Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gremien beim ZDF: Streit um eine Liste
> Das ZDF hat einen neuen Personalrat gewählt. Erstmals war dabei eine
> reine Frauenliste angetreten. Dagegen klagt nun eine Gewerkschaft.
Bild: Der Streit zwischen zwei konkurrierenden Gewerkschaften könnte grundsät…
Betriebsräte, oder Personalräte, wie sie im öffentlichen Dienst und im
Rundfunk heißen, sind oft Männervereine. Das wirft nicht nur Fragen nach
Geschlechtergerechtigkeit auf, es hat auch ganz praktische Folgen. Denn
gerade bei arbeitsrechtlichen Konflikten spielen Geschlechterunterschiede
teilweise eine große Rolle. Im neuen Personalrat des ZDF jedenfalls sollten
mehr Frauen vertreten sein als bisher. Deswegen traten bei der diesjährigen
Wahl zu dem Gremium am 17. März neben den Listen der beiden [1][etablierten
Gewerkschaften, Verdi und die Vereinigung der Rundfunk-, Film- und
Fernsehschaffenden (VRFF)], eine neue an: eine unabhängige Frauenliste.
Die erhielt 21 Prozent der Stimmen und damit 4 Sitze im neuen Personalrat
des ZDF. Diese Sitze gingen zulasten der Verdi-Sitze und nicht zulasten der
VRFF. Dennoch hat die VRFF nun Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht Mainz
eingereicht. Die VRFF glaubt, die Frauenliste sei unzulässig gewesen. Dabei
waren die Listen schon Monate vor der Wahl geprüft und vom Wahlvorstand,
darunter auch Vertretern der VRFF, für korrekt befunden worden. Warum hat
also die VRFF auf einmal ein Problem mit der Frauenliste?
Zunächst mal vermutet die VRFF, die unabhängige Frauenliste sei gar nicht
unabhängig, sondern ein trojanisches Pferd von Konkurrent Verdi. Denn als
es nach der Wahl darum gegangen sei, den Vorstand zu bestimmen, lehnten die
gewählten Vertreterinnen auf den ersten Plätzen der Frauenliste die
Beteiligung am Vorstand ab, sodass schließlich von der Frauenliste ein
engagiertes Verdi-Mitglied in den Vorstand gekommen sei. „Wir wollen
niemand beschuldigen, die Wähler vorsätzlich getäuscht zu haben“, sagt
Michael Funken, Vorsitzender der VRFF-Betriebsgruppe beim ZDF. Man wolle
nun aber trotzdem gerichtlich prüfen lassen, ob hier eine Täuschung
vorliege.
Im Nachhinein der Wahl sei der Eindruck entstanden, dass die „unabhängige
Frauenliste“ eigentlich eine zweite Verdi-Liste sei. Nina Bernhardt,
Vorstandsmitglied von Verdi im ZDF, widerspricht. „Den Vorwurf der
Täuschung weisen wir zurück“, sagt Bernhardt. Auf der Liste der
unabhängigen Frauen seien alle möglichen Mitarbeiterinnen angetreten,
Verdi-Mitglieder oder nicht. Zudem hätte die VRFF keinen Einspruch erhoben
als die Liste zugelassen wurde im Januar. Michael Funken entgegnet, im
Januar sei nichts aufgefallen, erst nach der Wahl und bei der Bildung des
Vorstands.
[2][Was klingt wie betriebsrätlerische Erbsenzählerei], berührt eine
äußerst relevante Frage. Die nämlich, wie ein so zentrales Gremium wie die
Vertretung der Arbeitnehmer:innen Geschlechtergerechtigkeit
sicherstellen kann. Eine, die noch dazu gesetzlich gefordert ist: Das
rheinland-pfälzische Personalvertretungsgesetz, dem das ZDF als Mainzer
Sender unterliegt, verlangt: „Die Geschlechter sollen in den
Wahlvorschlägen entsprechend ihrem Zahlenverhältnis vertreten sein.“ Nun
hebt also ein Teil der VRFF-Beschwerde darauf ab, grundsätzlich zu klären,
ob reine Frauenlisten für die Mitarbeitendenvertretung verboten sind.
Je nachdem, wie das Verwaltungsgericht Mainz entscheidet, könnte das
Konsequenzen haben für Betriebs- und Personalräte in Deutschland.
Frauenlisten können bei politischen Gremien eine Möglichkeit sein, den
Anteil solcher Frauen zu erhöhen, die eher zurückhaltend sind, sich für
eine etablierte Listen aufstellen zu lassen. Nina Bernhardt [3][von Verdi]
sagt: „Diese Vorschrift ist mal gemacht worden, um die Rechte von Frauen zu
stärken. Erstaunlich, dass das jetzt für diesen Fall angeführt wird.“ Der
VRFF zum Beispiel war mit einer zu zwei Dritteln männlichen Liste
angetreten. Michael Funken beteuert, dass man sich erfolglos um mehr
Kandidatinnen bemüht habe. Sollte das Gericht die Wahllisten aus diesem
Grund für ungültig erklären, verspricht er, bei einer Neuwahl
nachzuarbeiten, um ausgewogene Listen aufzustellen.
Das könnte aber dauern, möglicherweise Jahre. Bis dahin ist der Personalrat
so, wie er ist, gültig und arbeitsfähig. Und er wird auch weiterarbeiten,
da sind sich schon mal beide Seiten einig. Das Verwaltungsgericht Mainz
wird in der Zwischenzeit klären müssen: Sind Frauenlisten ein legitimes
Mittel, um Frauen mehr in Personalräte einzubinden – oder entscheidet das
Gericht am ZDF-Fall, dass sie der Gleichberechtigung widersprechen?
15 Apr 2021
## LINKS
[1] /ZDF-Journalistin-ueber-EU-Berichte/!5702943
[2] /Oeffentlich-rechtliches-Fernsehen/!5760211
[3] /Gewerkschaft-Verdi-wird-20-Jahre-alt/!5759537
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Verdi
ZDF
Frauenquote
Aufsichtsrat
Kolumne Unter Druck
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tiefe in Primetime-Talkshows: Das Comeback des Polittalks
Warum die ARD manchmal dümmer ist als RTL. Und warum die verstaubten
Talkshows im Fernsehen gerade trotz allem ein bisschen besser werden.
Öffentlich-rechtliches Fernsehen: Das ZDF, wie's knallt und stinkt
Weil der Rundfunk sparen muss, heißt es oft: „ARD und ZDF fusionieren!“
oder „ZDF abschaffen!“ Warum das keine so gute Idee wäre.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.