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# taz.de -- Corona-Maßnahmen in Berlin ab Mittwoch: Home-Office und Testpflicht
> Rot-Rot-Grün verschärft die Infektionsschutzmaßnahmen, weicht aber von
> der Notbremse ab. Testen und Home-Office-Pflicht sollen zielgenauer
> schützen.
Bild: Setzt bei Corona-Maßnahmen nun auch auf Einschränkungen der Wirtschaft:…
Berlin taz | Nach viel [1][Rumgeeiere] und [2][wieder einkassierten
Beschlüssen] der vergangenen Woche hat Berlin die Infektionsschutzmaßnahmen
wieder verschärft. In einer Sondersitzung am vergangenen Samstag hat der
rot-rot-grüne Senat von Regierungschef Michael Müller (SPD) nach
fünfstündiger Beratung beschlossen, sich mit Einschränkungen nicht mehr nur
auf den privaten Bereich zu beziehen, sondern gezielt auch die Unternehmen
und Arbeitgeber einzuschränken. Berlin sei damit das erste Bundesland, das
zu solchen Maßnahmen greift.
Verpflichtend dürfen in Büros ab Mittwoch, den 31. März 2021, nur noch 50
Prozent der Beschäftigten arbeiten. Die Regelung soll für
Bildschirmarbeitsplätze gelten. Zuvor hatte der Senat die Unternehmen nur
aufgefordert, freiwillig mehr Home Office zu ermöglichen, um Kontakte auch
in Betrieben zu reduzieren. Dennoch war die Präsenz in vielen Büros zuletzt
hoch. Zudem verpflichtet der Senat Arbeitgeber und Unternehmen, den
Beschäftigten zwei Coronatests pro Woche zur Verfügung zu stellen. Wie der
Senat das genau kontrollieren will, blieb nach der Pressekonferenz vom
Samstag zunächst unklar.
Michael Müller sagte bei der [3][Pressekonferenz nach der Sondersitzung]:
„Wir können nicht nur immer weiter im privaten Bereich oder bei den Kindern
in den Schulen oder der Familie einschränken.“ Deswegen habe man sich nun
auf den beruflichen Bereich bezogen – zumal die wissenschaftliche
Erkenntnis eindeutig sei, so Müller: Die ungeschützten Kontakte in
Innenräumen stellten das größte Risiko dar. Deswegen müsse man „im Rahmen
einer Notbremse“ auch im beruflichen Bereich ansetzen.
Im Privaten gibt es hingegen keine Verschärfung: Zugelassen sind hier
weiter Treffen von zwei Haushalten mit bis zu fünf Personen, Kinder unter
14 Jahren nicht mitgezählt. Allerdings appellierte der Senat dazu, Treffen
über Ostern möglichst zu vermeiden, sich auch vor privaten Treffen testen
zu lassen und auch bei privaten Treffen FFP2-Masken zu tragen. Mittlerweile
gebe es 170 Teststationen in Berlin – bei vielen seien noch Kapazitäten
frei.
## Testen, testen, testen und verschärfte Maskenpflicht
Überhaupt liegt ein Hauptfokus der neuen Strategie auf Testungen: Denn
verpflichtend sind laut Senat ab Mittwoch auch der Nachweis eines
tagesaktuellen negativen Tests vorm Shopping oder vor allen körpernahen
Dienstleistungen wie dem Besuch beim Friseur, im Kosmetiksalon oder im
Tattoostudio. Die Buchung eines Termins sei hingegen nicht mehr
erforderlich, wie Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) sagte. Nicht
gelten soll die Testpflicht für Einkaufsmöglichkeiten wie Supermärkte,
Apotheken, Drogerien und andere Geschäfte des täglichen Bedarfs.
Neu ist auch eine Testpflicht aller Beteiligten bei Treffen von mehr als
fünf Personen in Innenräumen bei etwa beruflichen Treffen mit
unverzichtbarer Präsenz wie Betriebsrats- oder Personalratsversammlungen
oder auch Aufstellungsversammlungen von Parteien. Die Regelung gelte aber
auch im privaten Bereich bei etwa Beerdigungen. Ausgenommen sind laut Senat
Demonstrationen und Gottesdienste.
Auch die Maskenpflicht wird verschärft: So gilt in Geschäften und dem
öffentlichen Nahverkehr die Pflicht, eine FFP2-Maske zu tragen. Bisher war
es erlaubt, dort auch medizinische OP-Masken zu tragen.
Mit den beschlossenen Maßnahmen weicht der Senat von der Anfang März bei
der Ministerpräsidentenkonferenz vereinbarten Notbremse ab. Diese hatte
eine Rücknahme der Lockerungen wie dem Click-&-Meet-Shopping oder das
weitere Einschränken von privaten Kontakten vorgesehen – falls die Inzidenz
an aufeinander folgenden Tagen auf 100 ansteigt (in Berlin liegt sie seit
Dienstag über 100, aktuell: 138).
Auf die Frage, warum Berlin nicht die beschlossene Notbremse zieht,
antwortete der linke Kultursenator Klaus Lederer: „Das ist absolut eine
Notbremse, was wir hier machen.“ Das Entscheidende sei, sich nicht an der
Verordnung entlang zu hangeln, sondern unter aktuellen Erkenntnissen zu
überlegen, welche Regeln klug und sinnvoll seien. Insofern seien die
Einschränkungen von Unternehmen schärfer und „richtig angesichts der
pandemischen Lage“.
Müller erklärte, dass man durch das Vertrauen auf wissenschaftliche
Beratung zu dieser Abweichung von der zuvor vereinbarten Notbremse gelangt
sei. „Die Berliner Wissenschaft sagt uns: Ihr müsst reagieren. Man muss
ernst nehmen, was dort passiert“, wie Müller mit Blick auf die dramatisch
steigenden Infektionszahlen und die vorherrschende als gefährlicher und
infektiöser geltende Mutante sagte. Ebenso müsste man durchsetzen, dass
Testangebote deutlich stärker in Anspruch genommen würden. „Jeder Test
schützt ja nicht nur im konkreten Begegnungsbereich, sondern auch im
privaten“, sagte Müller.
Die Kritik an den neuen Beschlüssen ließ nicht lange auf sich warten.
Berlins Industrie- und Handelskammer kritisierte die Einschränkungen der
Wirtschaft. Die Regelung sorge für zusätzliche Belastung und Verunsicherung
bei Betrieben und Beschäftigten. Was solle man etwa tun, wenn Beschäftigte
das Home-Office-Angebot ablehnten, fragte IHK-Präsidentin Beatrice Kramm.
Ebenso forderte sie finanzielle und logistische Unterstützung bei der
Beschaffung von Tests. „Gerade kleine und von der Pandemie besonders
betroffene Betriebe dürfen von der Politik dabei nicht allein gelassen
werden“, sagte Kramm.
Die FPD meckerte, dass die rot-rot-grüne Regierung keine Strategie außer
Verschärfungen habe. Die CDU wies daraufhin, dass die Berliner Verwaltung
selbst nur zu einem Teil Home-Office-fähig sei, verschwieg aber, dass für
diese der Senatsbeschluss auch gelte. Demgegenüber gibt es nicht weniger
Stimmen, denen die beschlossenen Maßnahmen nicht weit genug gingen und die
einen richtigen Lockdown forderten.
Müller verteidigte sich gegen Kritik von beiden Seiten: „Der einfachste Weg
ist der komplette Lockdown.“ Er könne nicht ausschließen, dass der nötig
sein werden in den kommenden Wochen und Monaten. „Wir haben aber das
gemacht, was in der öffentlichen Diskussion seit Monaten zu recht eine
Rolle spielt“, erklärte Müller den Berliner Sonderweg mit Blick auf
Einschränkungen im Arbeitsleben. Bezüglich der weiter geöffneten
Kultureinrichtungen und Shopping-Möglichkeiten sagte er, dass man in
Abwägung aller Maßnahmen und Möglichkeiten in der gegenwärtigen Phase mit
Impfen und Testen mehr erreichen können als noch Anfang März, als die
Notbremse beschlossen wurde.
Zu geforderten weitergehenden Maßnahmen sagte Müller: „Ich hoffe es kommt
nicht zum Lockdown und wir können weiter Dinge ermöglichen, die wir hart
konditionieren. Einkaufen nur mit einem negativen Testergebnis ist eine
harte Kondition.“ Man habe auch über eine Ausgangssperre verhandelt.
Allerdings habe das Parlament dort ein deutliches Stoppschild gesetzt, wie
Müller sagte: „Es gibt nicht den einen Königsweg. Es ist ein
Abwägungsprozess, in dem wir jetzt im Maßnahmenmix und mit der
Akzentverschiebung in Richtung Testen einen neuen und verantwortlichen Weg
beschreiten, der viele Menschen schützen kann.“
28 Mar 2021
## LINKS
[1] /Rumgeeier-trotz-steigender-Coronazahlen/!5758479
[2] /Merkels-Absage-des-Osterlockdowns/!5757138
[3] https://www.youtube.com/watch?v=kPpcrSHRrGQ
## AUTOREN
Gareth Joswig
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