# taz.de -- Lobbyist der Woche: Der Vertriebenere | |
> Winfrid Halder ist neuer Direktor der Stiftung Flucht, Vertreibung, | |
> Versöhnung. Seine Wahl bedeutet einen Rückschritt. | |
Bild: Ab 2019 ein neuer Hort der Heimatliebe oder doch Dokumentationszentrum de… | |
Winfried Halder sollte sich freuen: Bislang ein in NRW berühmter Historiker | |
als Kopf der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus in Düsseldorf, ist er am | |
vergangenen Montag zum neuen Direktor der Stiftung Flucht, Vertreibung, | |
Versöhnung gewählt worden. | |
Er gewann, weil er im Wahlgremium alle Stimmen des Bundes der Vertriebenen | |
sicher hatte, außerdem die Voten der Union und die der Bundesregierung: | |
Halder steht für ein Programm, das an Vaterlandsvertriebenenheit kaum zu | |
übertreffen ist. | |
Davon abgesehen, dass nicht einmal erwogen wurde, eineN polnischeN oder | |
tschechischeN HistorikerIn mit dem prominentesten Posten der Aufarbeitung | |
nicht nur der deutschen Flüchtlingsdinge zu betrauen, blieb auch Michael | |
Schwartz auf der Strecke, ausgewiesener Fachmann für Vertriebenenhistorie. | |
Das im Deutschlandhaus in Berlin angesiedelte Ausstellungs- und | |
Dokumentationszentrum seiner Stiftung soll 2019 eröffnet werden. Starke | |
Kommunikation mit KollegInnen aus Osteuropa wird Winfried Halder nicht | |
entwickeln müssen – die haben alle den wissenschaftlichen Beirat aus | |
Protest verlassen. | |
Insofern sind der Bund der Vertriebenen und CDU/CSU das, was sie immer | |
waren: ein Hort deutschzentrierter Reaktion, der die jüngste Rede von | |
Joachim Gauck zu Flüchtlingen früher (Deutsche aus von der Roten Armee | |
eroberten Gebieten) und heute (aus Syrien, Afrika und so weiter) wie ein | |
linksradikaler Irrtum vorkommen muss. | |
Ob die fachlich desorientierte Wahl Halders darin ihre Begründung findet, | |
dass er als Vater von fünf Kindern dem Wunschbild des | |
Vertriebenenkulturfunktionärs entspricht? | |
Dass sich die Stiftung ins sämig Deutschtümelnde zurückvotete, ist | |
jedenfalls in Kauf genommen worden. Insofern liegt hier ein Fall | |
politpsychopathologischen Lobbyismus vor. Welch Rückschritt! | |
6 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
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