# taz.de -- Hausbrand in Kreuzberg: Ausgebrannte Mieter*innen | |
> Ein Jahr nach dem Brand warten die Bewohner*innen noch immer auf eine | |
> Rückkehr. Sie befürchten: Das will der Eigentümer gar nicht. | |
Bild: Es brennt in der Graefestraße 13 | |
BERLIN taz | Ende Januar vergangenen Jahres mussten die Mieter*innen der | |
Graefestraße 13 fluchtartig ihre Wohnungen verlassen. In dem Kreuzberger | |
Altbau war in einer Wohnung im zweiten Stock ein Feuer ausgebrochen, die | |
Feuerwehr rückte mit 80 Einsatzkräften an. Durch die Rußentwicklung und den | |
Einsatz von Löschwasser ist das Haus unbewohnbar geworden. | |
Genau ein Jahr später warten die Mieter*innen immer noch auf ihre | |
Rückkehr. Eine Auskunft, wann es so weit sein wird, sind Vermieter und | |
Hausverwaltung bislang schuldig geblieben. Mieterin Elke Reck (*Name von | |
der Reaktion geändert) sagt: „Es gibt keine Perspektive, aber auch keine | |
Alternative.“ Zwar seien im vergangenen Jahr Sanierungsarbeiten | |
durchgeführt worden, aber inzwischen tue sich nichts mehr. Eine neue | |
Wohnung kommt für Reck nicht infrage: Wie andere wohnt sie bereits seit | |
Jahrzehnten in dem Haus. Aufgrund der lang bestehenden Verträge sind die | |
Mieten günstig. | |
Inzwischen allerdings befürchten die verbliebenen fünf Mietparteien – eine | |
durfte zurück, zwei sind bereits umgezogen –, dass der Vermieter gar kein | |
Interesse an ihrer Rückkehr hat. Das letzte Mal, dass jemand mit ihnen | |
gesprochen hat, war im Sommer. Damals stellten die betroffenen | |
Mieter*innen den Hausverwalter bei einem Termin. | |
Er habe ihnen erzählt, dass der Eigentümer das Haus über die Beseitigung | |
der Brandschäden hinaus sanieren möchte. Für die Mieter*innen war damit | |
klar, „dass die Sanierung der Wohnungen bewusst verzögert wird, weil der | |
Vermieter die geplante Grundsanierung und den Dachgeschossausbau mit der | |
Brandsanierung kombinieren möchte“, wie sie im August in einem Brief an | |
Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) schrieben. | |
## Individuelle Lösungen? | |
Auf einen Brief der Hausgemeinschaft an den Münchener Privateigentümer habe | |
dessen Sohn geantwortet und mitgeteilt, dass sich der Zustand des Hauses – | |
von dem Reck sagt, dass es sich in einem „guten Zustand“ befunden habe – | |
schlechter sei als angenommen. Den Mieter*innen stellte er individuelle | |
Lösungen in Aussicht. Für Reck ist das ein „Versuch, uns zu spalten“, den | |
man ablehne. Im Herbst wurden dann Brandschäden beseitigt, im Dezember | |
sollte eine Firma eine Asbestsanierung durchführen, zum Jahresanfang die | |
Wohnungen wieder bezugsfertig gemacht werden. | |
Bei einem Gerichtsprozess Anfang Dezember, bei dem eine Mietpartei ihren | |
Rückzug in ihre Wohnung einklagen wollte, wurde vom Anwalt des Eigentümers | |
ein neues Gutachten präsentiert, wonach die Statik des Hauses nicht in | |
Ordnung und ein Schwamm festgestellt worden sei. Ein Wiedereinzug wäre | |
nicht vor Ende 2021 möglich. Für die Mieterinnen war das ein Schock, auch | |
ein finanzieller. Die Hausratsversicherungen bezahlen ihre Ersatzwohnungen | |
nur für einen begrenzten Zeitraum, ebenso die Lagerkosten für den | |
untergestellten Hausrat. | |
Auf Anfrage der taz heißt es vonseiten des Eigentümers, es sei vorgesehen, | |
das Haus „wieder in einen zu Wohnzwecken geeigneten Zustand zu versetzen“, | |
es „statisch zu ertüchtigen“ und eine „Schwammsanierung“ durchzuführe… | |
Planunterlagen würden „mit dem Bezirksamt abgestimmt“. Davon und von der | |
„stark eingeschränkten Verfügbarkeit geeigneter Fachfirmen“ sei, so der | |
Eigentümer, abhängig, wann die Mieter*innen zurückkönnen. Wann dies so | |
weit sein werde, lasse sich „derzeit noch nicht seriös beantworten“. | |
Der Bezirk teilte auf Anfrage mit, es habe keine gesetzliche Handhabe aktiv | |
zu werden, „so lange vom Eigentümer prüfbar Sanierungsarbeiten mit | |
Gutachten und entsprechenden Unterlagen angemeldet werden“, die dafür Sorge | |
tragen „Gefahren abzustellen, die von Gebäuden ausgehen können“. Eine | |
Leerstandsgenehmigung für zwei freistehende Wohnungen sei „auf Grundlage | |
der vorliegenden ausführlichen Gutachten und Sanierungspläne“ bis Ende des | |
Jahres erteilt worden. Ebenso hieß es: „Den Mieter*innen kann nur | |
dringend geraten werden, weiterhin auf der Erfüllung ihrer alten und damit | |
günstigen Mietverträge zu drängen und nicht aufzugeben.“ | |
29 Jan 2021 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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