# taz.de -- Die Grünen und Reichtum: Jein zur Vermögensteuer | |
> In Sachen Reichtum und Steuern drucksen die Grünen rum. Das ist peinlich | |
> und intellektuell unredlich, zumal sie sich sonst gern streitlustig | |
> geben. | |
Bild: „Ja, äh, nein, ich mein: jein!“ – ähnlich entschieden agieren die… | |
Die Band Fettes Brot hatte mal einen Hit, in dem ein Typ mit seinen Jungs | |
ein Dilemma bespricht. Seine Freundin ist weg und bräunt sich in der | |
Südsee, sein Budget war klein, willkommen im Verein, da kommt eine Andere | |
und fragt: „Na Kleiner, hast du Bock auf Schweinereien?“ „Ja klar, äh, | |
nein, ich mein: jein!“ | |
Ähnlich entschieden agieren die Grünen bei der Vermögensteuer und – größ… | |
gedacht – bei der [1][himmelschreiend ungerechten Spaltung des Landes in | |
Arm und Reich]. Eigentlich tritt die Partei für eine Vermögensteuer und | |
eine fairere Erbschaftsteuer ein. So steht es jedenfalls im Programm, so | |
haben es Parteitage beschlossen. | |
Die Gründe sind einleuchtend: Die [2][oberen zehn Prozent in Deutschland | |
besitzen gut zwei Drittel des Nettovermögens], also Immobilien, Aktien, | |
dicke Sparguthaben. Die untere Hälfte besitzt fast nichts. Wohlhabende | |
hinterlassen nachweisbar den größten ökologischen Fußabdruck. Wer viel Geld | |
hat, hat Macht – und kann seine Interessen durchsetzen. Armut hingegen | |
mindert nachweislich die Lebenschancen. | |
Aber die Grünen wissen, dass Pläne für Vermögensbesteuerung hart attackiert | |
werden – [3][von der Union, der möglichen Koalitionspartnerin], von der | |
konservativen Presse, von wichtigen Wirtschaftsverbänden oder dem Bund der | |
Steuerzahler. Wenn man als Journalist mit Grünen über Steuerpolitik reden | |
will, passiert deshalb immer das Gleiche: Die Pressestelle antwortet, dass | |
man das Thema lieber nicht setzen wolle, FachpolitikerInnen antworten | |
entweder gar nicht, verweisen auf andere oder autorisieren nur windelweiche | |
Aussagen. Vermögensteuer? „Ja klar, äh, nein, ich mein: jein!“ | |
Dieses bewusste Verschleiern einer von der Parteibasis beschlossenen | |
Position ist peinlich und intellektuell unredlich, zumal Grüne anderswo | |
gerne für sich in Anspruch nehmen, mutig und streitlustig zu sein. Der | |
Partei wird manchmal zu Unrecht unterstellt, ihre Positionen mit Blick auf | |
eine künftige Regierungsbeteiligung und in vorauseilendem Gehorsam | |
weichzuspülen. Beim wichtigen Thema Verteilungsgerechtigkeit stimmt es | |
leider. | |
3 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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