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# taz.de -- Laschets Kampf um Kanzlerkandidatur: Schwach nur in Umfragen
> Im Machtkampf um die Kanzlerkandidatur liegt CDU-Chef Armin Laschet vorn.
> Er kann Niederlagen in Siege ummünzen. Grundsätze sind bei ihm fließend.
Bild: Will Kanzler werden: Armin Laschet nach der Sitzung des CDU-Präsidiums i…
Düsseldorf taz | Laschet oder Söder? In den Umfragen war das Rennen seit
Monaten entschieden – Armin Laschet und seinen Konkurrenten Markus Söder
trennen Welten. Nach Berechnungen des ARD-Deutschlandtrends hielten Anfang
April 54 Prozent der Deutschen den bayerischen Ministerpräsidenten für
einen guten Kandidaten – CDU-Chef Laschet dagegen gerade einmal 19 Prozent.
Abgestürzt ist auch die ganze CDU: Sie dümpelt unter 30 Prozent dahin. Die
Grünen liegen in Reichweite, eine Regierung ohne die Union ist denkbar.
Mathematisch betrachtet sprach daher vor der Sitzung des CDU-Präsidiums am
Montag alles für Markus Söder als gemeinsamer Kanzlerkandidat der Union.
Aber Politik besteht eben aus mehr als dem kühlen Berechnen von
Wählerstimmen. Armin Laschet fiel als CDU-Chef qua Amt das erste
Zugriffsrecht zu, das gestand ihm auch Söder ein. Und sollten etwa die
CDU-Granden ihren gerade gewählten Vorsitzenden mit der Bevorzugung von
Söder gleich wieder demontieren? Laschet hatte seine Chance. Er hat sie
genutzt.
## Aufgeben keine Option
Aufgeben ist für Laschet noch nie eine Alternative gewesen. Von dem Moment
an, als Markus Söder am Sonntag seine Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur
erklärte, hat Laschet seine Truppen mobilisiert. Der saarländische
Ministerpräsident Tobias Hans erklärte, es sei „doch klar“, dass sich das
CDU-Präsidium hinter den Parteichef stellen werde. Laschets
Stellvertreterin, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, lobte die
Integrationsfähigkeit ihres Chefs, ebenso der Vorsitzende der
Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft in NRW, Dennis Radtke.
Laschet ist ein Kämpfer. Seine gesamte Karriere ist eine Geschichte von
Niederlagen, die er in späte Siege verwandeln konnte. Schon 1998 verlor er
sein Bundestagsmandat, konnte aber ins Europaparlament wechseln. 2005 wurde
er in Düsseldorf Deutschlands erster Integrationsminister und räumte mit
der „Gastarbeiter“-Lüge auf – also mit der Fiktion, die Bundesrepublik
werde Arbeitsmigrant:innen zur Rückkehr zwingen. Laschet dagegen
erklärte Deutschland dagegen zu einer „de facto multikulturellen
Gesellschaft“.
Im ultrakonservativen Teil der Union wurde Armin Laschet damit zur
Hassfigur. „Türken-Armin“ nannten ihn xenophobe Parteifreunde. Vorsitzender
von Landespartei und Landtagsfraktion wurde er erst im zweiten Anlauf. Noch
im Landtagswahlkampf 2017 gegen die Sozialdemokratin Hannelore Kraft wirkte
er manchmal so, als glaube er selbst nicht an seinen Sieg. Im Streit um den
CDU-Bundesvorsitz konnte er sich nur knapp gegen den
Wirtschaftsflügel-Vertreter Friedrich Merz durchsetzen – bei der
vorhergehenden Wahl, die die glücklose Annegret Kramp-Karrenbauer zur
Interimsparteichefin gemacht hatte, war er erst gar nicht angetreten.
Auf der Strecke geblieben ist bei all den Kämpfen Laschets Profil. Galt er
als Bundestagsabgeordneter noch als „junger Wilder“, gab er sich als
Integrationsminister Grünen-nah, regiert er seit 2017 in NRW trotz
knappster Mehrheit von nur einer Stimme relativ geräuschlos mit der FDP.
Deren Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart beschwört die „Entfesselung der
Wirtschaft“, während Laschets CDU-Innenminister Herbert Reul den Hardliner
gibt. Aber auch für Laumann als Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels ist in
seinem Kabinett Platz. Laschet selbst inszeniert sich als eine Art Merkel
light, als präsidialer, über den Dingen schwebender Regierungschef. Doch wo
er inhaltlich wirklich steht, wovon er überzeugt ist, wissen immer weniger
Wähler:innen.
## Fehler in Coronakrise
Laschets dramatischer Einbruch bei den Umfragen ist, da sind sich alle
BeobachterInnen einig, seiner umstrittenen Politik im Kampf gegen das
Coronavirus geschuldet – und die kann durchaus in Zusammenhang mit seinen
auch ansonsten schwankenden Ansichten gesehen werden. Zumindest rhetorisch
gab Söder von Anfang an den Hardliner – und Laschet versuchte, sich als
oberster Lockerer der Republik zu inszenieren: Während der Franke den
Katastrophenfall ausrief, entdeckte der Rheinländer sein Herz für die
ostwestfälische Möbelindustrie. Bei den Wähler:innen und beim
konservativen Wirtschaftsflügel der Union wollte der lange als progressiv
geltende Laschet punkten – doch der Spagat misslang: Heute gilt der Mann
aus Aachen als Politiker ohne klare Linie.
Bezeichnend für Laschets erratisch-schwankenden Kurs in der
Pandemiebekämpfung ist ein Landtagsauftritt, den der nordrhein-westfälische
Regierungschef vor Ostern hingelegte: Die Lage sei „dramatisch“, der
Lockdown müsse „verlängert werden“, erklärte er – und redete dann weni…
Minuten später von „Modellregionen“, in denen Lockerungen bis hin zur
Öffnung der Gastronomie möglich sein sollen.
Fast an Wähler:innenverachtung grenzte diese Rede: „Gäbe es die
Mutante nicht, wären wir jetzt genau in dem Gefühl, dass das Virus und die
Pandemie sich dem Ende neigen dürfte“, erklärte Laschet – ganz so, als
hätten Wissenschaftler:innen nicht seit Monaten vor der dritten Welle,
vor steigenden Inzidenzen und überlasteten Kliniken gewarnt. „Die Mutante
hat eine neue Pandemie gleichsam entstehen lassen“, barmte der
Ministerpräsident – als spräche er mit unaufgeklärten Kindern.
Hilflos wirkte der CDU-Bundeschef auch bei Fernsehtalker Markus Lanz: Mit
Deutschlands Defiziten, mit der mangelnden Digitalisierung, mit der
überbordenden Bürokratie ging er in der Talkshow hart ins Gericht – und
erklärte dann, dies habe aber nichts damit zu tun, dass seine Partei seit
16 Jahren regiert. Und seine Erklärung, er müsse über Ostern noch einmal
über Corona nachdenken, geriet unter dem Hashtag #laschetdenktnach
endgültig zum Witz.
Die Quittung dafür bekam der 60-jährige Laschet am Sonntag. Selbst in NRW
sind nur noch 26 Prozent der Wähler:innen mit seiner Arbeit zufrieden.
Laschets Antwort zu den miesen Werten war typisch für ihn: „Umfragen können
sich in kürzester Zeit verändern.“
12 Apr 2021
## AUTOREN
Andreas Wyputta
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