# taz.de -- Stickoxid-Werte in Städten: Gericht bemängelt zu schlechte Luft | |
> Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Die Städte Hamburg und | |
> Ludwigsburg müssen für bessere Luft sorgen. Geklagt hatten mehrere | |
> Umweltverbände. | |
Bild: Luftqualität könnte besser sein: Innenstadtverkehr in Hamburg | |
Berlin/Leipzig dpa/afp | Die Städte [1][Hamburg] und [2][Ludwigsburg in] | |
Baden-Württemberg müssen für bessere Luft sorgen. Die sogenannten | |
Luftreinhaltepläne müssten noch einmal fortgeschrieben werden, entschied | |
das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Freitag. Dabei muss Hamburg | |
möglicherweise auch Diesel-Fahrverbote verhängen, wenn die | |
Stickoxid-Grenzwerte sonst nicht eingehalten werden können. | |
Geklagt hatten die Umweltverbände Deutsche Umwelthilfe (DUH) im Fall von | |
Ludwigsburg und der Stadt Kiel und der Bund für Umwelt und Naturschutz | |
Deutschland (BUND) zu Hamburg. Stickoxide entstehen vor allem im | |
Straßenverkehr und können der Gesundheit schaden. Darum gelten Grenzwerte | |
für Tage und im Jahresmittel. | |
An bestimmten Messstationen in den Städten wurden die Grenzwerte jedoch | |
überschritten. Von den Vorinstanzen waren die jeweiligen Bundesländer | |
deswegen dazu verurteilt worden, die Luftqualität zu verbessern und teils | |
Beschränkungen für Diesel-Fahrzeuge zu verhängen. Gegen die Urteile zogen | |
die Städte und Länder vor das Bundesverwaltungsgericht. | |
Dieses entschied nun für jede der drei betroffenen Städte anders. Im Fall | |
von Hamburg bestätigte es die vorherige Entscheidung des | |
Oberverwaltungsgerichts weitgehend. Demnach muss Hamburg | |
Diesel-Beschränkungen in den Blick nehmen. Ob sie erforderlich würden, | |
hinge von den aktuellen Prognosen ab, so das Gericht. Die bisherigen | |
Prognosen zu Stickoxiden seien fehlerhaft, weil der Pendlerverkehr nicht | |
ausreichend eingerechnet sei. | |
Zudem bestätigte das Bundesverwaltungsgericht, dass die Messwerte in | |
anderthalb Metern Höhe entscheidend seien – nicht in vier Metern Höhe, wie | |
die Stadt argumentierte. Eine vom Oberverwaltungsgericht geforderte zweite | |
Planungsstufe für den Fall, dass sich die Werte schlechter entwickelten als | |
gedacht, hielten die Leipziger Richterinnen und Richter dagegen rechtlich | |
nicht für geboten. | |
## Auch Fahrverbote möglich | |
Auch im Fall Ludwigsburg entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die | |
Luftqualität verbessert werden müsse. Die Vorinstanz, der | |
baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, habe die | |
Prognose der Stadt zu Recht beanstandet. Diesel-Fahrverbote hält das | |
Bundesverwaltungsgericht hier aber für unverhältnismäßig, wenn der | |
Grenzwert bereits im Folgejahr eingehalten werde. | |
Im Fall von Kiel muss das Oberverwaltungsgericht in Schleswig erneut | |
urteilen. Es müsse dabei ein vorgelegtes Gutachten zu Luftfiltern | |
berücksichtigen, entschied das Bundesverwaltungsgericht. | |
In einer ersten Reaktion teilte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der | |
DUH, mit: „Das ist ein guter Tag für die saubere Luft und die Menschen in | |
Ludwigsburg, Kiel und Hamburg.“ Anstatt saubere Luft „durch ehrliche | |
Maßnahmen sicherzustellen“, versuchten ausgerechnet grüne Landesminister in | |
Ludwigsburg und Kiel, Stickstoffdioxid nur direkt neben Messsensoren durch | |
„absurde Luftstaubsauger“ zu reinigen. „Und erneut benötigten wir | |
Gerichtsentscheidungen, um die Einhaltung von Umweltvorschriften | |
durchzusetzen“, sagte Resch. | |
Währenddessen [3][teilte das Umweltbundesamt (UBA) am Freitag mit], dass im | |
vergangenen Jahr sechs Städte in Deutschland den zulässigen Grenzwert für | |
Stickstoffdioxid in der Luft überschritten haben. Demnach gab es in den | |
Städten München (54 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft im | |
Jahresmittel), Ludwigsburg (47), Limburg (44), Stuttgart (43), Darmstadt | |
(42) und Hamburg (41) Überschreitungen des erlaubten | |
Luftqualitätsgrenzwerts von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid (NO2) pro | |
Kubikmeter Luft. | |
Dem Umweltbundesamt zufolge handelt es sich um eine deutliche Verbesserung | |
der Luftqualität im Vergleich zu den Vorjahren. 2019 waren noch 25 Städte | |
von Grenzwertüberschreitungen betroffen, 2018 waren es 57. „Die Luft in den | |
Städten wird sauberer, die Entwicklung geht in die richtige Richtung und | |
das ist erfreulich“, erklärte UBA-Präsident Dirk Messner am Freitag. | |
Allerdings wies er zugleich darauf hin, dass der im Jahr 1999 beschlossene | |
Grenzwert zum Schutz der Gesundheit bereits seit 2010 hätte eingehalten | |
werden müssen. | |
28 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bverwg.de/de/pm/2021/35 | |
[2] https://www.bverwg.de/de/pm/2021/34 | |
[3] https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/finale-daten-zur-s… | |
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Anja Karliczek | |
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