# taz.de -- CSU-Korruptionsskandal: CSU beschwört den neuen Geist | |
> Mit einem Zehn-Punkte-Plan will die CSU gegen ihre Raffkes vorgehen. | |
> Söder spricht von einem scharfen Schwert, die Opposition ist nicht | |
> überzeugt. | |
Bild: Ein zahnloser Tiger? Markus Söder muss mit dem Maskensumpf in seiner Par… | |
MÜNCHEN taz | Nein, am System ist natürlich nichts faul. Es geht um das | |
„Fehlverhalten einzelner Mandatsträger“, wie die CSU in der Einladung zur | |
Pressekonferenz [1][von Parteichef Markus Söder] und Generalsekretär Markus | |
Blume gleich mal klarstellte. Die Zahl der „einzelnen Mandatsträger“ allein | |
auf Bundes- und Landesebene hat sich mittlerweile jedoch schon auf vier | |
erhöht – plus die mögliche Dunkelziffer. Es sind die beiden | |
Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein und Tobias Zech sowie die | |
[2][Landtagsabgeordneten Alfred Sauter] und Karl Straub. Gegen Letzteren | |
ermittelt die Staatsanwaltschaft allerdings schon seit längerem. Die | |
Vorwürfe gegen ihn – unter anderem Steuerhinterziehung – haben nichts mit | |
der Ausübung seines Mandats zu tun. | |
„Heute ist der Tag des Aufklärens und des Aufräumens“, sagt Blume dann vor | |
den Mikrofonen. „Wir reden über eine neue CSU.“ Blumes Relativierung der | |
jüngsten Ereignisse lässt jedoch nicht lange auf sich warten: „Wir reden | |
nicht über eine Krise der Union“, behauptet er, „sondern über Vorkommniss… | |
die überall vorkommen können.“ | |
Sein Chef dagegen räumt immerhin ein: „Für die CSU steht eine Menge auf dem | |
Spiel.“ Es gehe darum, „Glaubwürdigkeit und Ansehen wiederherzustellen“, | |
sagt Söder und fährt imposante verbale Geschütze auf, gefolgt von einem | |
Zehn-Punkte-Plan, der die Worthülsen mit konkreten Maßnahmen füllen soll. | |
Von neuen Regeln und neuem Geist spricht er, von voller Transparenz und | |
Konsequenzen, die umfassend, ganzheitlich und sehr weitgehend seien, und | |
einem klaren Signal für alle. | |
Der Zehn-Punkte-Plan sieht zum Beispiel eine „Integritätserklärung“ aller | |
parlamentarischer Mandatsträger vor, in der sie versichern, sämtliche | |
Regeln des Verhaltenskodex der CSU zu beachten. Das Führungspersonal in den | |
Parlamenten darf keinen gewerbsmäßigen Nebentätigkeiten nachgehen, eine | |
bezahlte Interessenvertretung ist allen Abgeordneten verboten. Zudem müssen | |
alle Nebeneinkünfte und Firmenbeteiligungen künftig offengelegt werden. | |
Verstöße werden mit strengen Sanktionen bis hin zum Parteiausschluss | |
sanktioniert. Eine „Compliance-Kommission“ unter Blumes Leitung werde sich | |
um die Weiterentwicklung des schon bestehenden Verhaltenskodex und dessen | |
Einhaltung kümmern. | |
## Flucht nach vorn | |
Für Söder steht fest: Die Maßnahmen würden im Kampf gegen die Korruption in | |
der CSU kein „zahnloser Tiger“, sondern ein „scharfes Schwert“ sein. Wie | |
die Auskunftspflicht bei den Nebeneinkünften jedoch im Einzelnen aussehen | |
soll, ob die CSU beispielsweise der SPD-Forderung nach einer Offenlegung | |
der Nebeneinnahmen ab dem ersten Euro folge, darüber ließ sich der CSU-Chef | |
noch nicht aus. Man sei „offen für die weitestgehenden Vorschläge“, müsse | |
aber sehen, „was rechtlich geht“. | |
Der ehemalige bayerische Justizminister Alfred Sauter, der im Verdacht | |
steht, im Zusammenhang mit einem Maskendeal über eine Million Euro kassiert | |
zu haben, erklärte indes, alle Parteiämter niederzulegen und seine | |
Fraktionsmitgliedschaft ruhen zu lassen. Blume begrüßte dies als ersten | |
Schritt, sagte jedoch auch, dass dieser noch nicht ausreiche. Die Vorstände | |
von Partei und Fraktion werden die Causa in den nächsten Tagen beraten. | |
In den Augen der Opposition tritt Söder wegen des öffentlichen Drucks nun | |
die Flucht nach vorn an, das Angekündigte sei aber nicht genug. „Das | |
Problem scheint bei der CSU systemisch zu sein“, erklärt etwa | |
FDP-Fraktionschef Martin Hagen, „immerhin hat die Partei Sauters Umtriebe | |
jahrelang geduldet und sich sogar zunutze gemacht“. Eine echte Aufarbeitung | |
des Korruptionsskandals stehe weiterhin aus. | |
## Toxisches Potenzial für die Union | |
Und Hagens Kollegin bei den Grünen, Katharina Schulze, kritisiert: „Erneut | |
versuchen Söder und Blume ihr Korruptionsproblem auf alle Fraktionen | |
abzuwälzen.“ Seit Jahren aber habe die CSU alle Vorschläge für ein | |
Lobbyregister, für Veränderungen im Abgeordnetenrecht und für einen | |
legislativen Fußabdruck rundherum abgelehnt. | |
Aus Sicht der Politologin Ursula Münch könnte der Korruptionsskandal CSU | |
und CDU auch längerfristig massiv schaden. „Die derzeitige Kombination aus | |
der Bereitschaft mehrerer Abgeordneter, sich persönlich an der Krise zu | |
bereichern, sowie dem staatlichen Missmanagement bei der Coronabekämpfung | |
birgt für die gesamte Union toxisches Potenzial“, befindet [3][die | |
Direktorin der Akademie für politische Bildung in Tutzing in der Augsburger | |
Allgemeinen]. | |
Es könnte beim Wähler der Eindruck hängen bleiben, die Wirtschaftskompetenz | |
der Union „äußere sich vor allem in der Aufgeschlossenheit einzelner | |
Abgeordneter gegenüber lukrativen Nebeneinkünften“. | |
21 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Die-CSU-im-Korruptionssumpf/!5756665 | |
[2] /Ermittlungen-gegen-CSU-Mann-Sauter/!5754882 | |
[3] https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Politik-Expertin-Ursula-Muench… | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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