| # taz.de -- Meyer Werft plant Kündigungen: Auf falschem Kurs | |
| > Die Papenburger Meyer Werft will Kapazitäten einsparen, auch durch | |
| > Kündigungen. Sie manövriert dabei Betriebsrat und Gewerkschaft aus. | |
| Bild: Festgefahrene Situation: Schon im Januar protestierte die Belegschaft geg… | |
| Osnabrück taz | Thomas Gelder spricht schnell, an diesem Montagmorgen. Es | |
| ist 12 Uhr, der Parkplatz der [1][Papenburger Meyer Werft] kommt in Sicht, | |
| und die Betriebsversammlung, die in einer halben Stunde beginnt, ist | |
| hochbrisant. „Knapp 1.000 Beschäftigte könnten kommen“, sagt der | |
| Geschäftsführer der [2][IG Metall Leer-Papenburg]. „Aber die | |
| Geschäftsleitung ist manipulativ. Die Vorgesetzten üben womöglich Druck | |
| aus, um die Teilnahme zu verhindern.“ | |
| Es geht um eine höchst umstrittene Online-Umfrage bei der Stammbelegschaft. | |
| Am Sonnabend hatte die Geschäftsleitung abstimmen lassen, ob zur | |
| [3][Standortsicherung] in Papenburg mehr als 1.000 Arbeitsplätze durch | |
| betriebsbedingte Kündigungen wegfallen sollen oder nur 660. Das Ergebnis: | |
| 1.446 Mitarbeiter entschieden sich für 660, das „Zukunftspaket“ der | |
| Werftleitung, ihren „Weg A“ – erkauft mit der Zusage der restlichen | |
| Belegschaft, 200 unbezahlte Arbeitsstunden pro Jahr zu leisten. | |
| „Ich freue mich wirklich, dass Sie sich mehrheitlich für den | |
| gemeinschaftlichen Weg ausgesprochen haben, der uns erlaubt, mehr | |
| Arbeitsplätze zu sichern“, lobt Geschäftsführer Jan Meyer die 1.446 | |
| Befürworter von Weg A. Es sei „jetzt klar, dass die Lösung über das | |
| Zukunftspaket mehrheitlich den Willen der Belegschaft widerspiegelt“. 93 | |
| Prozent Zustimmung rechnet die Werft vor. | |
| Das stimmt auch, bezogen auf die 1.557 Mitarbeiter, die an der Befragung | |
| teilgenommen haben. Aber das ist eben nur ein kleiner Teil der Belegschaft. | |
| „Wir sprechen hier von 4.200 Mitarbeitern“, sagt Gelder empört, einst | |
| selbst Betriebsratschef bei der [4][Meyer Werft]. „Von einer Mehrheit kann | |
| also keine Rede sein.“ Zu den 4.200 Beschäftigten der Stammbelegschaft | |
| kommen noch mehr als 1.000 Beschäftigte mit Werkverträgen, „allein für | |
| Tätigkeiten im Kern der Werft“. | |
| ## Befragung am Betriebsrat vorbei | |
| Bei der Abstimmung habe es eine Wahl „zwischen Pest und Cholera“ gegeben, | |
| sagt Gelder. Was ihn besonders zornig macht: „Die Befragung lief völlig am | |
| Betriebsrat vorbei. Die Geschäftsleitung hat ihn weder beteiligt noch | |
| informiert. Das war nicht nur völlig einseitig, das war rechtswidrig!“ | |
| Einen solchen Vorgang habe es in ganz Deutschland so noch nicht gegeben: | |
| „Das Demokratieverständnis ist auf der Werft völlig abhanden gekommen!“ | |
| Florian Feimann, Pressereferent der Meyer Werft, sieht das anders: „Wir | |
| wollten uns ein Meinungsbild einholen, und wir werten das Ergebnis als sehr | |
| repräsentativ, sehr belastbar. Es spricht doch nichts dagegen, direkt mit | |
| den Mitarbeitern zu reden, ohne dass jemand dazwischenfunkt.“ | |
| Die Meyer Werft, lange Profiteur der boomenden Kreuzfahrtbranche, erlebt | |
| harte Tage. 40 Prozent ihrer Kapazitäten will sie einsparen, rund 1,2 | |
| Milliarden Euro, bis 2025. Die Frage ist, wie. Geschäftsleitung, | |
| Betriebsrat und Gewerkschaft liegen darüber im Dauerclinch. | |
| Der Verhandlungsprozess „gärt schon lange“, sagt Feimann dazu. Die | |
| Situation sei festgefahren, es herrsche „internes Schweigen“. Die | |
| Geschäftsführung sei daran schuldlos, von Betriebsratsseite kämen „komische | |
| Vorwürfe, die faktisch nicht haltbar sind“. Etwa, die Belegschaft solle | |
| ausgetauscht werden. Dabei gehe die Zahl der Werkverträge doch zurück. | |
| Thomas Gelder macht das zornig. Mittlerweile ist es kurz nach 14 Uhr. Die | |
| Betriebsversammlung ist zu Ende. Rund 1.800 Mitarbeiter waren da, schätzt | |
| Gelder. Es waren also auch viele dabei, die dienstfrei hatten. | |
| „Überwältigend war das, höchst emotional“, sagt Gelder. „Die Belegscha… | |
| hat uns in unserer Position sehr deutlich bestätigt.“ | |
| ## Security fotografiert | |
| Und dann erzählt er von der Security der Geschäftsleitung: „Die hat | |
| Teilnehmer der Versammlung fotografiert. Auch eine Überwachungsdrohne war | |
| im Einsatz. Dagegen haben wir natürlich protestiert.“ | |
| Dass Betriebsrat und Gewerkschaft die Schuld am Verhandlungsstillstand | |
| tragen, lässt er nicht gelten. „Die Geschäftsleitung hat sehr klar gesagt: | |
| ‚Erst wollen wir eure Zustimmung zu den Kündigungen, zu einer | |
| Mitarbeiterbeteiligung, erst dann reden wir über alles Weitere.‘ Aber so | |
| geht das natürlich nicht! Wir füllen ja keinen Blankoscheck aus!“ | |
| Gelder besteht auf ergebnisoffene- Verhandlungen. „Alles muss auf den | |
| Tisch. Wir können über alles reden. Was allerdings gar nicht geht, ist der | |
| Ersatz der Stammbelegschaft durch Fremdbeschäftigte.“ Und dann sagt er es: | |
| Einen „Austausch“ lasse man nicht zu. Eher als über Kündigungen müsse man | |
| über Werkverträge reden. | |
| „Wir schaffen Großes“, lobt sich die Meyer-Werft auf ihrer Website. In | |
| erster Linie sei dieser Erfolg auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern | |
| zu verdanken. Deshalb sorge man „weiterhin für ein partnerschaftliches | |
| Miteinander“. Echte Partnerschaft sieht anders aus. | |
| 8 Jun 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Estonia-Gerichtsurteil-erwartet/!5612264 | |
| [2] https://igmetall-leer-papenburg.de/ | |
| [3] /Schwerer-Schlag-fuer-Ostfriesland/!5637118 | |
| [4] https://www.meyerwerft.de/de/index.jsp | |
| ## AUTOREN | |
| Harff-Peter Schönherr | |
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