# taz.de -- Soziologin über Klimabewusstsein: „Verbote sind nicht unpopulär… | |
> Damit Bürger:innen Klimaschutz akzeptieren, darf er nicht als | |
> Vorschrift daherkommen? Stimmt nicht unbedingt, sagt die Soziologin | |
> Christiane Lübke. | |
Bild: Steaks verbieten? Klimafreundlich wär's wohl, denn die Rinderzucht verur… | |
taz: Frau Lübke, wie steht es um das Klimabewusstsein in Deutschland? | |
Christiane Lübke: Das ist relativ hoch und ist in den letzten Jahren sogar | |
noch angestiegen. Für den aktuellen [1][Datenreport] der Bundeszentrale für | |
politische Bildung haben wir verschiedene Datenquellen ausgewertet. Es | |
zeigt sich, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen die Existenz des | |
Klimawandels anerkennt und ihn auch als ein ernsthaftes Problem ansieht. | |
Nur 54 Prozent erkennen laut dem Report an, dass es den Klimawandel gibt | |
und dass er in erster Linie menschengemacht ist – fast die Hälfte ist also | |
umgekehrt nicht auf der Höhe des wissenschaftlichen Sachstands. Ist das | |
nicht eher beunruhigend? | |
Na ja, zusätzliche 37 Prozent schreiben den Klimawandel gleichermaßen | |
natürlichen und menschengemachten Ursachen zu. Lediglich 4 Prozent glauben, | |
dass der Klimawandel alleine natürliche Ursachen hat, und 5 Prozent | |
bezweifeln, dass es überhaupt einen Klimawandel gibt. | |
Die Natur beeinflusst das Klima natürlich ständig – aber bei dem, was wir | |
aktuell als den Klimawandel kennen, ist erwiesenermaßen der Mensch der | |
stärkste Faktor. | |
Es spricht natürlich eine gewisse Unsicherheit aus der Wahl der | |
Mittelkategorie. Aber man kann schon sagen, dass diesen Menschen | |
grundlegend bewusst ist, dass es den vom Menschen mitverursachten | |
Klimawandel gibt. Von daher würde ich das nicht so düster interpretieren. | |
Den Klimawandel als Problem zu sehen heißt noch nicht, dass man auch gern | |
auf ein Auto oder sein Steak verzichtet. Wie beliebt ist denn Klimaschutz? | |
Wir wissen tatsächlich aus einer ganzen Reihe von Forschungsarbeiten, dass | |
sich Klimabewusstsein [2][nicht direkt in eigenes Handeln umsetzt]. Aber es | |
hat einen starken Einfluss darauf, welche politischen Maßnahmen man | |
unterstützt. Und da ist die Zustimmung zu Klimaschutz im Allgemeinen hoch, | |
aber nicht alle Politikansätze sind gleich beliebt. | |
Was unterstützen denn die meisten? | |
Vor allem haben wir nach der Energiewende als einem wichtigen politischen | |
Handlungsfeld beim Klimaschutz gefragt. Da sehen wir zum Beispiel, dass die | |
öffentliche Förderung erneuerbarer Energien sehr hohe Zustimmung erhält. Da | |
sagen 84 Prozent der Befragten, dass sie „dafür“ oder „eher dafür“ si… | |
Und was wird eher abgelehnt? | |
Nicht so beliebt sind Maßnahmen, von denen die Politik sich eigentlich viel | |
verspricht: die Erhöhung von Abgaben auf fossile Brennstoffe. Da gehen die | |
Meinungen auseinander: Wir haben rund 38 Prozent, die sich dafür | |
aussprechen, aber auch 39 Prozent, die das ablehnen. Die Akzeptanz von | |
höheren Ausgaben ist also nicht so stark verbreitet. | |
Was mich aber überrascht hat, war die Sicht auf gesetzliche Verbote, die ja | |
oft als unpopulär gehandelt werden. | |
Und das stimmt nicht? | |
Wir haben konkret gefragt, ob die Leute ein Verbot von Haushaltsgeräten mit | |
einer schlechten Energieeffizienz befürworten würden. Und hier sagen | |
tatsächlich 69 Prozent, dass sie dafür sind. | |
Welche Waschmaschine ich kaufe, bestimmt mein Leben aber insgesamt wenig. | |
Würden Sie zum Beispiel bei der Frage nach einem Verbot für Inlandsflüge | |
ähnliche Werte erwarten? | |
Klar, es ist die Frage, inwiefern sich das auf andere Verbote übertragen | |
lässt. Aber in der politischen Debatte bekommt man ja manchmal den | |
Eindruck, dass Verbote ein absolutes No-Go wären. | |
Und in unseren Daten sehen wir eben: Eine generelle Ablehnung solcher | |
ordnungspolitischen Maßnahmen gibt es einfach nicht. Außerdem wären 65 bis | |
70 Prozent bereit, Abstriche bei ihrem eigenen Lebensstandard zu machen, | |
wenn das dem Klima nützt. Das ist natürlich sehr allgemein formuliert. | |
Im linken politischen Spektrum spielt Klimaschutz traditionell eine größere | |
Rolle als im rechten. Zeigt sich das auch in Ihren Daten? | |
Tatsächlich ist die politische Orientierung einer der wichtigsten | |
Einflussfaktoren auf die Einstellungen zu Klimawandel und Klimaschutz. Wir | |
sehen zwar auch Unterschiede bei anderen Indikatoren, zum Beispiel sind | |
Frauen umwelt- und klimabewusster als Männer. | |
Aber die politische Orientierung spielt eine größere Rolle. Personen, die | |
sich eher dem linken Spektrum zuordnen, nehmen den Klimawandel ernster und | |
sind eher zu Abstrichen beim Lebensstandard bereit als Personen, die sich | |
rechts einordnen. | |
13 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bpb.de/shop/buecher/zeitbilder/328110/datenreport-2021 | |
[2] /Umweltpsychologe-ueber-Klimawandel/!5644386 | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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