| # taz.de -- Rechte im Ökolandbau: Kartoffel, Kürbis, Vaterland? | |
| > Die Prinzipien des Ökolandbaus sind anschlussfähig für rechte Ideologien. | |
| > Anbauverbände diskutierten nun Strategien dagegen. | |
| Bild: Biolandwirte sind oft – aber nicht immer – die Guten | |
| Berlin taz | „Zu Beginn der neuen Anbausaison haben wir uns klar gegen | |
| rechte Tendenzen im Ökolandbau positioniert. Bedingung war: Wer Mitglied | |
| werden will, muss das lesen. Prompt hatten wir ellenlange Mails im Postfach | |
| und auch gleich zwei Austritte.“ Lisa Schönberg* klingt fast erstaunt, als | |
| sie davon erzählt. Zwei Austritte, das ist für die Brandenburger | |
| Anbaugemeinschaft gar nicht so wenig. Rund 50 Mitglieder hätten sie im | |
| Moment, erzählt Schönberg. Normalerweise kennt man sich da untereinander, | |
| aber wegen Corona sind auch in den Solidarischen Landwirtschaften die | |
| direkten Kontakte ausgedünnt. | |
| Es sind altbekannte Probleme: [1][Die Prinzipien des Ökolandbaus sind | |
| anschlussfähig für rechte Ideologien]. Während der Corona-Pandemie sind | |
| auch Querdenker für viele Betriebe zum Problem geworden. Neben völkischen | |
| Siedlern, Reichsbürgern und [2][der rechtsesoterischen Anastasia-Bewegung] | |
| ist damit nun auch die aktuellste rechte Strömung im Ökolandbau angekommen. | |
| Auf der Tagung [3][„Kartoffel, Kürbis, Vaterland – Landwirtschaft aus | |
| rechter Hand?“] wollten engagierte Landwirt*innen deshalb in der | |
| vergangenen Woche Gegenstrategien entwickeln. Organisiert wurde das | |
| Vernetzungstreffen von der Arbeitsgruppe „Rechte Tendenzen“. Der Bedarf | |
| nach Austausch ist da, sagen Judith und Franzi von der AG „Rechte | |
| Tendenzen“ – mehr als 130 Teilnehmende zählten die beiden Organisatorinnen | |
| in den Workshops und Diskussionsrunden. | |
| „Know your enemy“, das sei der wichtigste Schritt, sagt Melanie Herrmann | |
| von der Amadeu Antonio Stiftung. Wissen, mit wem man es zu tun hat. | |
| Anbauverbände wie Bioland, Naturland, demeter oder auch das Netzwerk | |
| Solidarische Landwirtschaft gehen mittlerweile offener mit rechten | |
| Tendenzen in der ökologischen Landwirtschaft um. In ihren Satzungen | |
| verpflichten die Dachorganisationen sich zum Kampf gegen Rassismus und | |
| Ausgrenzung. Diese klare Abgrenzung ist wichtig, betont auch Joel Campe vom | |
| Verein Permakultur. Wenn der Verband Haltung zeige, können betroffene | |
| Betriebe sich auf Regeln berufen und notfalls um Unterstützung bitten. | |
| ## Rauswurf von Mitgliedsbetrieben schwierig | |
| Schwierig wird es, wenn tatsächlich Mitglieder ausgeschlossen werden | |
| sollen. Das räumt auch Bioland-Sprecher Gerald Wehde ein. Vor allem im | |
| Allgäu hat der Verband immer wieder mit Reichsbürgern zu kämpfen. Zwar gibt | |
| es seit 2013 eine neue Satzung, in der der Verband „rassistischen, | |
| verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen“ entgegentritt. Damit | |
| einen Rauswurf von Mitgliedsbetrieben notfalls vor Gericht durchzusetzen, | |
| bleibt aber schwierig. „Da müssen schon die Mitgliedschaft in einer | |
| verfassungsfeindlichen Organisation oder entsprechende öffentliche | |
| Äußerungen nachgewiesen werden“, sagt Wehde. | |
| Weil Ausschlüsse nicht nur nervenaufreibend, sondern juristisch schwierig | |
| sind, müssten vor allem Mitglieder geschult werden, wünscht sich auch Joel | |
| Campe. Wie erkenne ich Verschwörungsnarrative, die bei den meisten rechten | |
| Strömungen zu finden sind? Welche Auswirkungen haben solche Ideologien auf | |
| die Betroffenen? Wie können wir uns dagegen wehren? Schließlich sind es die | |
| Betriebe und Mitglieder, die im Zweifelsfall als erstes mit braunen | |
| Landwirten in Kontakt kommen. „Augen auf bei der Mitgliederwahl“, betont | |
| Gerald Wehde. | |
| In Verbänden wie Bioland und Demeter nehmen professionelle | |
| Berater*innen potentielle Neu-Mitglieder unter die Lupe. Für die | |
| größtenteils ehrenamtlich geführten Organisationen wie den Verein | |
| Permakultur oder das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft ist so eine | |
| intensive Betreuung oft nur schwer zu stemmen. | |
| Völkische oder verschwörungsideologische Interessent*innen fallen so | |
| erst spät auf. In den Diskussionsrunden kristallisiert sich deshalb der | |
| Wunsch nach einer verbandsübergreifenden Strategie heraus: gemeinsame | |
| Schulungen, Rechercheprojekte und eine deutliche Positionierung des | |
| gesamten Ökolandbaus. „Das Ziel muss ein, gemeinsam Druck machen“, sagen | |
| die Organisatorinnen der Tagung, Judith und Franzi. Und nehmen | |
| selbstkritisch einen Auftrag mit: „Die Perspektive der Betroffenen von | |
| Rechtsextremismus müssen wir stärker einbeziehen. Der Ökolandbau ist | |
| bislang eine ziemlich weiße Blase.“ | |
| *Name geändert | |
| 27 Mar 2021 | |
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| [1] /Rechter-Esoteriker-bei-Naturkostfirma/!5686329 | |
| [2] /Rechtsesoterische-Anastasia-Bewegung/!5724712 | |
| [3] https://www.naturfreunde.de/termin/kartoffel-kuerbis-vaterland-landwirtscha… | |
| ## AUTOREN | |
| Pia Masurczak | |
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