# taz.de -- Schutz von Kleingärten: Gepflegtes Zerwürfnis | |
> SPD und Linke hatten zuletzt die Grünen mit einem | |
> Kleingarten-Gesetzentwurf düpiert. Die legen nach: mit einem Gutachten | |
> und einem 10-Punkte-Plan. | |
Bild: Was treiben die Koalitionspartnerinnen da bloß schon wieder? | |
BERLIN taz |Der Konflikt um die dauerhafte Sicherung der über 70.000 | |
Berliner Kleingärten geht in die nächste Runde: Die Grünen im | |
Abgeordnetenhaus haben am Mittwoch [1][einen Zehn-Punkte-Plan präsentiert], | |
den das Abgeordnetenhaus beschließen soll, um so viele Gärten wie möglich | |
zu erhalten. Auch soll die Nutzung der Gärten durch eine breitere | |
Öffentlichkeit vorangetrieben werden. Dass die rot-rot-grüne Mehrheit im | |
Parlament diesen Antrag tatsächlich einbringt und verabschiedet, ist im | |
Moment allerdings nicht zu erwarten. | |
Hintergrund ist ein Streit zwischen den Grünen auf der einen und SPD sowie | |
Linken auf der anderen Seite. Zwar ist das erklärte Ziel aller | |
Koalitionspartnerinnen, die Kleingärten mit all ihren sozialen und | |
ökologischen Funktionen unter Schutz zu stellen. Aber nachdem die grün | |
geführte Senatsumweltverwaltung als Ergebnis jahrelanger Planung den | |
sogenannten Kleingartenentwicklungsplan (KEP) vorgelegt hatte, | |
[2][zauberten „rot-rote“ Parlamentarier im vergangenen September einen | |
Gesetzentwurf aus dem Hut], der ihrer Meinung nach maximalen Schutz bietet. | |
Grünen-Abgeordnete wie der naturschutzpolitische Sprecher Turgut Altug und | |
Fraktionschefin Silke Gebel fühlten sich durch das unabgestimmte Handeln | |
massiv vorgeführt, wie sie am Mittwoch noch einmal betonten. Sie habe das | |
aus der Kleingarten-Zeitschrift erfahren und gedacht „Nachtigall, ick hör | |
dir trapsen“, sagte die bekennende Kleingärtnerin Gebel. Zwar könne man | |
alle Punkte im Gesetzentwurf unterschreiben, allein: Ein solches Gesetz | |
stehe in Konflikt mit dem Bundeskleingartengesetz und sei somit wertlos. | |
Diese Sicht sehen Altug, Gebel und Co. nun durch ein Gutachten des | |
Wissenschaftlichen Dienstes im Abgeordnetenhaus untermauert, das seit | |
einigen Tagen vorliegt. In mehreren Punkten verweisen die Autoren darin auf | |
die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Landes, wodurch bestimmte | |
Regelungen, etwa zur Bereitstellung von Ersatzflächen im Falle einzelner | |
Umwandlungen „unzulässig und nichtig“ würden. | |
## „Ich spüre da Widerstand“ | |
Ein „steiniger Weg“ sei die Sicherung der Kleingärten angesichts wachsender | |
Flächenkonkurrenz, betonte Silke Gebel bei der Vorstellung des | |
Zehn-Punkte-Plans, deshalb brauche es „breite Allianzen“, aber kein Gesetz, | |
das von den Gerichten umgehend wieder kassiert werde. Gebel räumte ein, | |
dass knapp 20 Prozent des Kleingartenbestands nicht dauerhaft gesichert | |
sei: Ein Teil davon befindet sich in Privatbesitz, etwa der Deutschen Bahn, | |
der andere gehört dem Land, ist im Flächennutzungsplan aber immer noch als | |
Bauerwartungsland ausgewiesen. | |
Neben der Einrichtung einer Steuerungsgruppe, in der unter anderem die | |
Senatsverwaltungen für Umwelt, Stadtentwicklung, Finanzen und Wirtschaft | |
vertreten wären, und der Erstellung eines Ersatzflächenkonzepts zählt zu | |
den zehn grünen Punkten vor allem die Darstellung aller Kleingärten als | |
„Grünfläche – Kleingärten“ im Berliner Flächennutzungsplan. Das sei A… | |
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Wo es Bebauungspläne gebe, die | |
einer dauerhaften Nutzung durch Kleingärten entgegenstehen, müssten auch | |
diese angepasst werden. Und: Die Finanzverwaltung soll prüfen, was ein | |
Ankauf der privaten Flächen kosten würde, und vor allem mit der DB in | |
Verhandlungen treten. | |
„Der Transformationsprozess darf nicht verschlafen werden“, so Gebel. „Ich | |
will kein böses Aufwachen in zehn Jahren.“ 2030 endet nämlich ein gerade | |
verlängerter Bestandsschutz für rund 7.000 Parzellen, die keine dauerhafte | |
Sicherung genießen. Daniela Billig, Sprecherin für Stadtentwicklung der | |
Grünenfraktion, zeigte sich „enttäuscht, dass die Senatsverwaltung für | |
Stadtentwicklung ihre Verantwortung in der vagen Hoffnung auf ein Gesetz | |
bis jetzt weggeschoben“ habe. „Ich spüre da eher Widerstand und Unwillen�… | |
so Billig in Richtung von Senator Sebastian Scheel (Linke). | |
## Vom Ergebnis nicht überrascht | |
[3][Turgut Altug] betonte, die Grünen unterstützten die Kleingartenvereine | |
dabei, sich noch stärker in die Gesellschaft zu öffnen. Die Kolonien | |
müssten mehr Flächen für gemeinschaftliches Gärtnern, auch durch Kitas oder | |
Schulklassen zur Verfügung stellen. Die Senatsumweltverwaltung unter | |
Senatorin Regine Günther (Grüne) sei aufgefordert, mit dem Landesverband | |
der Gartenfreunde – der Dachorganisation der meisten Berliner | |
Kleingartenvereine – auszuhandeln, wie solche neuen Formen des Gärtnerns | |
über Kleingartenordnungen oder Pachtverträge eingeführt werden könnten. | |
Nun liegt der Ball wieder bei den Fraktionen von SozialdemokratInnen und | |
Linken. Die halten aber weiterhin an ihrer Gesetzesidee fest. Der | |
umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Daniel Buchholz, sagte kürzlich | |
dem Tagesspiegel, man sei vom Ergebnis des Rechtsgutachtens nicht | |
überrascht. „Wir sind mit dem Bearbeitungsstand des Gesetzes auch schon ein | |
gutes Stück weiter und zuversichtlich, dass wir damit durchkommen.“ | |
17 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://gruene-fraktion.berlin/download/gru%CC%88ne_antrag_10-punkte-plan-k… | |
[2] /Sicherheit-fuer-Schrebergaerten/!5701339 | |
[3] /Ernaehrungspolitik-in-Berlin/!5476496 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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