# taz.de -- Corona, CDU und Grüne: Impfparty mit Scheibe | |
> Zwei Dinge brauchen mehr Zeit als eigentlich da ist: die deutsche | |
> Impferei – und Armin Laschet beim Versuch, seine Gegner loszuwerden. | |
Bild: „Ein Geburtstag als lustiger Darts-Abend wäre gesellig. Nur Impfärzte… | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Merkel will „nicht tatenlos 14 Tage zusehen“. | |
Und was wird besser in dieser? | |
Eine Woche ist rum. | |
In Baden-Württemberg wollen die Grünen wieder mit der CDU koalieren. Beide | |
Parteien haben sich am Samstag, drei Wochen nach der Landtagswahl, auf | |
Koalitionsverhandlungen geeinigt. Superüberraschung im Superwahljahr? | |
Das kretscht. [1][Fürs Bundesland richtet der grüne Ministerpräsident sich | |
auf Ruhe und Machterhalt ein], für den Bund ist es ein Signal zu wenig. | |
Nachdem Schwarzgrün – unter egal welchem Kanzlerkandidaten der Union – | |
beschlossen scheint, könnten die Grünen sich im Bund eine Diva-Nummer gut | |
stehen lassen. Um die Wirtschaft mit Geld zu mästen, bis sie nicht mehr | |
„CO2“ sagen kann, sollte es auch die FDP als Koalitionspartner tun. | |
Kretschmann geblitzt: „Ach, war da ne Ampel?“ | |
Armin Laschet bei Lanz: So schlecht wie er runtergeschrieben wird, war der | |
Auftritt gar nicht. Wird Laschet etwa der Martin Schulz der CDU? | |
Laschet räumt ein, gelegentlich unterschätzt zu werden: die defensivste | |
Art, sich toll zu finden. Seine Antwort auf Merkels Rüffel war zerfasert, | |
Lanz ist etwas anderes als die behütende Werkstatt, die sich Laschet in den | |
NRW-Medien aufgebaut hat. Doch in diesen Zeiten pustet noch der hinterste | |
Bänkler den Staub vom Telefon, wenn der Spiegel anruft und einen Deal | |
anbietet: lobende Erwähnung gegen Laschet-Dissen. [2][Laschet ist ein | |
sowohl-als-auch-Virtuose], und die brauchen immer ihre Zeit, die Leichen | |
ihrer Gegner den Rhein runter schwimmen zu sehen. Und Zeit – hat er nicht. | |
Unter 60-Jährige, die bisher einmal mit AstraZeneca geimpft wurden, sollen | |
keine zweite Dosis mit demselben Impfstoff bekommen, sondern nach zwölf | |
Wochen BioNTech oder Moderna. Wie beurteilen Sie das als noch wenige Wochen | |
59-Jähriger? | |
Klingt wie Diesel und Super in einem Tank – Hauptsache, brummbrumm. Ein | |
60er-Geburtstag als lustiger Darts-Abend wäre gesellig. Doch, doch: Nur | |
Impfärzte zu Gast und ich die Scheibe. Hm. Nachdem Astra nacheinander für | |
über und unter 60-Jährige gesperrt war, höre ich nachts den Drosten-Podcast | |
zum Einschlafen. Eine Freundin hatte nach BioNTech Impfreaktionen wie ein | |
Corona-Schnelldurchlauf; ein Kumpel nahm Astra auf Lunge: spurlos. Die | |
ganze Verwirrung taugt erstklassig, uns dran zu erinnern, wie luxuriös | |
unsere Sicherheit vorher war. Das ist so oder so vorbei. | |
Der ehemalige CDU-Generalsekretär Peter Tauber zieht sich aus der großen | |
Politik zurück. Kollegen bescheinigen ihm daraufhin, ein „sehr menschlicher | |
Vollprofi“ gewesen zu sein. Heißt das so viel wie „Nett ist kein Beruf“? | |
Und was genau dürfen und sollen wir eigentlich von Profipolitikern | |
erwarten? | |
Haben wir nicht gerade die Nase voll von denen? Immerhin erschüttert eine | |
Korruptionsaffäre gerade das Vertrauen. Diese lückenlosen Biographien von | |
Windel-Union bis Greisvorsitzende, die eine enorme Professionalisierung des | |
Politikbetriebs nach sich zog: Von der Idee, alle Stände und Berufe im | |
Parlament vertreten zu sehen ist wenig übrig. Im Bundestag sitzen 203 | |
Abgeordnete aus dem Öffentlichen Dienst und zwei, die privat Hausmannfrau | |
sind. 101 arbeiten bei „gesellschaftlichen Organisationen“ wie etwa | |
Parteien, vier sind arbeitslos oder ohne Beruf. Das Parlament bildet die | |
Gesellschaft nicht mehr ab, und das schaffte auch Fallhöhe für eine | |
Rabulistenfraktion rechtsaußen. Man könnte nachschauen, wann die Grünen die | |
Rotation aufgaben und ob das nur schlau war. | |
„Ich werde dem ein Ende setzen“, sagt US-Präsident Biden zur | |
Steuervermeidungsstrategie des multinationalen Online-Händlers Amazon. | |
Kaufen Sie ihm das ab? | |
Ich würde niederknien. Noch zumal wenn im Wilden Westen des | |
Spätkapitalismus Steuergerechtigkeit geschaffen würde, die Old Europe | |
bisher nicht hinbekommt. | |
Kreml-Kritiker Alexej Nawalny tritt derweil in Hungerstreik – aus Protest | |
gegen eine ausbleibende medizinische Behandlung und gegen Schlafentzug im | |
Gefangenenlager. Der Kreml sieht jedoch keinen Handlungsbedarf. Wie weit | |
muss Nawalny gehen, um nicht in Vergessenheit zu geraten? | |
Nawalny kann, offensichtlich, kommunizieren. Und das mit hoher Reichweite | |
vor allem in westlichen Medien. Es wird ihn nicht trösten, dass er damit | |
vor Snowdon und Assange rangiert. | |
Und was machen die Borussen? | |
Senkt Corona-Risiken durch Verzicht auf europäischen Wettbewerb. | |
Fragen: eaz, waam | |
5 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Friedrich Küppersbusch | |
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