| # taz.de -- Wohnungssituation für Studierende: Noch sind Zimmer frei | |
| > Und auch wegen Corona sind viele Plätze in Studierendenunterkünfte | |
| > verfügbar. Das sorgt für Entspannung auf dem Markt. | |
| Bild: Klein, aber auch nicht mehr so begehrt: Zimmer im Studentendorf Schlachte… | |
| Berlin taz | Studierende haben für die Suche nach einem Zimmer im | |
| Studentenwohnheim deutlich bessere Karten als vor Corona. Die Warteliste | |
| auf ein günstiges Zimmer in einem der Wohnheime des [1][Studierendenwerks] | |
| ist im Februar auf 1.289 Plätze geschrumpft. Vor einem Jahr war sie mit | |
| 2.369 Wartenden fast doppelt so lang. Die Zimmer zu einem | |
| Durchschnittspreis von 264 Euro sind sehr begehrt. „Dennoch bleibt die | |
| Wohnsituation für Studierende prekär“, sagt Jana Judisch vom | |
| Studierendenwerk. | |
| Das gilt nicht für solche StudentInnen, die mehr Miete berappen können. In | |
| den [2][Studentendörfern] Schlachtensee und Adlershof, die nicht zum | |
| Studierendenwerk gehören, sondern von einer Genossenschaft verwaltet | |
| werden, kann man seit Anfang März ein Zimmer bekommen. Stolze 446 Euro | |
| kostet dort ein etwa 17 Quadratmeter großes möbliertes Zimmer mit Wohnküche | |
| und Gemeinschaftsbad, WLAN und Benutzung des hauseigenen Fitnessstudios | |
| inclusive. | |
| „Eine Genossenschaft wie wir muss kostendeckend arbeiten“, begründet | |
| Bettina Widner vom Studentendorf den – wie sie einräumt –, hohen Preis. | |
| „Wir bekommen keine staatlichen Zuschüsse und machen keinen Profit.“ Wer | |
| ein preiswerteres kleineres Zimmer für 401 oder 278 Euro haben will, muss | |
| schnell sein. Da sind ab März nur noch Restplätze zu vergeben. | |
| Die Gründe für die zurückgegangene Nachfrage nach studentischen | |
| Wohnheimplätzen liegen in der Pandemie. So erzählt etwa die | |
| Erstsemesterstudentin Lena P. der taz, dass sie ihren Antrag auf einen | |
| Platz im Studentenwohnheim zurückgezogen hat, weil sie alle Vorlesungen | |
| online aus ihrem Kinderzimmer in Sachsen-Anhalt verfolgen könne. „Das spart | |
| Miete, und einen Studentenjob hätte ich ohnehin nicht bekommen.“ | |
| Gebot der Stunde: Zusammenrücken | |
| Natürlich fühlt sich der Onlinebetrieb nicht an wie ein richtiges Studium. | |
| Ihr fehle der Austausch mit KommilitonInnen. Die einzige Prüfung in diesem | |
| Semester sei so terminiert, dass sie morgens zur Uni und abends wieder | |
| zurückfahren könne. Aber selbst wer weiter weg wohnt, kommt mit einer | |
| einzelnen Hotelübernachtung günstiger als mit einer Monatsmiete. | |
| „Schriftliche Klausuren wurden verschoben in der Hoffnung, dass sie | |
| vielleicht im April möglich sind“, sagt Lena P. | |
| Gabriel Tiedje vom [3][Asta der TU Berlin] kennt einen ähnlichen Trend für | |
| Studierende in höheren Semestern. „Es ist eine große psychische und | |
| finanzielle Belastung, allein im Zimmer zu versauern, wenn man die | |
| Vorlesungen von überall aus online hören kann oder nur noch die | |
| Bachelor-Arbeit schreiben muss.“ Viele Studierende wären seiner Kenntnis | |
| nach zu Eltern oder Partnern gezogen oder sie hätten die Arbeitsaufnahme | |
| vorgezogen und würden ihre Abschlussarbeiten jetzt nur nebenher schreiben. | |
| Laurenz Terl, Jurastudent und linker Nachwuchspolitiker, bestätigt die | |
| Gründe aus seinem Bekanntenkreis. Er hat aber gehört, dass es auch Ängste | |
| vor Ansteckung gebe, wenn man im Wohnheim auf engen Raum mit anderen | |
| zusammen wohnt. | |
| „Studierende rücken in der finanziellen Not enger zusammen“, erzählt eine | |
| BWL-Studentin, die ihren Namen nicht nennen will. Sie hätte letztes | |
| Frühjahr ihr Wohnheimzimmer bei einem privaten Wohnbetreiber aufgegeben und | |
| sei deutlich preiswerter zu einer Freundin gezogen. | |
| „Dort haben wir zwei Zimmer. Meine Freundin hat das Kinderzimmer für ihren | |
| Sohn geräumt, weil sie sich das wegen Wegfall des Studentenjobs nicht mehr | |
| leisten kann, und hat es an mich vermietet.“ Das Problem: Anmelden kann | |
| sich die BWL-Studentin dort nicht, weil der Vermieter einer Untervermietung | |
| nicht zustimmen würde. Sie musste sich darum eine Scheinadresse zulegen, wo | |
| sie nun ihre Post abholen muss. | |
| ## Rückgang internationaler Studierender | |
| Bettina Widner vom Studentendorf nennt einen weiteren Grund für die | |
| geringere Nachfrage nach Zimmern: Mit Beginn des ersten Lockdowns seien | |
| internationale Studenten ausgeblieben, die einen kurzfristigen Aufenthalt | |
| in Berlin eingeplant hatten. „Studierende sind in ihre Heimatländer | |
| zurückgekehrt und andere, die schon einen Mietvertrag hatten, sind gar | |
| nicht erst angereist.“ Langsam käme diese Klientel aber wieder nach Berlin. | |
| Die amtliche Statistik weist einen Rückgang neu immatrikulierter | |
| internationaler Studierender für Berlin um rund die Hälfte aus. Gründe sind | |
| coronabedingte Schwierigkeiten mit der Visabeschaffung, Streichungen von | |
| Stipendien oder einfach die Angst, in der Pandemie weit weg von zu Hause zu | |
| sein. | |
| Dem Asta der TU zufolge gibt es allerdings trotz einer gewissen Entspannung | |
| in den Studentenwohnheimen Fälle, wo das Studierendenwerk Studenten, deren | |
| reguläre Wohnzeit dort abgelaufen ist, die sich aber noch in der Endphase | |
| ihres Studiums befinden, mit Zwangsräumung droht. | |
| Dem Asta zufolge gab es mindestens einen Fall auch während der Pandemie. | |
| Eine Zwangsräumung konnte durch Einschaltung eines Anwalts abgewendet | |
| werden. Der Asta verlangt hier aber politisches Handeln und hat sich | |
| deswegen bereits im November an Landesregierung und Abgeordnetenhaus | |
| gewandt. | |
| 4 Mar 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.stw.berlin/ | |
| [2] https://www.studentendorf.berlin/de/ | |
| [3] https://asta.tu-berlin.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Marina Mai | |
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