# taz.de -- 17. Architekturbiennale in Venedig: Große Träume im leeren Raum | |
> Die 17. Architekturbiennale in Venedig startet am Samstag in digitaler | |
> Form und als begehbare Ausstellung. Bis zum 21. November läuft das | |
> Festival. | |
Bild: Als Avatar bewegen sich Besucher:innen der Architekturbiennale durch den … | |
Mehrfach ist die Architekturbiennale im letzten Jahr verschoben worden. Nun | |
startet heute die 17. Ausgabe des Festivals in Venedig, digital und in | |
Präsenz. Zumindest im deutschen Pavillon haben Besucher:innen, die nur | |
online vorbeischauen, dabei keinen Nachteil. In Venedig ist der Pavillon | |
nämlich bis auf QR-Codes an den Wänden leer. [1][Online sieht man an eben | |
diesen Wänden Filme ablaufen.] | |
„How will we live together?“, lautet das Motto des Festivals, dieses Mal | |
kuratiert vom Libanesen Hashim Sarkist. Im deutschen Pavillon, der von Olaf | |
Gawert, Arno Brandlhuber, Christopher Roth und Nikolaus Hirsch gestaltet | |
wurde, blickt man dafür aus einer fiktiven Zukunft des Jahres 2038 zurück | |
auf die Gegenwart. Interviews mit Personen wie dem Architekten Deane | |
Simpson oder dem Informatiker und „Vater des Internets“ Vinton Cerf | |
bezeugen eine utopisch anmutende Welt. | |
Im Eingangsfilm „Interrail 2038“ (Regie: Leif Randt) hören wir von den | |
Schreckensjahren der 2020er Jahre. Zum Glück ist das Vergangenheit: 2038 | |
ist das Welthungerproblem gelöst, wir leben in Einklang mit der Natur. Der | |
Stadtraum ist in dieser Zukunft, die weniger Jahre entfernt ist, als die | |
Jahrtausendwende zurückliegt, eng verknüpft mit dem Internet. | |
AI (Artificial Intelligence) fliegt durch den Raum und Bordsteine, so heißt | |
es rückblickend in einem Film fast ungläubig, waren 2021 nur unnütze | |
Betonpfade. 2038 interagiert der Boden mit denen, die sich darauf bewegen. | |
## Crashs in den 2020er-Jahren | |
Dabei war der Traum vom Internet Anfang der 2020er-Jahre fast ausgeträumt, | |
erfahren wir. 2023 war das Internet global von einer Schadsoftware | |
befallen, kurz darauf folgte der große Finanzcrash. Die Welt wurde danach | |
auf „Reset“ gesetzt, der Kapitalismus überwunden. Auch die „Bodenfrage�… | |
die die deutschen Kuratoren als eins der drängendsten Probleme bewerten, | |
ist gelöst: Privater Grundbesitz ist ein Schreckgespenst vergangener | |
Zeiten. | |
Eine radikale Art der Koexistenz nennt die Architektin Sandra Bartoli | |
unsere neue Lebensweise, und meint damit nicht nur zwischenmenschliche | |
Beziehungen. Bartoli steht inmitten eines Waldes, im heute (noch) nicht | |
existenten Anhalter Park in Berlin, der nicht für menschliches Vergnügen, | |
sondern als Lebensraum für Tiere angelegt wurde. | |
Die Filme im deutschen Pavillon bewegen sich zwischen einem Andeuten von | |
utopischen Strukturen und dem Versuch, technisch und ökonomisch zu | |
begründen, wie diese Welt tatsächlich Realität werden könnte. Dabei gerät | |
die Architektur oft zu sehr aus dem Blick. | |
Spannend sind die Filme nämlich dann, wenn es tatsächlich um | |
architektonische Antworten auf politische Fragen geht. Etwa, wenn der | |
Architekt Mitchell Joachim von einem Bauen erzählt, dass nicht nur Menschen | |
berücksichtigt. Der Monarchfalter konnte so vom Aussterben bewahrt werden, | |
indem die Eigenschaften seines Habitats auf Hausfassaden übertragen wurden. | |
## Neue Inhalte alle zwei Wochen | |
Der digitale deutsche Pavillon wird jedoch nicht unverändert bleiben. Alle | |
zwei Wochen soll es bis zum Ende der Biennale am 21. November neue Inhalte | |
zu entdecken geben. | |
Während der deutsche Pavillon sich komplett auf den digitalen Raum | |
verlässt, haben andere Länder übrigens weiter Objekte und Modelle vor Ort | |
ausgestellt. Österreich etwa thematisiert das Zusammenwirken von | |
Plattformen und Städten. Die Schweiz nimmt sich derweil der eigenen | |
Landesgrenzen an. | |
22 May 2021 | |
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[1] https://thenewserenity.com/Yd7EP25/space-user-01/?vr_entry_type=2d_now | |
## AUTOREN | |
Julia Hubernagel | |
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