# taz.de -- Pinochets deutscher Folterknecht: Walther Klug muss in Chile in Haft | |
> Der deutsch-chilenische Ex-Offizier ist in Chile ein verurteilter Mörder. | |
> Seiner Strafe wollte er in Deutschland entkommen, doch wurde davor | |
> gefasst. | |
Bild: Menschenschlächter: Unter Diktator Pinochet wurden Zehntausende Menschen… | |
Zehn Jahre Haft stehen dem deutsch-chilenischen Ex-Offizier Walther Klug | |
Rivera bevor. Unter der [1][Diktatur von General Pinochet] 1973–1990 hatte | |
er im Süden Chiles ein Folterlager eingerichtet, in dem Hunderte Gefangene | |
misshandelt und viele von ihnen ermordet wurden. Überlebende beschreiben | |
den damals 23-jährigen Oberleutnant als besonders brutal und sadistisch. Am | |
12. Juni wurde er in Buenos Aires verhaftet, Argentinien will ihn nach | |
Chile ausweisen. | |
Trotz der ihm zur Last gelegten Verbrechen konnte Klug seine Karriere auch | |
nach dem Ende der Diktatur fortsetzen und stieg bis zum Oberst auf. Erst im | |
Oktober 2014, kurz nach seiner Pensionierung, verurteilte Chiles oberster | |
Gerichtshof ihn nach einem jahrelangen Verfahren rechtskräftig zu einer | |
Haftstrafe von zehn Jahren. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass Klug | |
am Mord von sieben und dem Verschwindenlassen von vierzehn weiteren | |
Arbeitern 1973 beteiligt war, die in zwei Wasserkraftwerken in der Nähe der | |
Stadt Los Ángeles tätig waren. | |
Doch Klug floh nach Deutschland, wo er bis 2019 unbehelligt in der | |
beschaulichen Kleinstadt Vallendar [2][in Rheinland-Pfalz lebte]. Er | |
pflegte Kontakt zur katholischen Schönstattbewegung und hielt 2015 einen | |
Vortrag über Chile im dort ansässigen Mädchengymnasium. | |
Wegen seiner deutschen Vorfahren besitzt Klug neben der chilenischen auch | |
die deutsche Staatsangehörigkeit. Daher wurde er von Deutschland nicht nach | |
Chile ausgeliefert. Eigenständige strafrechtliche Ermittlungen leitete die | |
deutsche Justiz nicht ein. | |
## Unter Auflagen frei | |
Bei einer Reise nach Italien wurde Klug 2019 aufgrund eines | |
Interpol-Gesuchs jedoch verhaftet und 2020 an Chile ausgeliefert. Er saß | |
dort ein Jahr in Untersuchungshaft, wurde aber unter Auflagen entlassen. | |
„Grob fahrlässig“ nennt das auch Menschenrechtsanwalt Francisco Bustos, | |
denn spätestens seit 2014 sei klar, dass Fluchtgefahr bestanden hätte. | |
Aus Dokumenten, die der taz vorliegen, geht hervor, dass Italiens oberster | |
Gerichtshof Klugs Auslieferung im Fall der ermordeten Arbeiter Ende Mai | |
2021 beschlossen und dies den chilenischen Behörden mitgeteilt hat. Die | |
chilenische Justiz verhinderte Klugs Flucht nicht, doch dessen Verteidiger | |
informierten ihren Mandanten vermutlich schneller. Jedenfalls verließ der | |
agile 70-Jährige, der als pensionierter Offizier weiterhin eine staatliche | |
Pension von monatlich rund 1.500 Euro plus Zulagen erhält, Chile binnen | |
weniger Tage Richtung Argentinien. | |
Chilenische Menschenrechtsorganisationen, Anwält*innen und | |
Medienvertreter*innen informierten die Öffentlichkeit via soziale | |
Medien über Klugs Flucht. „Da musste sich auch die chilenische Justiz | |
bewegen“, erklärt die Rechtsanwältin der Nebenklage, Patricia Parra. | |
Am 9. Juni erwirkte die zuständige Richterin Paola Plaza schließlich einen | |
internationalen Haftbefehl. Derweil versuchte Klug, in einem Wettlauf mit | |
der Zeit nach Deutschland zu gelangen, dem sicheren Hafen. Doch die | |
argentinische Polizei nahm ihn am 12. Juni fest. Wie Klug seine Strafe | |
absitzen wird, ist noch unklar. Dass er nochmals davonkommt, scheint | |
allerdings ausgeschlossen. | |
16 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Zum-30-Jahrestag-des-Abtritts-Pinochets/!5670432 | |
[2] /Verbrechen-unter-Pinochet-in-Chile/!5674013 | |
## AUTOREN | |
Ute Löhning | |
## TAGS | |
Chile | |
Augusto Pinochet | |
Folter | |
Colonia Dignidad | |
Colonia Dignidad | |
Santiago de Chile | |
Chile | |
Chile | |
Chile | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Staatsminister über Colonia Dignidad: „Keine rechtliche Verantwortung“ | |
In der Colonia Dignidad folterten Deutsche für das chilenische Regime. | |
Heute hilft Deutschland einer Firma, die dort wirtschaftet. Warum, Niels | |
Annen? | |
Verbrechen der Colonia Dignidad in Chile: Gedenken und Dokumentieren | |
Deutsche und chilenische Expert*innen stellen ihr Gedenkstättenkonzept | |
zur Colonia Dignidad vor. Sie fordern weitere Aufklärung. | |
Chile nach den Protesten: Adiós Neoliberalismo | |
Am 4. Juli tagt in Chile erstmals die Versammlung, die eine neue Verfassung | |
ausarbeiten wird. Sie will dem Erbe der Pinochet-Diktatur ein Ende setzen. | |
Wahl zum Verfassungskonvent: Niederlage für Rechte in Chile | |
Bei der Wahl zum Verfassungskonvent haben viele unabhängige Kandidaten | |
Plätze gewonnen. Die regierende Rechtskoalition hat wenig Einfluss. | |
Verbrechen unter Pinochet in Chile: Der Folter-Offizier von nebenan | |
Vier Jahre lebt Walther Klug Rivera in einem kleinen Ort am Rhein. Dann | |
kommt heraus: Er folterte und tötete einst in Chile für das | |
Pinochet-Regime. | |
Zum 30. Jahrestag des Abtritts Pinochets: Mein Vater, der Mörder | |
Pepe Rovano ist Filmemacher und schwul. Seinen Vater hatte der Chilene | |
lange nicht kennengelernt – einen Polizisten, der gefoltert und getötet | |
hat. |