# taz.de -- Reaktionen auf Gewalt in Myanmar: Kopfschüsse am Feiertag | |
> Am Militär-Feiertag tötet das Regime so viele Menschen wie nie zuvor. Es | |
> hatte mit Schüssen in Köpfe und Rücken gedroht. Die Welt reagiert. | |
Bild: Nach dem „Tag der Streitkräfte“ kommt der Tag der Trauer: Beisetzung… | |
Berlin taz | Die Militärchefs von einem Dutzend Ländern haben in einer | |
ungewöhnlichen gemeinsamen Erklärung Myanmars Putschgeneräle aufgefordert, | |
„die Gewalt einzustellen und darauf hinzuwirken, den Respekt und die | |
Glaubwürdigkeit bei Myanmars Volk wiederherzustellen, den sie durch ihre | |
Handlungen verloren haben“. | |
In der Erklärung, die von den Vertretern der USA, Deutschlands und anderen | |
unterschrieben und in der Nacht zu Sonntag veröffentlicht wurde, heißt es: | |
„Ein professionelles Militär folgt internationalen Verhaltensstandards und | |
ist verantwortlich für den Schutz – nicht die Verletzung – des Volkes, dem | |
es dient.“ | |
Am 27. März, der in Myanmar als „Tag der Streitkräfte“ ein Feiertag ist, | |
töteten Militär und Polizei mindestens 90 Menschen. Es war der [1][bisher | |
blutigste Tag der Unterdrückung der Massenproteste]. Laut dem | |
Nachrichtenportal Myanmar Now starben 114 Personen an 44 Orten, darunter | |
auch Kinder. Die meisten Toten gab es in Mandalay mit 40, in Yangon starben | |
27 Personen. | |
Die Gefangenenhilfsorganisation AAPP gab die Zahl der Todesopfer mit mehr | |
als 90 an. Deren Gesamtzahl seit dem Putsch am 1. Februar stieg laut AAPP | |
auf mindestens 443. Vielfach hätte das Militär Leichen beseitigt und | |
Verletzte mitgenommen, die ohne medizinische Behandlung sterben würden. | |
US-Außenminister Antony Blinken sprach von einem „Terrorregime des | |
Militärs“. Die Junta wolle im Interesse einiger weniger „das Leben des | |
Volkes opfern“. Am Samstag war Berichten zufolge auch auf das amerikanische | |
Kulturinstitut in Yangon geschossen worden. Verletzt wurde niemand. | |
## Staatssender drohte mit Kopfschüssen | |
Der UN-Sonderberichterstatter für Myanmar, Tom Andrews, bezeichnete das | |
Vorgehen der Junta als „Massaker“. Er forderte ein internationales | |
Gipfeltreffen zu Myanmar. Man könne die Öl- und Gaszahlungen an das Militär | |
einstellen oder seinen Zugang zu Waffen stoppen. Es sei höchste Zeit für | |
robustes und koordiniertes Handeln. | |
Das Militärregime hatte den Feiertag in der Hauptstadt Naypyidaw mit einer | |
Parade begangen. Demonstranten waren zuvor über den Staatssender MRTV vor | |
Schüssen in Kopf oder Rücken gewarnt worden. Schon bisher war ein Viertel | |
der getöteten Demonstranten an Kopfschüssen gestorben. Mit dem „Tag der | |
Streitkräfte“ erinnert das Militär an den Tag im Jahr 1945, an dem es im | |
Zweiten Weltkrieg erstmals gegen Japan kämpfte, mit dem es bis dahin | |
verbündet war. | |
Jetzt schickten nur acht Nationen Vertreter zu den Feierlichkeiten, nämlich | |
[2][China], Russland, Indien, Pakistan, Bangladesch, Vietnam, Thailand und | |
Laos. Der Ranghöchste war Russlands Vizeverteidigungsminister Alexander | |
Fomin. China und Russland sind Myanmars wichtigste Waffenlieferanten und | |
schützen das Putschregime im Weltsicherheitsrat vor einer Verurteilung. | |
Russland will offenbar seinen Einfluss in Myamar vergrößern. Juntachef Min | |
Aung Hlaing bezeichnete Russland als „wahren Freund“ Myanmars. | |
Er versprach in seiner Ansprache, das Volk zu schützen, und stellte erneut | |
Wahlen in Aussicht, nannte aber kein Datum. Ohne die Proteste zu erwähnen, | |
warnte er vor „Terrorismus, der staatlicher Ruhe und sozialer Sicherheit | |
schaden“ könne. Seine Machtübernahme rechtfertigte er mit angeblichen | |
Verfehlungen der [3][entmachteten Regierung von Aung San Suu Kyi]. Sie ist | |
die Tochter des Nationalhelden Aung San, auf den die Gründung von Myanmars | |
Armee wie auch die Unabhängigkeit des Landes zurückgehen. Ihre Partei NLD | |
hatte die Wahlen im November deutlich gewonnen. | |
## Internationale Solidarität | |
Demonstranten hatten den „Tag der Armee“ umgetauft in „Tag gegen die | |
Diktatur des Militärs“. Mehrere der rund 20 bewaffneten ethnischen Gruppen, | |
die sich seit Jahrzehnten mit dem Militär einen Kleinkrieg liefern, haben | |
sich auf die Seite der Proteste gestellt. | |
Die Karen National Liberation Army (KNLA) erklärte, eine ihrer Einheiten | |
habe am Freitag bei einem Angriff auf einen Militärposten im Kayin-Staat | |
zehn Soldaten getötet. Bei einem Vergeltungsangriff der Armee aus der Luft | |
sollen zwei Personen getötet worden sein. | |
In mehreren Ländern gab es am Wochenende Proteste und Mahnwachen gegen das | |
Putschregime. In Deutschland demonstrierten laut der 1.800 Mitglieder | |
zählenden Facebookgruppe „German Solidarity with Myanmar Democracy“ | |
Menschen in Berlin, Leipzig, München, Freiburg, Konstanz, Stuttgart, | |
Heidelberg, Frankfurt/Main, Bielefeld und Hamburg. | |
28 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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