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# taz.de -- Grenzwerte für Bundesnotbremse: Warum eine Inzidenz von 165?
> Das Gesetz orientiert sich an willkürlich scheinenden Werten, etwa bei
> Schulschließungen. Doch andere Parameter brächten andere Probleme.
Bild: Schulen zu? Das soll bald davon abhängen, ob die lokale Sieben-Tage-Inzi…
Freiburg taz | Schulen und Kitas müssen den Präsenzbetrieb aufgeben, wenn
der Inzidenzwert im Landkreis drei Tage lang über 165 lag. Das ist Teil der
[1][Bundes-Notbremse], die am Mittwoch vom Bundestag beschlossen wird. Der
Inzidenzwert 165 steht dabei für 165 Covid-Neuinfektionen pro 100.000
Einwohner:innen in einer Woche.
Doch wie kommt ein krummer Inzidenzwert von 165 zustande? Das fragten sich
in den sozialen Netzwerken viele User:innen. Gibt es dafür eine
wissenschaftliche Begründung? SPD-Fraktions-Vize Dirk Wiese räumt freimütig
ein, dass es sich hier um einen politischen Kompromiss handelte. Die
Bundesregierung hatte einen Inzidenzwert von 200 vorgeschlagen. Die
Gesundheitspolitiker:innen von CDU/CSU und SPD hielten diese
Schwelle aber für zu hoch. „Letztendlich resultiert die 165 daraus, dass am
letzten Montag der Durchschnitts-Inzidenzwert aller 16 Bundesländer bei
ungefähr 165 lag“, so Wiese.
Auch andere Schwellenwerte der Bundes-Notbremse haben Kompromiss-Charakter.
So dürfen Einzelhändler:innen bis zum Inzidenzwert von 150 noch
Kund:innen mit Terminvereinbarung im Laden bedienen („Click and Meet“).
Für alle anderen Maßnahmen im Gesetz gilt ein Inzidenzwert von 100 als
Schwelle.
Doch Kompromisse sind in der Demokratie nicht verboten (auch wenn das immer
wieder auf Erstaunen stößt). Schwellenwerte in Gesetzen müssen nicht bis
ins Letzte wissenschaftlich begründet sein, selbst wenn es um
Grundrechtseingriffe geht.
Dass die Notbremse überhaupt so sehr auf die Inzidenzwerte fixiert ist,
stieß ebenfalls auf Unverständnis. Ersetzen jetzt Inzidenzwerte die
Politik? Und warum werden nicht auch andere Parameter herangezogen, etwa
die Belegung der Intensivbetten?
Für den Bundestag hat das vor allem pragmatische Gründe. Der Automatismus
war die Antwort auf die Praxis der Bundesländer, in den gemeinsamen Runden
strenge Maßnahmen zu beschließen, sie dann aber zu Hause nicht umzusetzen.
Der Inzidenzwert hat zudem den Vorteil, dass er gut als Frühwarnsystem
funktioniert.
Würde die Politik warten, bis die Intensivbetten voll sind, käme ein
Umsteuern zu spät. Der Inzidenzwert ist in seiner Erfassung zwar etwas
ungenau, aber immerhin gut zugänglich. Das Robert-Koch-Institut (RKI)
veröffentlicht täglich für jeden Landkreis die Sieben-Tage-Inzidenz.
Die Bürger:innen müssen nun aber auch nicht jeden Morgen auf der
Webseite des RKI nachsehen, um zu wissen, ob gerade die Notbremse gilt. Im
Notbremsen-Gesetz, das jetzt beschlossen wird, werden vielmehr die
örtlichen Behörden zur Bekanntmachung verpflichtet, wann die Notbremse in
Kraft tritt und natürlich auch, wenn sie wieder außer Kraft tritt.
Letzteres ist der Fall, wenn der Inzidenzwert im Landkreis fünf Tage lang
unter 100 lag.
Vor allem von der AfD kommt der Vorwurf, dass die Inzidenz künstlich in die
Höhe gejagt werde, wenn in den Schulen und Betrieben nun viel mehr getestet
wird. Der [2][Anstieg der vergangenen Wochen] lässt sich durch die erhöhte
Zahl der Tests allein jedoch statistisch nicht erklären. Weniger zu testen
würde auch offensichtlich nicht weniger Infektionen nach sich ziehen,
sondern nur dafür sorgen, dass mehr Infektionen unentdeckt bleiben.
Außerdem gibt es auch die gegenläufige Tendenz: Weil immer mehr Menschen
geimpft sind, beziehen sich die Inzidenzzahlen auf eine schrumpfende Gruppe
von nicht-geimpften Menschen.
21 Apr 2021
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## AUTOREN
Christian Rath
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