| # taz.de -- Neue Coronaregeln für Berlin: Einfach kompliziert | |
| > Nach der Senatssitzung am Samstag ist klar geworden, dass die neuen | |
| > Regelungen kaum für Klarheit sorgen. Ein harter Lockdown wäre jetzt | |
| > angebracht. | |
| Bild: Statt simpler OP-Masken: FFP2-Pflicht in Berlin. Reicht das denn? | |
| Fast könnte man lachen. Wenn es nicht so ernst wäre. Nachdem der Regierende | |
| Bürgermeister [1][Michael Müller am Samstag] gemeinsam mit seinen | |
| Stellvertreter*innen Klaus Lederer und Ramona Pop die Beschlüsse der | |
| fünfeinhalbstündigen Senatssitzung zur Coronasituation in Berlin | |
| verkündete, sagte er Folgendes: „Der einfachste Weg ist der komplette | |
| Lockdown.“ Der zweite einfache Weg wäre, so Müller, die Notbremse zu | |
| ziehen, die die Ministerpräsident*innenkonferenz von Bund und | |
| Ländern beschlossen hatte. Hier wird es absurd: Für keinen dieser beiden | |
| Wege hat sich der Senat entschieden. | |
| Stattdessen hat man die fünfeinhalb Stunden Sitzung genutzt, sich eine | |
| 50-Prozent-Homeofficepflicht für Unternehmen und ein kompliziertes Geflecht | |
| aus Teststrategien zu erdenken. Für diese Geschäfte braucht man einen | |
| Negativtest, für jene aber nicht, die Terminpflicht für Baumärkte und | |
| Modeboutiquen entfällt wieder, nachdem sie erst vor Kurzem eingeführt | |
| worden war. Ach so, und Bürger*innen sollen bitte [2][die Osterfeiertage | |
| dazu nutzen], ihre Kontakte „wirklich“ auf ein Mindestmaß zu reduzieren. | |
| Wer bei den unterschiedlichen Regelungen noch einen Überblick behalten | |
| soll? Keine Ahnung. Das Motto des Senats scheint nun ganz offiziell zu | |
| sein: Warum einfach und effizient, wenn es auch kompliziert und ineffizient | |
| geht? | |
| Michael Müller ergänzte seine Ausführungen damit, zu sagen, dass er nicht | |
| ausschließen könne, dass der Lockdown in den nächsten Wochen oder Monaten | |
| doch noch komme. Nur, wenn uns die Pandemie eines gelehrt hat, dann das: | |
| Der Lockdown kommt immer. Je später er kommt, desto länger wird er dauern. | |
| Vor Kurzem erklärte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach: „Mit jeder | |
| Woche, mit der ein Lockdown später beginnt, verlieren wir nach hinten | |
| heraus, um die gleichen Fallzahlen wieder zu erreichen. Und wir haben eine | |
| höhere Todeszahl.“ | |
| ## Im Juni noch im Lockdown? | |
| Wissenschaftler*innen beknien die Bundes- und die Landesregierungen | |
| seit Wochen geradezu, die Fehler des letzten Jahres nicht zu wiederholen. | |
| Neueste Umfragen zeigen, dass ein großer Teil der Bevölkerung für strengere | |
| Maßnahmen ist – denn die Menschen haben verstanden, dass sie länger [3][zu | |
| Hause sitzen müssen], je später die Maßnahmen beschlossen werden. Bei einer | |
| Inzidenz von 138 pro 100.000 und exponentiellem Wachstum wird es nicht mehr | |
| lange dauern können, bis ein richtiger Lockdown auch in Berlin kommen muss. | |
| Aber in der Zwischenzeit erkranken viele Menschen – und viele werden | |
| sterben. Die Intensivstationen füllen sich auch in Berlin weiter – jeder | |
| Tag zählt. | |
| Die Osterferien, in denen die Schulen geschlossen sind, wären eine Chance | |
| gewesen, begleitet durch einen kurzen, strengen Lockdown, die Zahl der | |
| Neuinfektionen zu senken, um bald wieder in ein einigermaßen normales Leben | |
| zurückzukehren. Dadurch, dass die Anzahl der Impfungen ab April stetig | |
| steigen wird, hätte diese Möglichkeit bestanden. Stattdessen steigt die | |
| Wahrscheinlichkeit, dass die Berliner*innen auch im Mai oder Juni noch | |
| im Lockdown sitzen müssen – weil die Regierenden nicht vorausschauend | |
| handeln, wider besseres Wissen. Fast könnte man lachen. Wenn es nicht so | |
| ernst wäre. | |
| 28 Mar 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Gilda Sahebi | |
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