# taz.de -- Ein Jahr nach dem Anschlag von Hanau: Deine Trauer, meine Trauer | |
> Mitunter wird das Gedenken an Opfer rechten Terrors und islamistischen | |
> Terrors gegeneinander ausgespielt. Wer das tut, verharmlost die Gewalt. | |
Bild: Ein Jahr danach: Gedenken an die Opfer den Anschlags von Hanau am 19. Feb… | |
Bei den unzähligen Behördenversagen rund um den rassistischen Anschlag in | |
Hanau fällt es schwer, noch mitzukommen. Angehörige der Ermordeten sowie | |
die Überlebenden [1][stellen ihre Fragen unermüdlich]: Warum ermittelte die | |
Staatsanwaltschaft nicht gegen den Täter, obwohl ihr sein antisemitisches, | |
rassistisches und misogynes Manifest schon vor dem 19. Februar 2020 vorlag? | |
Warum konnte er [2][legal Waffen besitzen, obwohl er polizeibekannt und mit | |
Zwangseinweisung in der Klinik war]? Warum wurde anstelle Vili Viorel Păuns | |
eine Sterbeurkunde auf den Namen seines lebenden Vaters ausgestellt? | |
Warum wurden die Ermordeten ohne Einverständnis der Angehörigen obduziert? | |
Warum überhaupt, die Todesursache war doch offensichtlich? Warum war der | |
Notausgang in der Arena Bar, einem der Tatorte, versperrt? Warum wurden die | |
Angehörigen so spät informiert? Warum wurden sie wie Täter_innen behandelt? | |
Und nicht vor dem Vater des Täters, der die Ideologie seines Sohns | |
fortsetzt [3][und möglicherweise vom Anschlagsplan wusste, gewarnt]? | |
Für diese Erkenntnisse ist nicht etwa exzellente Polizeiarbeit, wie Hessens | |
Innenminister Peter Beuth die Behörden lobt, verantwortlich, sondern die | |
Überlebenden, Angehörigen und Journalist_innen. Institutionelles Versagen | |
klingt bei diesem Ausmaß beinahe nach einer Untertreibung. | |
Und dann ist da das gesellschaftliche Versagen. Der 19. Februar 2020 war | |
ein Angriff auf ein Viertel der Gesellschaft. Mindestens. Auf der einen | |
Seite gibt es jene, für die seitdem kein Tag vergeht, an dem sie nicht an | |
Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, | |
Mercedes Kierpacz, Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu und | |
Kaloyan Velkov denken. Die auf Demos, Kundgebungen, Sozialen Medien und | |
durch lokale Arbeit erinnern. | |
## Karneval und Breitscheidplatz statt Hanau | |
Auf der anderen Seite stehen jene, die am 20. Februar 2020 Karneval | |
feierten, oder jene, die am vergangenen Freitag auf Twitter | |
„Breitscheidplatz“ zum Trenden brachten. Sie fühlten sich in ihrem Gedenken | |
an den islamistischen Anschlag vom 19.12.2016 durch Hanau, äh, | |
benachteiligt. Viele Profile dieser Personen lassen vermuten, dass sie | |
außer der Forderung Racial Profiling und Abschiebungen wenig gegen | |
Islamismus unternehmen. | |
Auf linken Demos gegen Islamismus wird man diese Leute wohl nicht treffen. | |
Auch die Arbeit des Untersuchungsausschusses zum Breitscheidplatz wird sie | |
kaum interessieren, obwohl hier ebenfalls von Behördenversagen die Rede | |
ist. Ihr „Kampf gegen Islamismus“ wird ein völkischer sein, oder er wird | |
nicht stattfinden. | |
Dass der Jahrestag von Hanau als Anlass genutzt wird, um ein Leid gegen das | |
andere auszuspielen und vom Trauern abzulenken, ist unerträglich. Beide | |
Anschläge waren ein Angriff auf die Gesellschaft. Sie geht in Shisha-Bars | |
und Kiosken und auf Weihnachtsmärkte. Wer nur letzteren Ort als ihr Symbol | |
wahrnimmt, ist Teil ihres Versagens. | |
24 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Podcast-zum-Attentat-von-Hanau/!5747381 | |
[2] /Waffenrecht-in-Deutschland/!5747097 | |
[3] https://spotify_presse.prowly.com/127526-190220-ein-jahr-nach-hanau-neuer-s… | |
## AUTOREN | |
Hengameh Yaghoobifarah | |
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