# taz.de -- Berliner Politik und Corona: Grüne wollen digitale Sitzungen | |
> Parlamente sollten auch online rechtssicher tagen können. Das fordern | |
> Politiker, nachdem eine BVV-Sitzung wegen eines Coronafalls abgebrochen | |
> wurde. | |
Bild: Ein Lichtenberger BVV-Mitglied bekam sein positives Testergebnis mitten i… | |
BERLIN taz | Lichtenbergs Grüne fordern, dass Sitzungen der | |
Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) in Berlin während der Pandemie nur | |
noch digital stattfinden sollen. „Die Durchführung der BVV als | |
Präsenzveranstaltung in dieser Phase der Pandemie ist ein fatales Zeichen | |
an die Bürger*innen des Bezirks, die dazu aufgerufen sind, physische | |
Kontakte konsequent einzuschränken“, sagt Bezirkschef Philipp Ahrens der | |
taz. | |
Anlass seiner Forderung ist ein Vorfall während der BVV in seinem Bezirk in | |
der vergangenen Woche: Ein Verordneter der Linken bekam während der | |
Sitzung, die in einer Schulaula stattfand, einen Anruf seines Hausarztes. | |
Der wollte ihm mitteilen, dass sein Coronatest positiv ausgefallen sei. Die | |
BVV wurde daraufhin abgebrochen. Das Bezirksamt hat inzwischen ein | |
Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den positiv getesteten Kommunalpolitiker | |
eingeleitet. Ihm droht eine Geldstrafe. Denn mit einem noch ausstehenden | |
Coronatest hätte er sich eigentlich in häusliche Quarantäne begeben müssen | |
und keine BVV besuchen dürfen. | |
Grüne und SPD in Lichtenberg fordern deshalb Aufklärung. Sollte ein | |
Fehlverhalten des Mannes festgestellt werden, so sollte das ihnen zufolge | |
Konsequenzen haben. Die SPD bringt einen Mandatsverzicht in die Diskussion, | |
falls der Mann wissentlich andere Verordnete gefährdet haben sollte. Die | |
Linke hält dagegen. Fraktionschef Norman Wolf nannte gegenüber der dpa das | |
Verhalten seines Kollegen zwar „leichtsinnig“. Aber er sagte auch, dass | |
dieser nach einem Kontakt mit einer infizierten Person gerade eine | |
16-tägige Quarantäne absolviert hatte. Danach habe er sich freiwillig | |
testen lassen, was nach Ablauf einer Quarantäne nicht vorgeschrieben sei. | |
Mit einem positiven Testergebnis habe er nicht gerechnet. | |
## Gesetz ist noch nicht in Kraft | |
Das Abgeordnetenhaus hat erst letzte Woche ein Gesetz beschlossen, | |
demzufolge Bezirksparlamente als Videokonferenzen tagen dürfen. Es ist aber | |
laut Parlamentsvizepräsidentin Manuela Schmidt (Linke) noch nicht in Kraft, | |
was erst nach der Veröffentlichung im Amtsblatt in den nächsten Tagen der | |
Fall sein wird. Obwohl beispielsweise Reinickendorf bereits seit November | |
digital tagt und Friedrichshain-Kreuzberg und Marzahn-Hellersdorf im | |
Dezember bzw. Januar nachzogen, galt das ohne gesetzliche Grundlage als | |
nicht rechtssicher. Investoren, deren Bebauungspläne in einer | |
Digitalsitzung abgelehnt werden, könnten beispielsweise so einen Beschluss | |
als ungültig reklamieren, solange es für digitale abgehaltene Sitzungen | |
kein Gesetz gibt. | |
Mitte praktiziert ein Hybridmodell. In einigen Bezirken gibt es | |
Datenschutzbedenken. In Friedrichshain-Kreuzberg gab es so große technische | |
Probleme, dass die Digitalsitzung nach einer Stunde abgebrochen wurde. In | |
Spandau und Lichtenberg sind BVV-Sitzungen bereits ausgefallen, weil es | |
Probleme mit dem Hygienekonzept gab. In Steglitz-Zehlendorf hatte ein | |
Antrag der FDP, in Zukunft digital zu tagen, in der BVV keine Mehrheit | |
gefunden. | |
Grünen-Politiker Ahrens kritisiert auch das Hygienekonzept der | |
abgebrochenen BVV in Lichtenberg: So seien keine FFP2-Masken vorgeschrieben | |
gewesen, „obwohl absehbar war, dass diese Maskenpflicht kommt. Es hätte den | |
Kommunalpolitikern gut zu Gesicht gestanden, da Vorbild zu sein“, sagte er. | |
24 Jan 2021 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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