| # taz.de -- Initiativen wehren sich gegen Konzerne: Spanien kämpft ums Wasser | |
| > Im trockenen Spanien kaufen internationale Konzerne die Wasserrechte auf. | |
| > Im Lecríntal in der Provinz Granada wehren sich nun die BürgerInnen. | |
| Bild: Quellwasser in Lanjarón, Andalusien: besser nicht in die Flasche, finden… | |
| Madrid taz | Wenn Rosa Fernández morgens aus dem Haus geht, schaut sie, ob | |
| Lkws aus der Fabrik vor den Toren von Dúrcal im Lecríntal am Fuße der | |
| südspanischen Sierra Nevada kommen. In der Fabrik wird Mineralwasser | |
| abgefüllt. | |
| Die Anlage eröffnete 2007. Nach einem Jahr stellte das Unternehmen den | |
| Betrieb ein, bis es im Frühsommer 2019 versteigert wurde. Nach Monaten der | |
| Vorbereitung rollen die Lkws jetzt wieder. | |
| „Es kann nicht sein, dass ein internationaler Konzern Geschäfte mit unseren | |
| Ressourcen Geschäfte macht. In unserem Tal fehlt seit Jahren Wasser“, | |
| beschwert sich Fernández, die zu denen gehört, die 2007 die | |
| [1][„Bürgerinitiative zur Verteidigung des Wassers im Lecríntal“] | |
| gründeten. Die zum Teil auf die Zeit der Araber zurückgehenden | |
| Bewässerungskanäle bringen immer weniger Wasser aus den über 3.000 Meter | |
| hohen Bergen ins Tal. „Es schneit immer weniger. [2][Die Sierra Nevada ist | |
| sehr anfällig für den Klimawandel]“, erklärt Fernández. „Immer mehr | |
| Landwirte müssen auf Grundwasser zurückgreifen. Das Geschäft mit dem Wasser | |
| ist deshalb nicht irgendein Geschäft“, beschwert sich Fernández, und die | |
| Lagune El Padul unten im Tal trockne seit Jahren immer wieder aus. | |
| Aguadeus heißt die Marke, die mit dem Slogan „Für eine nachhaltige Welt“ | |
| Werbung macht. Das Unternehmen gehört zum französischen | |
| Mineralwasserkonzern Roxane. Bis zu 31 Liter pro Sekunde werden derzeit in | |
| Flaschen abgefüllt. Das Unternehmen stützt sich dabei auf eine alte Lizenz | |
| der Vorbesitzer, von der nicht klar sei, ob sie überhaupt noch Gültigkeit | |
| hat, beschweren sich die Kritiker:innen der Fabrik. Eine Erweiterung | |
| der Produktion sieht 45 Liter vor. „Es gibt keine unabhängige Überwachung | |
| über die Abfüllmenge“, sagt Fernández. | |
| ## Gesetz aus der Franco-Diktatur | |
| Laut einem Gesetz aus der Franco-Diktatur ist das Abfüllen von | |
| Mineralwasser Bergbau und unterliegt damit einer Gesetzgebung, die | |
| Genehmigungen erleichtert. Außerdem hat die konservativ-rechtsliberale | |
| Koalitionsregierung Andalusiens, die dank der parlamentarischen | |
| Unterstützung der rechtsextremen Vox regiert, ein „Gesetz zur | |
| verwaltungsrechtlichen Vereinfachung“ erlassen. Dies nimmt den Gemeinden | |
| weitgehend das Mitspracherecht bei Industrieansiedlungen und schafft bisher | |
| gültige Umweltauflagen ab. | |
| Das benachbarte Lanjarón gibt eines der bekanntesten Mineralwassermarken | |
| Spaniens den Namen. Das Unternehmen gehört zum internationalen | |
| Lebensmittelkonzern Danone. „Sie haben hier nach und nach Wasserrechte | |
| aufgekauft“, berichtet das Mitglied der grünen Partei Equo, Herbert Troll. | |
| Der Bewässerungsverein – ein Zusammenschluss der Bewässerungslandwirte – | |
| haben ein Teil ihrer Rechte verkauft. | |
| Troll, ein Deutscher, der seit vielen Jahren auf einem kleinen Landgut | |
| außerhalb des Orts lebt, verlor dabei die Hälfte dessen, was er entnehmen | |
| durfte. Zuerst wollten die Fabriken Wasser am Oberlauf des Flusses | |
| abzweigen. Proteste und eine Klage verhinderten dies. | |
| „Dann haben sie Rohre in den Berg getrieben, direkt unter einem | |
| jahrhundertealten Kastanienhain“, sagt Troll. Mittlerweile seien die | |
| Proteste eingeschlafen. „Das ganze Städtchen lebt direkt oder indirekt von | |
| der Fabrik und den Thermalbädern. Und eine Stiftung finanziert mit Geldern | |
| von Danone Feste und Kulturveranstaltungen im Ort“, erklärt Troll. | |
| ## Mineralwasserverbrauch massiv gestiegen | |
| In Spanien ist der Mineralwasserverbrauch in den vergangenen Jahrzehnten | |
| massiv gestiegen. Knapp eine Milliarde Euro setzt die Branche mittlerweile | |
| pro Jahr um. Das jüngste Beispiel eines Konflikts um eine Abfüllanlage ist | |
| der Ort Villanueva del Rosario bei Antequera in der Provinz Málaga. Dort | |
| wurde mitten im Covid-Lockdown in aller Eile mit dem Bau einer | |
| Mineralwasserfabrik begonnen. Heftige Proteste führten im Sommer zum | |
| Baustopp. | |
| Für Antonio Figueroa ist Antequera ein gutes Beispiel für das, was in | |
| Südspanien passiert. „In einer Region, in der die Grundwasservorkommen so | |
| stark ausgebeutet werden, dass der Grundwasserspiegel zurückgeht, ist nicht | |
| nachzuvollziehen, wie eine Mineralwasserfabrik genehmigt werden kann“, sagt | |
| der Sprecher des „Netzwerks für eine neue Wasserkultur“. | |
| „Zuerst entnehmen wir wesentlich mehr Wasser, als es gibt, anschließend | |
| transferieren wir große Mengen aus Stauseen anderer Regionen, anstatt | |
| illegale Brunnen zu schließen und die Bewässerungslandwirtschaft zu | |
| modernisieren“, beschwert sich der Umweltschützer. | |
| Er betreibt im Netz eine [3][interaktive Karte], auf der die lokalen | |
| Konflikte ums Wasser in Andalusien verzeichnet sind. „Der Klimawandel und | |
| der Raubbau an Grundwasser machen sich in vielen Regionen Andalusiens | |
| bemerkbar. Wenn wir nicht handeln, werden wir in den kommenden 10 bis 20 | |
| Jahren immer mehr Auseinandersetzungen ums Wasser haben“, prophezeit er. | |
| 8 Apr 2021 | |
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| Reiner Wandler | |
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