |
| Rwodzi benutzte ihr Handdesinfektionsmittel als Spraywaffe gegen einen | |
| nicht zu erkennenden weglaufenden Kollegen. Rufe nach einem Eingreifen der | |
| Polizei erwiesen sich als vergeblich, da keine aufzufinden war. | |
| Das Panafrikanische Parlament hatte sich zuvor massiv darüber zerstritten, | |
| ob seine Führung direkt gewählt oder zwischen Afrikas Regionen rotieren | |
| soll. Das südliche Afrika tritt für das Rotationsprinzip ein, das auf Ebene | |
| der AU insgesamt gilt sowie bei der Regionalorganisation SADC | |
| ([2][Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika]). | |
| ## Empörung in Südafrika | |
| Aber Westafrika ist dagegen, ebenso das östliche Afrika. Das sorgt für | |
| Empörung in Südafrika, wo das Parlament tagt: Der südafrikanische | |
| Oppositionsführer Julius Malema soll damit gedroht haben, einen anderen | |
| Parlamentarier zu töten. Der Streit wurde der AU-Rechtsabteilung vorgelegt. | |
| Die entschied zugunsten des Rotationsprinzips, da das Parlament den | |
| AU-Regeln zu folgen habe. | |
| AU-Kommissionspräsident Moussa Faki Mahamat äußerte sich schockiert. „Die | |
| schockierenden Gewaltszenen im Panafrikanischen Parlament beschmutzen das | |
| Bild dieser ehrwürdigen Institution“, sagte der Politiker aus Tschad. „Ich | |
| rufe alle Parlamentarier dazu auf, zur Besinnung zu kommen und sich an die | |
| Verfahrensregeln der Institution zu halten.“ | |
| Aber der Streit ist nicht ausgestanden. Am Dienstag verurteilte die | |
| südafrikanische Delegation im Parlament die „frechen“ Versuche Ost- und | |
| Westafrikas, den AU-Beschluss zum Rotationsprinzip zu missachten und „die | |
| Einheit des Kontinents zu untergraben“. Das geografische Rotationsprinzip | |
| sei in der AU „gut eingeführt“, hieß es. Ost- und Westafrika „nutzen ih… | |
| Mehrheit im Parlament, damit nur ihre eigenen Kandidaten die | |
| Parlamentspräsidentschaft bekleiden, und um sich dagegen zu schützen, ihre | |
| Verwendung des Parlamentsetats offenzulegen“. | |
| Das Panafrikanische Parlament wurde im Jahr 2004 als legislatives Organ der | |
| AU gegründet. Es hat beratende Funktion und ist nicht direkt gewählt. Es | |
| hält derzeit die vierte Sitzungsperiode seiner fünften Legislaturperiode | |
| ab, unter dem AU-Jahresmotto für 2021 „Jahr der Kunst, der Kultur und des | |
| Erbes“. | |
| Die Sitzungsperiode läuft noch bis zum 4. Juni. Am Dienstagnachmittag | |
| sollten die Sitzungen weitergehen – unklar blieb zunächst, ob es doch noch | |
| einen Versuch geben würde, den Parlamentspräsidenten per Wahl zu bestimmen. | |
| Derzeit bekleidet den Posten Chief Fortune Charumbira aus Simbabwe. Er | |
| übernahm das Amt im März von Bouras Djamel aus Algerien, der es mit der | |
| Parlamentsauflösung in seinem Heimatland abgeben musste. | |
| 1 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Savious Kwinika | |
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