# taz.de -- Kontaminiertes Fukushima-Wasser: Ab in den Pazifik | |
> Radioaktives Abwasser aus Fukushima soll ins Meer geleitet werden. Damit | |
> schockiert Japan kurz vor den Olympischen Spielen Bevölkerung und | |
> Nachbarländer. | |
Bild: Proteste der Umweltbewegung in Tokio am 13. April | |
Nach jahrelangem Zögern hat Japans Regierung dem Stromkonzern Tepco | |
erlaubt, das radioaktiv [1][kontaminierte Wasser im AKW Fukushima ins Meer | |
einzuleiten]. Der Prozess soll 2023 beginnen und sich über viele Jahre | |
hinziehen. Premier Yoshihide Suga begründete die Entscheidung mit dem | |
Platzmangel für neue Tanks auf dem AKW-Gelände. Die Stilllegung müsse | |
vorangehen, sagte Suga. | |
In Japan entzündete sich an der Entscheidung deutlicher Protest. Der | |
Gouverneur der Nachbarprovinz Miyagi forderte eine andere Lösung, da die | |
Fischerei sonst stark leide. Ein Sprecher der Fischer von Fukushima nannte | |
den Schritt bei einem Treffen mit Wirtschaftsminister Hiroshi Kajiyama | |
„inakzeptabel“. Greenpeace sprach von einer Verletzung der Menschenrechte. | |
Eine „Bürgerkommission für nukleare Energie“ in Tokio kritisierte, dass | |
Tritium als [2][radioaktives Material] nicht in die Umwelt gebracht werden | |
sollte. Scharfe Kritik kam auch aus den Nachbarländern. Ein Sprecher des | |
chinesischen Außenministeriums bezeichnete das Vorgehen als „hoch | |
unverantwortlich“. Es sei nicht allein eine interne Angelegenheit von Japan | |
und werde sich „schwer auf die Gesundheit der Menschen in Nachbarländern | |
auswirken“. | |
Das Außenministerium Südkoreas bestellte den japanischen Botschafter ein. | |
„Diese einseitige Entscheidung von Japan kann nicht akzeptiert werden“, | |
sagte ein Minister. Politische Beobachter rätselten über den Zeitpunkt der | |
kontroversen Ankündigung, da die Olympischen Spiele in 100 Tagen beginnen | |
und im Herbst eine Parlamentswahl ansteht. | |
Auch Politiker von Sugas Liberaldemokratischer Partei zeigten sich | |
überrascht. Offenbar wollte der 72-jährige Premier Handlungsstärke | |
demonstrieren, weil er in der Coronakrise eine schwache Figur macht. In den | |
über 1.000 Tanks auf dem AKW-Gelände lagern inzwischen knapp 1,3 Millionen | |
Tonnen aufgefangenes Wasser. Es diente zur Kühlung des geschmolzenen | |
Brennstoffs in den drei havarierten Reaktoren, oder es handelt sich um | |
Grundwasser, das aus den Kellern der Atommeiler abgepumpt wurde. Auf diese | |
Weise kommen täglich 140 Kubikmeter Wasser neu dazu. | |
## Versprechen von geringer Umweltbelastung | |
Die Tankkapazität ist nach Angaben von Tepco im Sommer 2022 erschöpft, | |
obwohl die Regierung die Flächen um die Atomanlage aufgekauft hat und dort | |
neue Behälter aufstellen könnte. Ein offizielles Expertengremium schlug | |
jedoch vor, das Wasser entweder zu verdampfen oder in den Pazifik | |
einzuleiten. Letztere Lösung erhielt vermutlich den Vorzug, weil sie Japan | |
am wenigsten trifft und kostengünstiger ist. | |
Die Regierung und der verstaatlichte Stromkonzern versprechen, die | |
Umweltbelastung gering zu halten. 30 Prozent des Tankwassers sind nach | |
offiziellen Angaben schon so gut gefiltert, dass die radioaktive Strahlung | |
unter den Grenzwerten liegt. Die übrigen 70 Prozent will man noch einmal | |
gründlich filtern. Zwar lasse sich das radioaktive Tritium aufgrund seiner | |
chemischen Eigenschaften überhaupt nicht aus dem Wasser entfernen. Aber | |
Tepco will das Tankwasser vor dem Einleiten so stark verdünnen, dass die | |
Tritium-Menge maximal 1.500 Becquerel je Liter betragen wird, versicherte | |
eine hohe Beamtin des Wirtschaftsministeriums. Das sei ein Vierzigstel des | |
Grenzwerts für Tritium. | |
Doch es gibt Zweifel an diesen Ankündigungen, da Tepco eine unabhängige | |
Untersuchung des gelagerten Wassers bisher abgelehnt hat. Das Misstrauen | |
gegen den Stromversorger in Japan ist anhaltend groß, auch nach dem | |
Atomunfall wurden Schlampereien verheimlicht. Daher verhöhnten | |
Twitter-Nutzer Finanzminister Taro Aso wegen seiner Behauptung, eigentlich | |
werde man Trinkwasser ins Meer einleiten. | |
13 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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