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# taz.de -- Tracking-Schutz bei Apple: Endlich Nein sagen können
> Apple kratzt an der Praxis von Datensammeln und Werbung im Netz. Die
> Empörung ist groß. Dabei wäre es Zeit für ein Verbot personalisierter
> Werbung.
Bild: Mit seiner neuen iOS-Version will Apple User:innen vor Tracking schützen
Wischen, tippen, noch einmal wischen, tippen, aufklappen, suchen, tippen,
noch einmal tippen, auf OK klicken. Das ist der Prozess, um auf einem
handelsüblichen Android-Smartphone die Werbe-ID zurückzusetzen.
„Werbe-ID?“, fragen Sie jetzt. Gut, dass Sie fragen! Denn viele
Nutzer:innen wissen nicht einmal, dass es so etwas auf ihrem
Android-Telefon gibt. Eine ID, die es Seitenanbietern und Werbetreibenden
ermöglicht, [1][den:die Nutzer:in über verschiedene Anwendungen hinweg
zu tracken].
Wer die ID nicht regelmäßig zurücksetzt – Prozess siehe oben –, ermögli…
umfangreiche Einblicke in das persönliche Nutzungsverhalten, in Interessen,
Vorlieben, Lebensumstände, vielleicht auch Krankheiten. Und ermöglicht,
spätestens wenn Log-ins dazukommen, auch noch eine Identifizierung. Zwar
lässt sich ebenfalls einstellen, dass die Werbe-ID nicht für Profilbildung
oder Werbung verwendet werden soll. Aber das klingt mehr nach
unverbindlicher Bitte als nach Vorgabe.
Dieses Umfeld muss man im Hinterkopf behalten, wenn es um den
Tracking-Schutz geht, den Apple mit seiner neuen, in dieser Woche
erschienen iOS-Version verspricht. Das Konzept erscheint simpel: Apps
müssen künftig die Erlaubnis einholen, wenn sie ihre:n Nutzer:in digital
verfolgen wollen. Was eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist
angesichts der mittlerweile üblichen Praxis von Tracking und Werbung nahezu
revolutionär.
Denn der Standard ist: Wenn du dich nicht mit allen technischen Mitteln,
die Browser und Betriebssystem hergeben, wappnest, damit merklich deinen
Komfort einschränkst und immer wieder überprüfst, ob diese
Schutzmechanismen noch dem aktuellen Stand der Technik entsprechen, dann
verfolgen wir dich. Und zwar gerne, ohne großartig transparent zu machen,
wer da eigentlich welche Daten sammelt, für welchen Zweck, wie lange sie
gespeichert werden und wo, wer sie vielleicht zusammenführt und welche
Profile daraus entstehen.
## Facebook ist entsetzt
Dementsprechend sorgt Apples Änderung auf dem Markt für Entsetzen. Facebook
liegt diesbezüglich schon seit Monaten mit Apple im Streit, zuletzt drohte
das Unternehmen mit einer Kostenpflicht für seine Dienste. Was ein bisschen
lustig ist, denn es gibt sicher den einen oder die andere Kundin, die gerne
für Facebook zahlen würde, wenn das Unternehmen im Gegenzug seine
allumfassende Datensammelei einstellen würde. Zuletzt schalteten Verbände
der deutschen Medien- und Werbewirtschaft das Bundeskartellamt ein.
Alleine diese gesammelte Gegenwehr zeigt: Apples Vorstoß wird etwas ändern.
[2][Das Tracking erschweren], Nutzer:innen besser schützen und, ja, auch
der Werbebranche das aktuelle Konzept von Werbung zerschießen. Zumindest
ein bisschen. Schließlich ginge Werbung für Desktop-Nutzer:innen weiterhin
wie gehabt, und auch bei Googles Android-System, das im Vergleich zu iOS
immer noch den größeren Marktanteil stellt, würde sich nichts ändern.
Und deshalb ist das zwar ein guter Ansatz von Apple, aber eben nicht genug.
Da weder Google – immerhin auch Betreiberin diverser Dienste, die mit
Werbung und Tracking zu tun haben – noch Werbetreibende freiwillig auf die
digitale Verfolgung verzichten werden, wäre das Mindeste ein Verbot
personalisierter Werbung im Netz.
Das wäre eine Abkehr des Werbesystems, wie es sich in den vergangenen
Jahren entwickelt hat: mit Werbeplätzen, die innerhalb von
Sekundenbruchteilen versteigert werden. Mit Daten, die gesammelt und
weiterverkauft und weiterverkauft und irgendwo wieder aggregiert werden.
Mit unzähligen eingebundenden Skripten, die auf einer durchschnittlichen
Webseite laufen und abgreifen, was sie abgreifen können. Mit kostenlosen
Apps, deren vermeintliche Hauptfunktion eigentlich nur der Köder ist und
deren eigentlicher Zweck im Sammeln persönlicher Daten liegt. Daten, die
dazu dienen sollen, möglichst passgerechte Werbung auszuspielen, auf dass
der:die Nutzer:in, klicken, kaufen, konsumieren möge.
## Komplettes Verbot von Tracking
Was mit solch einem Verbot noch ginge? Kontextwerbung – also platzierte
Werbung nach dem Auftreten bestimmter Schlagwörter im Netz oder in
Zeitschriften. Oder Gießkannenwerbung wie im öffentlichen Raum. Die EU
arbeitet ohnehin gerade an einer Regulierung von Onlineplattformen. Ein
Verbot personalisierter Werbung würde sich da wunderbar einfügen, und falls
das das nicht reicht, auch direkt ein komplettes Verbot von Tracking. Der
Aufschrei wäre dann noch viel gewaltiger, schließlich ist Tracking auch die
Basis vieler Empfehlungen, etwa bei Diensten wie Youtube, Amazon oder
Facebook.
Eine gesetzliche Regelung wäre auch aus einem zweiten Grund wünschenswert:
Für Apple ist es in dieser Situation leicht, auf Privatsphäre zu setzen,
weil das Unternehmen – im Gegensatz zu Google – sein Geschäftsmodell nicht
auf Werbeeinnahmen zentriert hat. Zwar will auch [3][Google in seinem
Chrome-Browser das Tracking per Cookies einschränkten], und auch für
Android soll es Berichten zufolge ein paar Restriktionen planen. Aber die
Privatsphäre der Nutzer:innen wirklich privat zu lassen – nein, das ist
nicht Googles Anliegen.
Doch auch für Apple gilt: Ob der Tracking-Schutz etwas ist, das aus der
Überzeugung des Unternehmens kommt oder doch eher aus der
Marketingabteilung, das weiß nur Apple selbst. In jedem Fall sind die
Nutzer:innen diesem konzentrierten Markt ausgeliefert: Sollte es sich
Apple eines Tages anders überlegen, wäre der Schutz ganz schnell dahin. Ein
Update reicht.
28 Apr 2021
## LINKS
[1] /EU-Abgeordnete-zu-Tracking-im-Internet/!5745038
[2] /Tracking-Urteil-des-BGH/!5685338
[3] /Googles-Absage-an-Cookie-Tracking/!5756013
## AUTOREN
Svenja Bergt
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Datenschutz
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