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# taz.de -- Gerichtsverhandlung zu Einlasskontrolle: Zu alt für Technomucke?
> Ein 44-jähriger Mann wird bei einem Elektro-Festival abgewiesen – und
> sieht sich diskriminiert. Jetzt verhandelt der Bundesgerichtshof.
Bild: Laut Gesetz gelten die gleichen Maßstäbe für Alters-Diskriminierung un…
Karlsruhe taz | Hat ein 44-Jähriger das Recht, ein Techno-Festival für
junge Leute zu besuchen? Oder darf der Veranstalter sein Zielpublikum eng
und homogen definieren? Darüber hat an diesem Donnerstag der
Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt. Die Frage hat große Bedeutung für das
Anti-Diskriminierungsrecht.
Konkret geht es um einen Vorfall beim jährlichen Festival Isarrauschen in
München. Dort legen rund 30 DJs elektronische Musik auf. Im August 2017
wollte der 44-Jährige – ein Jurist – gemeinsam mit seinen 36- und
46-jährigen Begleitern das Festival besuchen und wurde nicht eingelassen.
Der Veranstalter – die Life-is-Good-Gmbh – argumentierte, der Jurist passe
nicht zur Zielgruppe der „Partygänger“ zwischen 18 und 28 Jahren. Man
entscheide nach dem optischen Eindruck.
Gegen diese Abweisung klagte der 44-Jährige und verlangte tausend Euro
Entschädigung. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbiete bei
Massengeschäften eine Diskriminierung nach dem Alter. Als Massengeschäft
gelten zum Beispiel Einkäufe im Supermarkt oder der Besuch eines
Restaurants.
Doch das Landgericht München I lehnte die Klage im März 2020 ab. Das AGG
sei gar nicht anwendbar, da es sich beim Isarrauschen-Festival weder um ein
Massengeschäft noch um etwas Ähnliches handelte. Indiz: Tickets konnten nur
vor Ort und erst nach einer rigiden Einlasskontrolle erworben werden. Ein
Vorverkauf mit freiem Verkauf an alle fand nicht statt. Es sei ein Grund
für den Erfolg solcher Veranstaltungen, so das Landgericht, dass ein nach
Alter und Aufmachung homogenes Publikum zusammenkomme, das unter sich
bleiben wolle.
## Ein „sachlicher Grund“?
In der Revision beim BGH ging es schnell um Grundsätzliches. „Das AGG wäre
ein zahnloser Tiger, wenn schon dann keine Diskriminierung vorliegt, weil
der Veranstalter eine enge Zielgruppe definiert hat“, argumentierte
Matthias Siegmann, der Anwalt des Klägers.
„Was machen wir denn, wenn ein Veranstalter ein Fest ‚nur für Weiße‘
anbietet, die homogen unter sich feiern wollen? Ist das dann keine
Diskriminierung von Schwarzen?“ Laut Gesetz gälten schließlich die gleichen
Maßstäbe für [1][Alters-Diskriminierung] und andere Diskriminierungen, so
Siegmann.
Als Vertreter des Veranstalter betonte Rechtsanwalt Thomas Kofler: „Die
Leute sollen sich wohlfühlen, darauf kommt es an.“ Das sei der „sachliche
Grund“ für die Altersgrenze. Der Veranstalter sei auf die Feierlaune des
Publikums angewiesen, weil er ein großes wirtschaftliches Risiko auf sich
nehme. Eine Altersgrenze sei auch nicht so willkürlich wie eine
Diskriminierung nach der Hautfarbe.
Matthias Siegmann, der Anwalt des Klägers, sah die Freiheit des
Veranstalters nicht unmäßig eingeschränkt. „Niemand macht ihm Vorgaben zum
Programm. Wenn es 15 Stunden lang Techno, House und Deep House gibt, dann
kommen automatisch vor allem Jüngere.“ Ein Veranstalter müsse keine
Blasmusik anbieten, um Ältere nicht zu diskriminieren. Aber er könne nicht
einfach einen Teil der Interessierten als Publikum ausschließen. Es gebe
eben auch [2][Ältere, die gerne zu elektronischer Musik tanzen].
Der abgewiesene Münchener Jurist, ein notorischer AGG-Kläger, nahm nicht an
der Karlsruher Verhandlung teil. Der BGH will am 5. Mai sein Urteil
verkünden.
25 Feb 2021
## LINKS
[1] /Diskriminierung-wegen-des-Alters/!5102456
[2] /Hipster-Opa-Guenther-Krabbenhoeft/!5711176
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Musikfestival
München
Klage
Elektro
Techno
BGH
Bundesgerichtshof
Whistleblower
Schwerpunkt Afghanistan
Schwerpunkt Rechter Terror
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