# taz.de -- Debatte um Homeoffice in Berlin: „Die Sanktionen sind zu niedrig�… | |
> Der Senat hätte mehr Homeoffice in Berlin durchsetzen können, meint Laura | |
> Dornheim (Grüne). Die Unternehmen kämen zu billig davon. | |
Bild: Homeoffice kann auch Vorteile haben | |
taz: Frau Dornheim, der Senat hat doch keine schärferen Homeoffice-Regeln | |
beschlossen. Sozialsenatorin Breitenbach hatte das ursprünglich vor. Was | |
halten Sie davon? | |
Laura Dornheim: Der Entwurf von Senatorin Breitenbach ist leider nicht | |
rechtssicher. Aber ich glaube, es hätte durchaus Möglichkeiten gegeben, die | |
Verordnung in Berlin mit mehr Nachdruck umzusetzen | |
Die Grünen, für die Sie selbst in Lichtenberg für die Bundestagswahl | |
kandidieren wollen, sind Teil dieser Regierung. | |
Noch bin ich nur ehrenamtliche Grüne, aber ich bin natürlich in Kontakt mit | |
unserer Fraktion und versuche, die Problematik zu verdeutlichen. | |
Die Bundesverordnung besagt: Homeffoice muss überall zugelassen werden, wo | |
es die Tätigkeiten erlauben. Ist Ihnen das zu lasch? | |
Keineswegs. Dafür, dass sich die SPD gegen die Union durchsetzen musste, | |
ist das ein großer Schritt. Bislang gab es nur die Bitte an alle | |
Unternehmen, Homeoffice zu ermöglichen. Aber das Problem bei der neuen | |
Regelung sind die Sanktionen. | |
Die gibt es praktisch nicht? | |
Doch, aber dahin muss man erst mal kommen. Am Montag schrieb mir eine Frau, | |
die in der Privatwirtschaft tätig ist, ihr Chef bestehe nach wie vor auf | |
Präsenzarbeit. Sie kann ihren Job nicht riskieren, weil davon ihre Existenz | |
und die ihres Kindes abhängt. Ich bekomme täglich viele solcher | |
Nachrichten. Obwohl es inhaltlich keinen Grund dafür gibt, haben viele | |
Vorgesetzte einen Präsenzfetisch. Auch mit der neuen Verordnung haben sie | |
leider relativ wenig zu befürchten. | |
Was ist das Problem? | |
Die Verordnung besagt klipp und klar, dass es rechtswidrig ist, wenn | |
Homeoffice möglich ist, aber verweigert wird. Selbst bei fehlenden Laptops | |
darf Homeoffice maximal ein paar Tage aufgeschoben werden. Um Beschwerde | |
einlegen zu können, muss man aber erst mal den Weg dahin finden. Zuständig | |
sind die Arbeitsschutzbehörden. Deren Kontaktdaten verstecken sich auf der | |
Unterseite der Unterseite der Unterseite. Und dann nimmt die Behörde mit | |
den Unternehmen erst mal Kontakt auf und fordert die Daten an. | |
Wie ließe sich das Ganze verbessern? | |
Man könnte die Sanktionen erhöhen. Für ein größeres Unternehmen ist das | |
maximale Bußgeld von 30.000 Euro nicht sonderlich erschreckend. Auch müsste | |
man die Regelung viel stärker kommunizieren. Viele Beschäftigte schrieben | |
mir, dass die Unternehmen die neuen Vorgaben interpretieren, wie sie lustig | |
sind. | |
Was hören Sie da so? | |
„Wir machen kein Homeoffice, aber dafür stellen wir euch Masken zur | |
Verfügung“. Dabei ist das Ganze definitiv kein Entweder-oder-Wunschkonzert. | |
Und was die Kontrollen betrifft, müsste das Ordnungsamt den | |
Arbeitsschutzbehörden zur Seite stehen. | |
Haben Polizei und Ordnungsämter nicht schon genug zu tun, die | |
Infektionsschutzmaßnahmen zu überwachen? | |
Ja, bei privaten Hochzeitsfeiern gibt es Razzien, aber bei Unternehmen | |
überhaupt nicht. Da stimmt doch was nicht. | |
Ende 2020 haben Sie den Aufruf gestartet: „Macht die Büros zu“. Was hat Sie | |
bewogen? | |
Das war relativ spontan. Ich bin durch Berlin geradelt und habe gesehen, in | |
wie vielen Büros noch Leute sitzen. Obwohl es Firmen waren, wo die Leute | |
nicht essenziell präsent sein mussten. Angesichts der hohen Infektions- und | |
Todeszahlen und auch der Einschränkungen in den privaten Bereichen finde | |
ich das absolut unverhältnismäßig. Nach der neuen Verordnung darf ich mich | |
nicht mal mehr mit einer Freundin und unseren beiden Kindern im Park zu | |
einem Kaffee treffen. Aber im Büro könnte ich theoretisch mit zehn Leuten | |
Kaffee trinken. | |
Manche Leute arbeiten viel lieber im Büro. | |
Bei einer vierköpfigen Familie und beengten Verhältnissen, wo alle arbeiten | |
und Homeschooling machen, verstehe ich das. Weil man da sonst kurz vorm | |
Durchdrehen ist. Aber wenn Einzelne sagen, mir fällt zu Hause die Decke auf | |
den Kopf, habe ich dafür in der aktuellen Situation kein Verständnis. | |
Was sagen Sie dazu, dass es im Homeoffice keinen richtigen Feierabend mehr | |
gibt? | |
Das kann auch Vorteile haben. Das Ganze ist auch eine Frage der | |
Führungskultur und des Vertrauens in die Mitarbeiter. | |
26 Jan 2021 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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