# taz.de -- Countdown für die Winterspiele 2022: Der olympische Schein | |
> Das Internationale Olympische Komitee lädt die Welt offiziell für 2022 | |
> nach China ein. Proteste dringen in die olympische Parallelwelt nicht | |
> ein. | |
Bild: Der Olympische Turm in Peking ein Jahr vor der geplanten Eröffnung der W… | |
Peking ist bereit für die Olympischen Winterspiele 2022. Das ist doch mal | |
eine gute Nachricht in diesen schwierigen Zeiten. Thomas Bach, der | |
Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), hat die Einladung | |
genau ein Jahr vor der geplanten Eröffnung der Spiele verkündet. | |
Die chinesischen Olympiamacher hatten zu einem Countdown-Event in das | |
National Aquatic Centre geladen. Dort hatte 2008 Michael Phelps acht | |
Goldmedaillen erschwommen. 2022 werden dort Curlingsteine geschoben. Kommen | |
durfte übrigens fast niemand zu der Party. Thomas Bach schon gar nicht. Der | |
sendete seine Botschaft aus dem virusgeplagten Europa noch Peking. | |
Es war beinahe schon niedlich anzusehen, wie die Olympia-Funktionäre | |
versucht haben, ihre Parallelwelt als heil und unangreifbar darzustellen. | |
„Safe and secure“, da war sich Bach gewiss, würden die Spiele werden, was | |
man mit „sicher und sicher“ übersetzen könnte oder mit „sicher und | |
gesichert“, was ganz gut passt, wenn man sich daran erinnert, welchen | |
Sicherheitsaufwand die Volksrepublik China einst für die Sommerspiele 2008 | |
betrieben hatte. | |
Dem Olympischen Zeremoniell entsprechend folgte dann die Einladung Bachs an | |
die Sportler der Welt, an den Spielen teilzunehmen. Und der übliche | |
Friede-Freude-Eierkuchen-Satz fiel natürlich auch in Bachs Grußwort. „Diese | |
Spiele werden die Menschen in China mit der Welt verbinden.“ | |
Dass zu diesem Countdown-Tag [1][180 Menschenrechtsorganisationen] die | |
Staats- und Regierungschefs in aller Welt dazu aufgefordert haben, sich | |
nicht für die Spiele benutzen zu lassen, mögen die Veranstalter mitbekommen | |
haben. Für sie sind die Forderungen von Organisationen wie dem | |
Internationalen Tibet-Netzwerk und dem Weltkongress der Uiguren | |
traditionell nicht viel mehr als Protestfolklore, die in der Welt der | |
Normalsterblichen ihren Platz haben mag, im olympischen Paralleluniversum | |
aber nichts zu suchen hat. | |
## Historisches PR-Desaster | |
Als dann die chinesischen Olympiaorganisatoren das Design der olympischen | |
Fackeln für die Winterspiele präsentiert haben, mögen bei vielen | |
Erinnerungen wach geworden sein an den Weg, den das Olympische Feuer 2008 | |
genommen hatte. Die Proteste von Aktivisten, die sich für ein freies Tibet | |
eingesetzt hatten, führten dazu, dass der damalige Präsident des IOC, | |
Jacques Rogge, von einer „Krise“ sprach. Die Welt war in seine Scheinwelt | |
eingedrungen. | |
Dabei sollte alles so schön werden bei dem Fackellauf vom antiken Olympia, | |
wo das Feuer traditionell in einem hellenischen Kostümspektakel entzündet | |
wird, durch die ganze Welt bis nach Peking. Als die Fackel durch London | |
getragen werden sollte, versammelten sich so viele Protestierende, dass die | |
vorolympischen Staffelläufer zwischenzeitlich in einen Bus umsteigen | |
mussten. In Paris plante man dann gleich um. Die Strecke wurden massiv | |
verkürzt. Auch das Abschluss-Event im Rathaus wurde gecancelt. Die Bilder, | |
wie Aktivisten versucht haben, das Feuer auf der Fackelstange zu löschen, | |
gingen damals um die Welt. | |
In San Francisco war es nicht viel besser. Dort fand am geplanten Ort der | |
Abschlussfeier für Olympia eine große Protestveranstaltung statt. So viel | |
Aufmerksamkeit hatte wohl kein Fackellauf seit [2][Etablierung dieser | |
Tradition] für die Olympischen Spiele 1936 in Nazi-Deutschland. | |
Das IOC hat damals schnell Konsequenzen aus dem vermasselten PR-Event | |
gezogen. Es formulierte harte Regeln und stellte klar, dass jeder seine | |
Olympiaakkreditierung verlieren werde, der sich auf den Anlagen der Spiele | |
etwa mit einer Tibetfahne zeigen würde. Der Kurs des Fackellaufs für die | |
Winterspiele im nächsten Jahr wird gerade noch erarbeitet. Man darf | |
gespannt sein, wie es die Organiusatoren diesmal schaffen wollen, die echte | |
Welt von der olympischen fernzuhalten. | |
5 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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