# taz.de -- Escape-Game von Bibliothekarinnen: Nachts allein unter Büchern | |
> Die Stadtteilbibliothek Friedrichshain-Kreuzberg hat sich ein | |
> Online-Escape-Spiel für Kinder ausgedacht. Kluge Idee – und ganz schön | |
> knifflig. | |
Bild: Wo bitte geht's hier zum Ausgang? | |
Sport treiben, in Kinos, Bars und Restaurants gehen – wie oft hört man in | |
diesen Tagen, wie sehr all dies fehlt. Und je l[1][änger der Lockdown | |
andauert], desto resonanter wirken diese Sehnsüchte. Während die Klagen | |
meist um nicht mehr existente Freizeitbeschäftigungen von Erwachsenen | |
kreisen, vergisst man leicht, dass auch Kinder auf vieles verzichten | |
müssen. Und wenn man sie fragen würde, was sie gerade am dollsten | |
vermissen: Die meisten Kinder würden wohl kaum als Erstes die Bibliotheken | |
nennen. | |
Dabei muss eine Bibliothek ja nicht nur ein Ort der stillen Lektüre sein. | |
Es kann auch abenteuerlicher zugehen. Die Bibliothek Mitte veranstaltete | |
schon vor der Pandemie sogenannte Escape-Spiele. Dabei werden Teilnehmende | |
in einen Raum eingeschlossen. Um sich zu befreien, müssen sie verschiedene | |
Rätsel lösen und einen Safe mit Tucholsky-Manuskripten knacken. | |
Im echten Leben geht so etwas natürlich gerade nicht. Die Stadtbibliothek | |
Friedrichshain-Kreuzberg bietet daher jetzt ein Escape-Spiel für Kinder | |
online an. Alles, was man braucht, ist ein Smartphone oder ein Tablet. Das | |
Problem ist also nicht mehr, in die Bibliothek rein-, sondern wieder aus | |
ihr herauszukommen. | |
Über die App Actionbound finden sich die Spieler:innen alleine in der | |
dunklen Bibliothek wieder. Hinter ihnen fällt die Tür ins Schloss. Schnell | |
begegnen ihnen allerhand sprechende Tiere, die durch die Story und eine | |
Reihe von Rätseln führen. Ein Chamäleon etwa oder der „Berlin-Bär“ | |
erscheinen zwischen den Regalen. | |
## Eule Elsa ruft | |
Dabei verbinden sich Bild- und Tonspuren mit interaktiven Elementen. In | |
einer Aufgabe ordnet man so zum Beispiel Romantitel ihren Autor:innen | |
zu. In einer anderen weckt man die schlafende Eule Elsa mit einem Eulenruf | |
per Voice Memo. Wenn alle Rätsel gelöst sind, bekommt man zur Belohnung die | |
Schlüssel und darf die Bibliothek verlassen. | |
Auffällig ist, wie detailverliebt das Spiel gestaltet wurde. Besonders | |
niedlich erscheinen die kleinen Tiercharaktere, gesprochen von den | |
Macherinnen des Spiels. Da kann man auch darüber hinwegsehen, dass das | |
Spiel nicht gerade eine [2][Virtual-Reality-Erfahrung] bietet. Gestaltet | |
haben es schließlich keine Game-Developer, sondern die Bibliothekarinnen | |
selbst. | |
Und auch wenn sie das Spiel für Kinder ab der vierten Klasse konzipiert | |
haben, sind manche Rätsel technisch gar nicht so einfach zu lösen. Für eine | |
Aufgabe beispielsweise muss man gleichzeitig sein Handy drehen und zoomen, | |
um die Büchertitel überhaupt lesen zu können. Vor allem bei jüngeren | |
Kindern ist es daher empfehlenswert, zunächst mit älteren Geschwistern oder | |
Erwachsenen gemeinsam zu spielen. | |
Ganz real kann man dann ab Montag wieder in die Bibliothek. Dass man dabei | |
vergessen wird und solch ein Abenteuer blüht wie im Spiel, ist allerdings | |
leider eher unwahrscheinlich. Im Leihbetrieb soll man seine Bücher nämlich | |
ganz schnell ausleihen und nach spätestens einer halben Stunde wieder | |
gehen. Mal schauen, ob sich künftig dann vermehrt Kinder in den | |
Bibliotheken verstecken werden, um endlich wieder ein paar abenteuerliche | |
Stunden unter Büchern zu verbringen. | |
17 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Oscar Fuchs | |
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