# taz.de -- Ergänzte Wetterdaten in Großbritannien: Die Niederschlags-Retter*… | |
> 2020 galt als trockenster Mai in England seit Beginn der Aufzeichnungen. | |
> Nun büßt er dank eines Crowd Science Projekts den Spitzenplatz ein. | |
Bild: Ausgetrockneter Fluss Skirfare bei Litton, North Yokshire | |
Nur 9,6 Millimeter hat es im Mai 2020 in England geregnet. Das ist wenig, | |
denn im Durchschnitt fällt in dem Monat sechs Mal so viel Regen, etwa 56 | |
Millimeter. In besonders feuchten Jahren sogar über 120 Millimeter. Die | |
Trockenheit hatte im vergangenen Frühjahr drastische Folgen: geringe | |
Wasserstände in Reservoirs, trockene Böden und [1][einen Aufruf zum | |
Wassersparen]. Einer [2][Analyse des Portals Carbonbrief] zufolge war das | |
Wetter dem Winter und Frühling beispiellos – aber passend zu den | |
Klimavorhersagen des britischen Met Office. | |
Nun stellt sich heraus, dass zumindest die Trockenheit im Mai nicht ganz so | |
beispiellos ist, denn im Jahr 1844 gab es noch weniger Niederschlag. Die | |
Wetterdaten des britischen meteorologischen Dienstes Met Office reichen bis | |
zum Jahr 1860 zurück. Tatsächlich existieren aber handgeschriebene | |
Aufzeichnungen aus den Jahrzehnten davor – für manche Regionen sogar bis | |
ins Jahr 1677 zurück. Das Met Office hatte 65.000 [3][sogenannte „Decade | |
Sheets“ eingescannt], auf denen Niederschlagsmessungen an jeder | |
Beobachtungsstation für jeweils zehn Jahre aufgezeichnet worden waren, doch | |
nutzbar waren sie so noch nicht. | |
Im vergangenen Jahr, kurz vor Beginn der Coronapandemie, begann ein | |
Crowd-Science-Projekt, um diese Daten zu digitalisieren: Das [4][„Rainfall | |
Rescue“ Projekt], geleitet von dem Klimawissenschaftler Ed Hawkins, der | |
auch als Erfinder der „Warming Stripes“-Darstellung für die Erderhitzung | |
bekannt ist. | |
Mit dem Beginn des Lockdowns in Großbritannien fanden sich Tausende | |
Menschen, die freiwillig diese Daten abtippten. Im vergangenen Jahr haben | |
sie so mehr als 5 Millionen Messungen „befreit“, von denen jetzt mehr als 3 | |
Millionen kontrolliert vorliegen und [5][veröffentlicht worden sind]. | |
Aus den Daten geht hervor: Es gab einen noch trockeneren Mai. Im Mai 1844 | |
gab es in England nur 8,3 Millimeter Regen. Mit den neuen Daten werden die | |
digitalen Aufzeichnungen des Met Office [6][verbessert und ergänzt]. Zum | |
einen gibt es nun viel mehr Messungen für die Jahre zwischen 1860 ind 1960, | |
zum anderen können die Aufzeichnungen bis ins Jahr 1836 zurück erweitert | |
werden. Für einzelne Standorte sogar bis ins 17. Jahrhundert. | |
Was bedeutet es, dass es in 1844 einen noch trockeneren Mai gab als 2020? | |
Alles nicht so schlimm mit der Trockenheit der vergangenen Jahre? Relevant | |
für Aussagen zu Klimaänderungen werden einzelne Wetterereignisse erst, wenn | |
sie über einen längeren Zeitraum von der Norm abweichen. Die aktuellen | |
Klimamodelle sagen für Großbritannien häufigere Trockenheit im Frühjahr | |
voraus, so dass es schon bald einen neuen Negativrekord geben dürfte. | |
Die besseren Daten aus der Vergangenheit erlauben unterdessen, bessere | |
Voraussagen zu treffen und effektiver für die Auswirkungen des Klimawandels | |
zu planen. „Die trockeneren Winter in den 1840er und 1850er Jahren werden | |
für die Planungen der Wasserwerke für worst-case Dürreszenarien von | |
Interesse sein“, [7][schreibt Hawkins auf Twitter]. | |
30 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.water.org.uk/news-item/gardeners-urged-to-ditch-the-evening-spr… | |
[2] https://www.carbonbrief.org/met-office-why-2020-saw-a-record-breaking-dry-a… | |
[3] https://digital.nmla.metoffice.gov.uk/SO_d383374a-91c3-4a7b-ba96-41b81cfb9d… | |
[4] https://www.zooniverse.org/projects/edh/rainfall-rescue | |
[5] https://zenodo.org/record/4754575#.YLCmFiVCRhE | |
[6] https://twitter.com/ed_hawkins/status/1392785872592986112 | |
[7] https://twitter.com/ed_hawkins/status/1392785875436818435 | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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