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# taz.de -- Ausfälle bei E-Bussen: Von Moskau lernen
> Die Winterkälte hat zu kleineren Problemen bei der E-Bus-Flotte der BVG
> geführt. Ein Blick in die Ferne zeigt: Es könnte noch schlimmer kommen.
Bild: Stinken nicht, werden aber manchmal müde: E-Busse
Menschen mit iPhone kennen das Problem: Eigentlich läuft das Maschinchen
ganz prima, aber wehe, man zieht es bei – selbst gefühlten –
Minustemperaturen draußen aus der Tasche. Schwupps, macht der Akku schlapp,
und man fragt sich, warum die Powerbank ausgerechnet jetzt zuhause im
Warmen liegen muss.
Ähnliches kann im Prinzip jeder schlechten oder älteren Batterie passieren.
Und seit der Winter in Berlin wieder ein echter Winter ist, scheint es auch
den nagelneuen E-Bussen der BVG so zu gehen. Allein am vergangenen Montag
kam es auf den elektrisch bedienten Linien zu 23 Ausfällen, wusste am
Mittwoch die Berliner Morgenpost zu berichten.
Bei der BVG dementiert man das nicht, versucht es aber ins rechte Licht zu
rücken: „Es sind gerade mal 1,7 Prozent der Leistung ausgefallen“, erklärt
Sprecherin Petra Nelken, „und zwar der Leistung auf den E-Bus-Linien, nicht
im gesamten Bus-Netz.“ Zur Einordnung: Die rund 1.500 Busse, die für die
BVG unterwegs sind, sollen bis 2030 auf Elektroantrieb umgestellt sein,
bislang sind es aber erst 138.
„Niemand musste auf offener Strecke abgeschleppt werden“, betont Nelken.
Die Fahrer hätten lediglich der Leitstelle Bescheid gegeben, dass sie ihre
komplette Tour mit der vorhandenen Ladung wohl nicht schaffen würden und
vorzeitig ins Depot zurückkehren müssten. Daraufhin seien andere Busse –
auch dieselbetriebene – zur Ablösung an die Endhaltestellen geschickt
worden.
„Durch die Traktorendemos hatten wir zuletzt mehr Ausfälle“, so die
BVG-Sprecherin. Man werde trotzdem mit den Herstellern sprechen – in erster
Linie sind bislang Busse des polnischen Herstellers Solaris betroffen. Das
Problem bei der winterlichen Kälte ist offenbar, dass zu viel Energie für
die Heizung aufgewandt werden muss. Die wird aus demselben Grund in vielen
E-Bussen weltweit weiterhin mit Diesel betrieben, nicht aber in Berlin: Die
Fahrzeuge sollen zu 100 Prozent lokal emissionsfrei sein, so die Vorgabe
der grünen Senatsverkehrsverwaltung.
Der Sprecher des Fahrgastverbands IGEB e. V., Jens Wieseke, kritisierte am
Mittwoch die pauschale Entscheidung Berlins für die teuren Batteriebusse
erneut als „Symbolpolitik“ und Ressourcenverschwendung. „Wir sind überha…
nicht gegen eine ökologische Verkehrswende“, so Wieseke. Wenn der Umstieg
auf Batteriebusse aber bedeute, dass Menschen nicht zuverlässig zur Arbeit
oder nach Hause kämen, „wird genau dieses Ziel nicht erreicht. Dann steigen
sie nämlich doch wieder ins Auto.“
## Erfahrungen aus Russland
Welche Probleme die möglicherweise vorschnelle Anschaffung von
Batterietechnologie mit sich bringen kann, weiß ein anderes IGEB-Mitglied
zu berichten: Der russische TU-Doktorand Konstantin Ponomarev hat sich
eingehend mit der großangelegten Modernisierung des Moskauer ÖPNV in den
vergangenen Jahren beschäftigt. Dort wurden seit 2018 mittlerweile 600
E-Busse angeschafft, sie haben unter anderem den größten Teil der
traditionellen Obus-Linien ersetzt.
Die mit Lithiumtitanat- und Lithium-Ionen-Batterien bestückten Busse werden
als umweltfreundliche und flexible Lösung beworben, schon bald
registrierten Blogger jedoch Probleme bei der Reichweite, und nicht nur im
Winter. „Es passiert immer wieder, dass Busse auf der Strecke ausfallen und
abgeschleppt werden müssen, oder dass sich vor den Ladestationen lange
Schlangen bilden“, so Ponomarev. Im Übrigen sei der „Lebenszyklus“ dieser
Busse auf 15 Jahre veranschlagt, schon nach der Hälfte der Zeit müssten
aber die Batterien ausgetauscht werden – und die machen immerhin ein
Drittel der Anschaffungskosten aus.
Trotz allem geht die Beschaffung in Moskau weiter. Ponomarev hat eine Idee:
„Trotz aller Schwierigkeiten bei den Beziehungen zwischen beiden Ländern
gibt es ja weiterhin gemeinsame Foren wie die Städtepartnerschaft. Ich
würde vorschlagen, dass sich Berlin und Moskau zu diesem Thema austauschen
und von den jeweiligen Erfahrungen profitieren.“
11 Feb 2021
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Batterien
Moskau
BVG
Elektromobilität
Regine Günther
Grüne Berlin
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