# taz.de -- Islamismus in Mali und Niger: Angriffe fordern fast 100 Tote | |
> Massaker an Marktbesuchern und Soldaten in den beiden Sahelstaaten | |
> fordern viele Opfer – und zeigen die Stärke islamistischer Gruppen. | |
Bild: Malische Soldaten in der Grenzregion zu Niger – hier kam es im Januar 2… | |
BERLIN taz | 33 tote Soldaten in Mali, 58 tote Zivilisten in Niger – zwei | |
schwere Terrorangriffe sorgen in den beiden Sahelstaaten für Entsetzen. Es | |
sind die ersten großen Anschläge mutmaßlicher islamistischer | |
Untergrundkämpfer [1][seit dem Sahelgipfel in Tschad] am 15. Februar, bei | |
dem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die „Enthauptung“ der wichtigsten | |
Terrorgruppen in der Sahelregion angekündigt hatte. Beide Angriffe | |
ereigneten sich am Montag, den 15. März, genau einen Monat später, in | |
Regionen, in denen der „Islamische Staat in der Großen Sahara“ (ISGS) aktiv | |
ist. | |
In Niger stoppten Bewaffnete am Montagnachmittag vier Fahrzeuge auf dem | |
Rückweg vom Wochenmarkt in der Kleinstadt Banibangou in umliegende Dörfer. | |
Nach Regierungsangaben wurden die Fahrgäste „gezielt hingerichtet“, zwei | |
Autos wurden angezündet, zwei gestohlen. Im Dorf Darey-Daye seien | |
Getreidespeicher angezündet worden. Die Regierung sprach von 58 Toten und | |
verhängte drei Tage Staatstrauer. | |
Banibangou liegt rund 20 Kilometer südlich der Grenze zu Mali; auf der | |
malischen Seite der Grenze erstreckt sich das Naturschutzgebiet | |
Ansongo-Menaka, das als Rückzugsgebiet bewaffneter Gruppen gilt. Das | |
Schutzgebiet wird an seinem westlichen Rand vom Niger-Fluss begrenzt; auf | |
der anderen Seite des Flusses, rund 30 Kilometer im Landesinneren, | |
ereignete sich Montagmittag der zweite Angriff, der einen Konvoi von Malis | |
Armee auf der Straße zwischen dem Dorf Lellehoye am Fluss und der | |
Kleinstadt Tessit zum Ziel hatte. | |
Soldaten, die zur Truppenablösung nach Tessit unterwegs waren, gerieten in | |
einen Hinterhalt, so die offiziellen Angaben. Rund 100 Angreifer auf | |
offenen Lastwagen und Motorrädern hätten das Feuer eröffnet. Zunächst war | |
von 11 Toten, 14 Verwundeten und 11 Vermissten unter den Soldaten die Rede. | |
Am Mittwoch bestätigte die Armee 33 Tote und 14 Verletzte, aber mit weiter | |
steigenden Zahlen wurde gerechnet. Die Angreifer hätten ihrerseits 20 Tote | |
hinterlassen. | |
## Politisch brisante Gemengelage | |
Malis Generalstab erklärte, der Angriff unterstreiche die Notwendigkeit, | |
den [2][Kampf gegen den Terror] zu verstärken, und rief die Bürger Malis | |
zur „Solidarität in diesen besonders schweren Zeiten“ auf. | |
Sowohl in Mali als auch in Niger sind solche Angriffe politisch gerade | |
besonders heikel. In Mali hatte [3][im August 2020 das Militär die Macht | |
ergriffen], weil die vorherige Zivilregierung ihrer Meinung nach im Kampf | |
gegen Terror und Unsicherheit versagt hatte – jeder weitere blutige Angriff | |
untergräbt die Legitimitätsgrundlage der neuen, von Militärs geführten | |
Übergangsregierung. | |
In Niger wurde erst vor vier Wochen ein neuer Präsident gewählt: der | |
ehemalige Innenminister [4][Mohamed Bazoum, der aus der arabischen | |
Minderheit des Landes stammt] und als Hardliner in Sicherheitsfragen gilt. | |
Bazoums Gegner erkannten seine Wahl nicht an, es gab Unruhen mit Toten. | |
Niger ist noch nicht zur Ruhe zurückgekehrt. Am 11. März gab die | |
Staatsanwaltschaft bekannt, dass 652 wegen Gewalt bei den Unruhen | |
Festgenommene den Haftrichtern vorgeführt wurden; gegen 328 davon solle | |
Anklage erhoben werden. | |
17 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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