| # taz.de -- Gipfeltreffen zur Integration: Schöne Worte, wenig Konkretes | |
| > Auf dem 13. Integrationsgipfel ging es um Zusammenhalt und Teilhabe. Der | |
| > Opposition gehen die Maßnahmen der Bundesregierung nicht weit genug. | |
| Bild: Bundeskanzlerin Angela Merkel beim digitalen Integrationsgipfel am Dienst… | |
| Berlin taz Mit einem mehr als 100 Punkte umfassenden Aktionsplan will die | |
| Bundesregierung die Integration von zugewanderten Menschen in Deutschland | |
| fördern. | |
| Das teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag nach einem | |
| digitalen Treffen mit 120 Vertreter:innen aus Politik, | |
| Migrant:innenenorganisationen und Wirtschaft mit. Zu den | |
| Ergebnissen des 13. Integrationsgipfels äußerte sich Merkel zufrieden: Man | |
| sei heute sehr viel näher an den „Kernthemen der Integration“ als vor 15 | |
| Jahren, so Merkel. | |
| Die Integrationsgipfel gibt es seit 2006. Bei dem nun letzten in dieser | |
| Legislaturperiode stellte die Bundesregierung die Phasen vier und fünf | |
| ihres „Nationalen Aktionsplans“ vor. Für das gesellschaftliche | |
| „Zusammenwachsen“ (Phase vier) sollen demnach beispielsweise | |
| Leuchtturmprojekte in Sport, mehr Fachkräfte mit Migrationsgeschichte im | |
| Gesundheitswesen oder Modellprojekte für mehr Diversität im Kultur- und | |
| Medienbereich sorgen. | |
| Für den „Zusammenhalt“ (Phase fünf) sind Projekte unter anderem in der | |
| Erwachsenenbildung, bei lokalen Integrationsräten oder für mehr Vielfalt im | |
| öffentlichen Dienst vorgesehen. Bereits im vergangenen Jahr beschloss die | |
| Bundesregierung die Maßnahmen der ersten drei Phasen „Integration vor der | |
| Zuwanderung“, „Erstintegration“ und „Eingliederung“. | |
| ## Wahlbeteiligung deutlich geringer | |
| Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz | |
| (CDU), sieht Deutschland dank des Aktionsplans auf einem guten Weg. Dass es | |
| jedoch noch Handlungsbedarf gibt, wurde auf dem Gipfel auch klar. So | |
| kritisierte Daniel Gyamerah, Vorstand im Verein „Each One Teach One“, dass | |
| die Bundesregierung noch zu wenig gegen institutionelle Diskriminierung | |
| unternehme. | |
| Handlungsbedarf gebe es auch bei der politischen Teilhabe, betonte Petra | |
| Bendel. Die Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und | |
| Migration (SVR) stellte auf dem Integrationsgipfel die Ergebnisse der | |
| SVR-Studie „[1][Mitten im Spiel – oder nur an der Seitenlinie?]“ vor. Die | |
| zeigt unter anderem, dass die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2017 | |
| bei Menschen aus Einwanderfamilien um 20 Prozent niedriger lag als bei den | |
| übrigen Wahlberechtigen. | |
| „Der Aktionsplan geht in die richtige Richtung“, sagte Bendel der taz. Sie | |
| empfiehlt der Bundesregierung aber, bei der Engagementförderung noch | |
| stärker mit migrantischen Organisationen zusammenzuarbeiten und bei | |
| Menschen mit Migrationsgeschichte vermehrt für die Einbürgerung zu werben. | |
| Für Letzteres hatte sich vor kurzem auch die Integrationsbeauftragte | |
| Widmann-Mauz ausgesprochen. | |
| Filiz Polat von den Grünen geht das nicht weit genug. „Bis auf | |
| schönklingende Überschriften und vollmundige Aktionspläne hat die | |
| Bundesregierung seit 2006 nicht viel erreicht“, sagt die | |
| integrationspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der taz. 15 Jahre | |
| nach dem ersten Integrationsgipfel sei es höchste Zeit für einen | |
| Paradigmenwechsel. | |
| ## Quote ja – aber nicht nur für Migrant:innen | |
| Satt Kampagnen und Appelle fordert Polat verbindliche gesetzliche Vorgaben, | |
| um zu mehr Gleichberechtigung und Teilhabe für Menschen mit mit | |
| Einwanderungsgeschichte zu kommen: „Wir brauchen ein Partizipationsgesetz | |
| auf Bundesebene“, so Polat. Ihre Fraktion wolle noch vor dem Ende der | |
| Legislaturperiode Eckpunkte für einen entsprechenden Gesetzesentwurf | |
| vorlegen. | |
| Herzstück soll eine [2][Quote für Menschen mit Einwanderungsgeschichte] | |
| sein, die bisher unter anderem in der öffentlichen Verwaltung stark | |
| unterrepräsentiert sind. Allerdings müssen auch Menschen berücksichtigt | |
| werden, die nicht in das Label „Migrationshintergrund“ passten, so Polat. | |
| Dazu gehörten beispielsweise die nationale Minderheit der Sinti oder auch | |
| schwarze Menschen. Handlungsbedarf sieht Filiz Polat auch beim | |
| Staatsbürgerrecht oder beim Wahlrecht: „Für ein Einwanderungsland wie | |
| Deutschland ist Mehrstaatlichkeit und das kommunale Wahlrecht für | |
| Nicht-EU-Ausländer überfällig“. | |
| Auch FDP und Linkspartei äußerten Kritik am Aktionsplan der Bundesregierung | |
| als zu wenig konkret: „Beim Thema Integration gibt es kein Ankündigungs-, | |
| sondern ein Umsetzungsdefizit“, sagte etwa die migrationspolitische | |
| Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Linda Teuteberg gegenüber der | |
| Nachrichtenagentur AFP. | |
| ## In vielen Bereichen unterrepräsentiert | |
| In Deutschland haben aktuell 26 Prozent der Menschen eine | |
| Migrationsgeschichte. In der öffentlichen Verwaltung aber sie sie nur mit | |
| rund 12 Prozent vertreten. Im Januar hatte der Vorstoß einer | |
| „Migrantenquote“ in der Berliner Verwaltung eine heftige Debatte ausgelöst. | |
| Auch in der Politik sind Menschen mit Migrationsgeschichte stark | |
| unterrepräsentiert: Im aktuellen Bundestag kommen nur 8 Prozent der | |
| Abgeordneten mit Einwanderungsgeschichte. | |
| 9 Mar 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.svr-migration.de/presse/presse-forschung/politische-partizipati… | |
| [2] /Quote-fuer-Menschen-mit-Migrationsgeschichte/!5741900 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Pauli | |
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