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# taz.de -- Tarifkampf in Berlins Kliniken: Pflegende, befreit die Chefetagen!
> Pflegekräfte fordern mehr Geld – das nützt dem gesamten
> Gesundheitssystem. Am Mittwoch trat die Berliner Krankenhausbewegung in
> den Tarifkampf ein.
Bild: Demonstration am Tag der Pflege am 12. Mai in Berlin
Die Missstände sind groß: Überall kehren Pflegende ihrem Beruf den Rücken
zu, weil sie die Arbeitsbedingungen nicht mehr aushalten. Vivantes, Berlins
größter kommunaler Krankenhauskonzern, drückt sich systematisch um
Tariflöhne, indem er Arbeit auf formal unabhängige Tochterfirmen
ausgliedert. Die Beschäftigten von Charité und Vivantes wollen sich das
nicht mehr bieten lassen. Sie organisieren sich nun gewerkschaftlich. Am
Mittwoch trat die Berliner Krankenhausbewegung offiziell in den Tarifkampf
ein.
Gerade in pandemischen Zeiten müsste es eigentlich der kleinste gemeinsame
Nenner sein, die Krankenhausbewegung zu unterstützen. Wer könnte sich
dagegen aussprechen, dass den Pflegenden, die tagtäglich Gott weiß wie
viele Menschenleben retten, bessere Arbeitsbedingungen zustehen? Doch etwa
die Vivantes-Klinikleitung wehrt sich vehement gegen die Forderungen der
Beschäftigten. Warum? Ergötzen sich die Chefetagen am Leid ihres Personals?
Sind sie blind gegenüber den Zuständen in ihren Krankenhäusern?
Nein, denn das Problem ist nicht moralisch, sondern systemisch. Auch die
Klinikleitungen müssen sich fühlen, als würden sie zwischen zwei großen
Rädern zermahlen: Einerseits ist da die Gewerkschaft, die fordert, was den
Beschäftigten zusteht.
Andererseits ist da aber die ökonomische Zwangsjacke, die jede
Erleichterung verbietet. Das ist ein Spagat, den auszuhalten unmöglich ist
– einfach weil es sich bei Gesundheit nicht um eine Ware handelt, die sich
in ökonomische Kategorien pressen lässt.
Ein ökonomisiertes Gesundheitssystem wird nie in der Lage sein, die Pflege
kranker Menschen angemessen zu vergüten. Doch indem die Beschäftigten jetzt
auf ihre Macht als diejenigen verweisen, die das ganze Hamsterrad am Laufen
halten, können sie konkrete Verbesserungen erzwingen. Konfrontiert mit der
Macht der Solidarität müssen Klinikleitungen und Politik kreativ werden;
und plötzlich wird das Unmögliche möglich, echte Veränderung kann
entstehen.
Letztlich würden alle von einem besseren Gesundheitssystem profitieren,
auch diejenigen, die sich jetzt dagegen wehren. Ganz nebenbei könnten auch
Klinikleitungen und Politik vom Korsett der Gewinnorientierung erlöst
werden. Krankenhausbeschäftigte, befreit die Chefetagen!
15 May 2021
## AUTOREN
Timm Kühn
## TAGS
Tarif
Wochenkommentar
Pflegekräftemangel
Pflege
Verdi
Alten- und Pflegeheime
Sozialpolitik
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Vivantes
Pflegenotstand
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