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# taz.de -- Neues Museum am Anhalter Bahnhof: Temporäres Exil im Container
> Eine Freiluftausstellung des künftigen Exilmuseums begibt sich auf die
> Spur von NS-Vertriebenen und Geflüchteten – im passenden Containerlook.
Bild: Hier soll das Exilmuseum entstehen: Temporäre Ausstellung hinter dem Anh…
Berlin taz | Das fängt gut an: Mit ZU/FLUCHT gelingt dem künftigen
Exilmuseum am Anhalter BAhnhof eine Freiuftausstellung, die den Bogen
spannt von den Exilanten der 1930er Jahre ins Heute. Die 500.000 von den
Nazis vertriebenen Deutschen, Österreicher und Tschechen, deren „traurige
und ermutigende Biografien, ihre Unglücks- und Heldinnengeschichten“ man im
künftigen Museum erzählen wolle, wie Gründungsdirektor Christoph Stölzl am
Donnerstag bei der Pressevorbesichtigung sagte, seien schließlich „die 1.
Generation der Globalisierung“. Nur sei Deutschland heute ein Land, „wohin
man flüchtet, nicht aus dem man flüchtet“.
[1][Das Exilmuseum] basiert auf einer Idee der Schriftstellerin Hertha
Müller, die heute Schirmherrin ist. Der Gründer des Auktionshauses Villa
Grisebach, Bernd Schultz, nahm sich der Sache an und gab 6 Millionen Euro
als Grundstock in eine private Stiftung ein. 40 Millionen Euro wird das
Museum kosten, 27 Millionen allein der Bau. Derzeit sei Schultz auf
„Sammeltour“ in Deutschland, sagte Stölzl – man sei optimistisch die Sum…
zusammenzubringen.
Das Thema Exil heute ist in zweifacher Weise hinter der Portalruine des
alten Bahnhofs präsent, von dem aus ab 1933 berühmte Schriftsteller wie
Klaus Mann ins Exil gingen. An ihre und weniger bekannte Schicksale wird
auf der staubigen Brache, die bislang ein Parkplatz war, in üblicher
Ausstellungsmanier auf Stellwänden erinnert – doch diese Wände, die offene
Bühne in der Mitte, der Kiosk und der Aussichtsturm mit der roten Treppe
erzählen eine andere Gechichte – die der Flüchtlinge von heute.
Hergestellt wurden die Stellwände und Bauten nämlich aus Containern von
Berliner Flüchtlingsunterkünften. Über zwei Semester lang haben sich
Architekturstudierende der Technischen Universität im Rahmen des „Natural
Building Lab“ am Institut für Architektur der TU mit diesem
Ausgangsmaterial befasst und „darüber nachgedacht, wie man die Container
künftig nutzen kann“, erklärte Sina Jansen, Projektkoordinatorin von
Exilmuseum und TU. Rund 5.000 solcher Container stünden derzeit in Berlin
ungenutzt herum.
Die Ausstellungsinstallation aus 6 Containern wurde von den Studierenden
entworfen, geplant und eigenhändig gebaut. „Es war spannend, den gesamten
Prozess zu planen, unsere Arbeit zu organisieren und am Ende auch zu lernen
wie praktisches Bauen geht“, so die Master-Studentin Laura Schwarzenberger.
## Flüchtlingsleben in Containern
Angestoßen wurde die Kooperation vom Architekten und Stadtplaner Philipp
Misselwitz, der an der TU die „Habitat Unit“ leitet – ein
Forscher-Netzwerk, das sich mit urbanen Entwicklungen im Kontext globaler
Migrations- und Klimakrisen befasst. Misselwitzs Forschungen zum Leben in
Wohncontainern – und wie sie Geflüchtete umgestalten – werden in einem der
sechs Container am Beispiel von Containerlagern in Berlin und Jordanien
gezeigt. „Wir wollen eine Debatte starten, wie man mit Geflüchteten
umgeht“, sagte Misselwitz. Denn auch wenn Berlin viele der Container
derzeit nicht brauche, werde es ja absehbar „weitere Fluchtwellen hierher
geben“.
Im Container „Exil heute“ soll auch ein „Alphabet des Ankommens“ zu seh…
sein. Erstellt wurde es von Geflüchteten im Rahmen eines Workshops und
buchstabiert, was den Prozess des Ankommens in einem neuen Land bestimmt.
Darüber hinaus hätten die Teilnehmer*innen „Wünsche an das künftige
Exilmuseum formuliert“, erklärte Kuratorin Cornelia Vossen.
Befragungen zum Museum haben auch die Studierenden durchgeführt. Von
Nachbarn um den früheren Bahnhof „wollten wir wissen, was sie brauchen“, so
Reingard Hesse, Master-Studierende der Architektur. Daraus entstand unter
anderem ein Urban-Gardening-Projekt, das von umliegenden Kitas und Schulen
betreut werden wird.
Gespannt sind die Museumsmacher auch auf den Nachbarn schräg gegenüber: das
[2][Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung im
Deutschlandhaus]. Das Zentrum, das auf Initiative der langjährigen
Vorsitzenden des Vertriebenenverbands, Erika Steinbach, entstand, eröffnet
am 21. Juni. Trotz Weiterentwicklung des Konzepts wird die Geschichte der
deutschen Vertriebenen nach 1945 offenbar weiter zentral sein.
Das sei ein „interessanter Spagat, der sich ergibt“, so Stölzl. Schließli…
seien beide Seiten „Folgen der deutschen Höllenfahrt, die als Nemesis auf
Deutschland zurückgefallen ist“.
11 Jun 2021
## LINKS
[1] /Geplantes-Exilmuseum-in-Berlin/!5720557
[2] /Historiker-Ruchniewicz-ueber-Vertriebene/!5256667
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Exil
Schwerpunkt Flucht
Lesestück Recherche und Reportage
Auktion
Käthe Kollwitz
Vertriebene
Vertriebene
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