| # taz.de -- Antisemitismus in Deutschland: Zivilcourage zeigen | |
| > Die wenigsten antisemitischen Übergriffe sind bekannt. Bei den | |
| > alltäglichen Pöbeleien gilt es, den jüdischen Mitbürgerinnen zur Seite zu | |
| > stehen. | |
| Bild: Immer wenn der Konflikt im Nahen Osten eskaliert, wächst die Sorge vor A… | |
| Schlimm genug, dass es erst [1][Angriffe auf Synagogen] geben musste, um | |
| eine Diskussion über den in Deutschland grassierenden Antisemitismus in | |
| Gang zu bringen. Die nun geführte Debatte krankt allerdings an zweierlei: | |
| Zum einen zentriert sie sich auf den Judenhass von Migranten aus dem | |
| arabischen Raum. Eine Auseinandersetzung mit dieser spezifischen Spielart | |
| ist zweifellos dringend notwendig. | |
| Sie droht aber zu verdecken, dass die allermeisten antisemitischen Taten | |
| eben nicht von Migranten verübt werden, sondern von [2][Deutschen, die seit | |
| Generationen] hier leben. Zum Zweiten spielen in der Diskussion die | |
| eigentlich Betroffenen kaum eine Rolle. Antisemitismus, so scheint es, | |
| manifestiert sich auf Demonstrationen, durch Hakenkreuzschmierereien oder – | |
| im schlimmsten Fall – durch Mordanschläge wie in Halle. | |
| Dabei handelt es sich bei dem zur Schau getragenen Judenhass meistens um | |
| ein Alltagsverhalten, das in den seltensten Fällen öffentlich wird. Wenn | |
| eine Jüdin wegen einer Halskette mit dem Davidstern an einem deutschen | |
| Urlaubsort von sogenannten Mitbürgern böse angemacht wird, dann kommt keine | |
| Polizei. Wenn Hebräisch sprechende Israelis in der S-Bahn angerempelt | |
| werden, dann hat das keine Anzeige zur Folge. [3][Die Konsequenzen tragen | |
| einzig die Betroffenen]. | |
| Sie werden ihren nächsten Urlaub lieber in Italien verbringen. Sie werden | |
| die S-Bahn nicht mehr benutzen. Sie sehen sich also gezwungen, selbst ihre | |
| Freiheit aus Furcht einzuschränken. An dieser Tatsache werden weder | |
| salbungsvolle Worte aus der Politik noch schärfere Strafandrohungen etwas | |
| ändern. Es ist eine Frage der Zivilcourage. Wenn nur zwei Mitreisende in | |
| der S-Bahn zeigen, dass sie solches Verhalten nicht dulden, wenn sie ihre | |
| Solidarität zum Ausdruck bringen, dann hilft das mehr als abstrakte | |
| Debatten. | |
| Das ist einfacher gesagt als getan. Die Furcht, selbst zum Ziel von Gewalt | |
| zu werden, ist nicht unbegründet. Es kommt aber darauf an, im Alltag Mut – | |
| nicht Übermut – zu zeigen, damit die Jüdinnen und Juden in Deutschland | |
| ebenso ungehindert leben können wie wir alle. | |
| 24 May 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Klaus Hillenbrand | |
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