| # taz.de -- Kita-Notbetreuung im Lockdown: Kitas drängen auf klare Regeln | |
| > Immer mehr Eltern melden ihr Kind für die Notbetreuung an. Bisher setzt | |
| > der Senat auf Solidarität. Die Kitas fordern klare Regeln vom Senat. | |
| Bild: Die Kita-Gummistiefel haben gerade viel Zeit mal ordentlich zu trocknen | |
| Berlin taz | Kita-Träger, darunter einige landeseigene Betriebe und auch | |
| die mächtige Liga der Wohlfahrtsverbände mit insgesamt 12.000 Kitaplätzen | |
| in Berlin, fordern von Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) klarere | |
| Vorgaben für die Notbetreuung. Die Situation für die Kita-Leitungen vor Ort | |
| sei „zunehmennd angespannt“, heißt es, weil im vorerst [1][bis Ende Januar | |
| verlängerten Lockdown] nun doch zunehmend Eltern einen Betreuungsbedarf | |
| anmeldeten. | |
| Ursprünglich sollte der im Dezember beschlossene Lockdown, inklusive | |
| Notbetreuung in den Kitas und Schulen, bis zum 10. Januar gehen. Als dann | |
| vergangene Woche Mittwoch im Senat nach der Bund-Länder-Schalte die | |
| Verlängerung beschlossen wurde, schnellten die Anmeldezahlen in die Höhe. | |
| „Im Vergleich zur Vorwoche haben wir schon 430 Kinder mehr in der | |
| Betreuung“, sagt Heike Lentge, Regionalleiterin für die Kita-Fachaufsicht | |
| bei den Kindergärten SüdOst. Insgesamt ist der landeseigene Betrieb mit | |
| 4.700 Plätzen bei einer Auslastung von rund 43 Prozent angelangt. „Ich | |
| prognostizere, dass wir nächste Woche bei 65 Prozent sind“, sagt Lentge. | |
| Das wäre dann bereits nach den Vorgaben der Senatsjugendverwaltung das | |
| Maximum, das die Kitas in der Notbetreuung aufnehmen sollen. „Aber die | |
| Frage ist, wie gehen wir dann vor, wenn die 65 Prozent erreicht sind, wer | |
| bekommt eine Betreuung in welchem Umfang?“, fragt Katja Grenner, | |
| pädagogische Geschäftsleiterin bei den Kindergärten City, ebenfalls ein | |
| Eigenbetrieb des Landes. Auch bei den Kigä City merke man nach „einer eher | |
| ruhigen ersten Woche im neuen Jahr einen deutlich steigenden Bedarf“, sagt | |
| Grenner. Die Spannbreite bei der Auslastung in den Einrichtungen sei dabei | |
| sehr unterschiedlich und reiche „von 30 bis 70 Prozent“. Deutlich werde | |
| aber: Die Eltern seien zunehmend unter Druck. | |
| Den Druck bekommen die Kita-Leitungen vor Ort zu spüren – die ebenfalls | |
| zunehmend in der Zwickmühle sind. Denn einerseits könne man die Not der | |
| Eltern verstehen, sagen alle, andererseits komme man auch angesichts von | |
| Corona- und Quarantänefällen beim Personal an die eigenen Grenzen. Und: | |
| Werden die Kitas wieder voller, dürfte analog dazu auch das | |
| Infektionsgeschehen beim Personal steigen. Die Not der Eltern nimmt also | |
| zu, die Leistungsfähigkeit der Kitas nimmt ab. Keine gute Mischung. | |
| ## Auslastung im Schnitt bei 30 Prozent | |
| Aus der Jugendverwaltung heißt es, man beobachte die Zahlen sehr genau, um | |
| im Laufe der Woche „ggf. weitergehende Regelungen“ zu beschließen. Die | |
| Kita-Träger seien angehalten, mindestens zweimal wöchentlich den Umfang der | |
| in Anspruch genommenen Betreuung an die Jugendverwaltung zu übermitteln, | |
| teilt eine Sprecherin mit. Die Auslastung betrage rund 30 Prozent – | |
| allerdings Stand Freitag, also in der Shutdown-Woche, die alle Eltern | |
| ohnehin schon seit Mitte Dezember auf dem Schirm hatten. | |
| Bisher baut das Modell der Notbetreuung auf die Solidarität der Eltern: | |
| Anders als im Frühjahrs-Shutdown (und anders als bei der derzeitigen | |
| Notbetreuung in den Schulen) gibt es keine Listen mit systemrelevanten | |
| Berufen. Die Eltern sollen selbst mit den Kita-Leitungen aushandeln, | |
| welchen Bedarf in der Notbetreuung sie haben. Das habe bis jetzt noch | |
| funktioniert, sagt Grenner von den Kigä City. „Aber die Kita-Leitungen | |
| merken nun, dass sie nicht jeden Morgen die Bedarfe neu aushandeln und in | |
| Dienstpläne umsetzen können.“ | |
| Man brauche jetzt dringend klare Vorgaben von der Politik, sagt auch | |
| Dorothee Thielen, Vorsitzende Fachausschusses Kindertagesbetreuung bei der | |
| Liga und dem Dachverband der Kinder- und Schülerläden. Die Wiedereinführung | |
| der Systemrelevanz-Listen, wie Scheeres schon angedroht hatte, falls die | |
| Eltern sich nicht an das Gebot der Daheimbetreuung hielten, seien aber | |
| keine Lösung – man wolle, im Gegenteil, ein „Angebot für alle Kinder“, | |
| betont Thielen. Auch von anderen Trägern hört man: Mit den Listen aus dem | |
| Frühjahr könne man wenig flexibel auf Bedarfe eingehen, sie stifteten | |
| Unfrieden unter den Eltern. Und „am Ende, als immer mehr Berufe als | |
| systemrelevant galten, waren wir auch wieder bei 60 Prozent“, sagt Grenner. | |
| Es müsse vielmehr klar definiert werden, wie viele Stunden die Kitas in der | |
| Notbetreuung mindestens anbieten sollen – etwa „vier oder fünf Stunden“, | |
| schlägt Liga-Vorsitzende Thielen vor. Denn wenn alle Eltern auf einen Teil | |
| ihres vollen Betreuungsanspruchs verzichteten, könnten die Kitas „ein | |
| tägliches verlässliches Angebot für alle“ schaffen. „Die Kitas könnten … | |
| Gruppen halbieren und in eine Art Wechselmodell wie in den Schulen gehen“, | |
| sagt Thielen. In solchen „stabilen Kleingruppen“ werde dann endlich auch | |
| dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten mehr Rechnung getragen. | |
| ## Wer ist „kritische Infrastruktur“? | |
| Darüber hinaus müsse vonseiten des Senats klar formuliert werden, wer als | |
| Teil der „kritischen Infrastruktur“ eventuell einen höheren Betreuungsedarf | |
| habe – und den dann auch bekommen könne, wenn sich dafür alle im | |
| solidarischen Verzicht üben, hatte die Liga auch bereits in einer | |
| gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Dachverband der Kinder- und | |
| Schülerläden gefordert. | |
| Unterstützung bekommen die Kita-Träger für diese Linie auch vom | |
| Landeselternausschuss Kita. Dort hält man eine „Untergrenze von 5 Stunden“ | |
| Betreuung am Tag für zumutbar. Deren Vorsitzende, [2][Corinna Balkow, hatte | |
| im taz-Interview] gemahnt, auch Arbeitgeber und Politik müssten jetzt ihren | |
| Teil leisten. Balkow wirbt etwa für eine „unbürokratische Anhebung des | |
| Kindergelds auf 1.000 Euro“, um Verdienstausfälle durch Betreuungszeiten | |
| kompensieren zu können. | |
| Auf Bundesebene will das Kabinett am Mittwoch eine Ausweitung des | |
| Kinderkrankengelds beschließen. Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock hatte | |
| zu Wochenbeginn ein „Homeoffice-Gebot“ für Betriebe ins Gespräch gebracht. | |
| Die Gewerkschaft GEW kritisierte unterdessen, es fehle eine „Priorität bei | |
| den Impfungen“ für pädagogisches Personal. Laut Impfempfehlung des | |
| Robert-Koch-Instituts sind ErzieherInnen derzeit in Stufe 4 priorisiert. | |
| 12 Jan 2021 | |
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| [1] /Lockdown-Verschaerfung-in-Berlin/!5742773 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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