# taz.de -- Stichwahl um die Präsidentschaft in Peru: Ein knappes Rennen | |
> Die Stichwahl um das Präsidentenamt spaltet Perus Regionen. In den Anden | |
> und im Amazonas wählen die Menschen links, in den Städten rechts. | |
Bild: Keiko Fujimori und Pedro Castillo vor einem Kandidatenduell am 1. Mai in … | |
Lima taz | Jedes Schulkind in Peru lernt, dass sein Land dreigeteilt ist: | |
Küste, Gebirge und Amazonasgebiet. Die Stichwahl vom 6. Juni hat sichtbar | |
gemacht, dass diese geografische Einteilung auch eine politische Teilung | |
ist. Denn selten vorher war in Peru eine Wahl so polarisiert. Und selten | |
standen sich zwei so gegensätzliche Kandidaten gegenüber: [1][Pedro | |
Castillo], der linke Dorfschullehrer und Gewerkschafter, und Keiko | |
Fujimori, die Tochter eines ehemaligen Präsidenten, der wegen | |
Menschenrechtsvergehen eine langjährige Haftstrafe verbüßt. | |
„Der eine Kandidat ist ein Kommunist, und die andere korrupt“, benannte der | |
27-jährige Arbeiter Brian Casaflores in Lima das Dilemma. Er hatte sich | |
entschieden, für keinen zu stimmen. Damit war er in der Minderheit. | |
In allen Gebirgsdepartements und in fast allen der dünn besiedelten | |
Amazonasgebiete hat Castillo jetzt haushoch gewonnen. Es sind die Gebiete | |
mit einer mehrheitlich indigenen und mestizischen Bevölkerung. Es sind auch | |
die Gebiete, in denen der Reichtum Perus – früher wie heute – abgeschöpft | |
wird in Form von Gold, Kupfer, Zink und Erdgas. In diesen Gebieten steht | |
Castillo für einen Systemwechsel, für einen heiß ersehnten Neuanfang und | |
für den Wunsch nach Aufwertung der ländlichen und indigenen Identität. | |
Ob der Lehrergewerkschafter, der noch nie ein Wahlamt gewonnen hat und auf | |
dem Ticket einer marxistischen Regionalpartei fährt, der geeignete Mann für | |
diesen Wechsel ist – daran darf man aber zumindest Zweifel haben. | |
## Marxistischer Lehrer versus neoliberaler Diktatorentochter | |
Der andere Teil Perus, namentlich die Küste mit ihrer Hauptstadt Lima, wo | |
ein Drittel der peruanischen Bevölkerung lebt, dagegen hat mehrheitlich für | |
[2][Keiko Fujimori] gestimmt. | |
Dabei war die Tochter des ehemaligen Präsidenten Alberto Fujimori politisch | |
auf dem absteigenden Ast und sieht sich einem Gerichtsverfahren wegen | |
Geldwäsche gegenüber. Doch die Aussicht, dass mit Castillo ein Marxist | |
Präsident werden könnte, mobilisierte sogar bis dahin als glühende | |
Fujimori-Gegner bekannte Leute wie den peruanischen | |
Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa dazu, Wahlwerbung für Keiko | |
Fujimori zu machen. | |
Die städtische Mittel- und Oberschicht, das Establishment der Hauptstadt, | |
sieht in Keiko Fujimori die Garantin dafür, dass Peru das in ihren Augen | |
erfolgreiche neoliberale Wirtschaftssystem weiterführt und nicht den Weg | |
Venezuelas beschreitet. | |
Wer immer das Präsidentenamt am 28. Juli antreten wird: Er oder sie wird | |
ein zutiefst gespaltenes Land regieren müssen. Nach ersten Hochrechnungen | |
führte Castillo hauchdünn mit 0,4 Prozent Vorsprung vor Fujimori. Die | |
laufende Auszählung zeigte dagegen beständig Fujimori als Siegerin an. | |
Ihr Vorsprung von rund 53 gegen rund 47 Prozent nach Auszählung von knapp | |
der Hälfte der Stimmen aber schrumpfte am Montagmorgen Ortszeit immer | |
weiter: Als etwas über 92,5 Prozent der Stimmen ausgezählt waren, lag ihr | |
Stimmanteil noch bei 50,13 Prozent gegenüber 49,87 Prozent für Castillo, | |
ein Unterschied von knapp über 40.000 Stimmen. | |
7 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Hildegard Willer | |
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