# taz.de -- Spielfilm „One Night in Miami“ online: Kampf für Gleichberecht… | |
> In „One Night in Miami“ treffen sich 1964 vier Schwarze Ikonen um Cassius | |
> Clay und Malcolm X. Sie debattieren kammerspielartig über Rassismus. | |
Bild: Cassius Clay (Eli Goree) beim Weltmeisterschaftskampf 1964, kurz bevor er… | |
Mitte der Sechziger sind Malcolm X, Soul-Sänger Sam Cooke, Football-Star | |
Jim Brown und die aufstrebende [1][Boxlegende Cassius Clay] als | |
erfolgreiche Afroamerikaner in einem feindlich gesinnten Umfeld seltene | |
Ausnahmeerscheinungen. Fast sechzig Jahre später hat ein enorm | |
dialogfixiertes Drama wie der Film „One Night in Miami“ um die genannten | |
vier Schwarzen Protagonisten (gespielt von Kingsley Ben-Adir, Leslie Odom | |
Jr., Aldis Hodge und Eli Goree) immer noch einen ähnlichen Seltenheitswert. | |
Basierend auf dem gleichnamigen Theaterstück von Kemp Powers, bringt die | |
Regisseurin [2][Regina King (Oscar als beste Nebendarstellering in „Beale | |
Street“)] ihre Protagonisten in einem Hotelzimmer in Miami zusammen. Es ist | |
die Nacht des 25. Februar 1964: Cassius Clay hat gerade den | |
Weltmeisterschaftskampf gegen Sonny Liston gewonnen und damit den | |
Grundstein für seinen Legendenstatus als Schwergewichtsboxer gelegt. Ein | |
solches Treffen gab es wirklich, die Gespräche wiederum sind fiktional. | |
Vorab werden die vier unterschiedlichen Persönlichkeiten vorgestellt – oder | |
treffender: sie werden auf ein spezifisches Moment in ihren Karrieren, in | |
denen sie Rassismus erfahren haben, verknappt. Dabei werden nicht nur | |
vergleichbare Erfahrungshorizonte, sondern vor allem Kontraste im Umgang | |
mit diesen Diskriminierungserfahrungen zutage gefördert. Kontraste, die im | |
Laufe des knapp zweistündigen Films zu Trennlinien anzuwachsen drohen. | |
Denn statt zur ausgelassenen Siegesfeier hat Malcolm X zur gemeinsamen | |
Reflexion geladen. Über die Strahlkraft dessen, was Clay an diesem Abend | |
erreicht hat, und die Möglichkeiten, auch Cookes und Browns Prominenz für | |
den Befreiungskampf der Schwarzen zu bündeln. Darüber, wie das Ziel dieses | |
Kampfes, aber auch der Kampf selbst aussehen soll, herrscht jedoch enorme | |
Uneinigkeit. | |
Dass NFL-Star Brown sich als Schwarzer Westernheld ein zweites Standbein | |
beim Kino aufzubauen versucht, wird von Sportlerkollege Clay belächelt. | |
Damit erfülle er wohlfeil eine Quote, seine Figur sterbe dem Filmklischee | |
entsprechend ohnehin als erste. Und während Soul-Legende Cooke seine | |
Auftritte vor einem weißen Publikum im „Copa“ als Triumph versteht, wirft | |
Malcolm X ihm seine ungenutzte Popularität vor. | |
## Kampf gegen Rassismus | |
So adressiert „One Night in Miami“ den andauernden Konflikt darum, ob man | |
ein System besser langfristig von innen verändert oder das Heil in einem | |
vollkommenen Umsturz desselben liegt. Den Widerstreit zwischen konkreten, | |
weltlichen Erfolgen, von denen vor allem Cooke und Brown zu träumen | |
scheinen – und den ideologisch aufgeladenen Zielen, denen sich Malcolm X | |
und Clay, der später noch seinen neuen Namen „Muhammad Ali“ verkünden wir… | |
durch ihre Verbindung zur radikalen „Nation of Islam“ verbunden fühlen. | |
Mit diesem Fokus auf intensive Debatten erinnert „One Night in Miami“ an | |
ähnlich kammerspielartige August-Wilson-Verfilmungen wie Denzel Washingtons | |
„Fences“, mehr noch an den kürzlich auf Netflix erschienen, von [3][George | |
C. Wolfe inszenierten „Ma Rainey’s Black Botto]m“. Anders als bei den | |
genannten Beispielen, drohen die Charaktere hier jedoch so manches Mal ins | |
Holzschnittartige abzugleiten. | |
Das Potenzial, ein tiefgründiges Streitgespräch zwischen vier höchst | |
unterschiedlichen, aber gleichermaßen spannenden Ikonen zu kreieren, bleibt | |
durch die etwas zu lineare Charakterzeichnung unausgeschöpft. Es scheint, | |
als hätte die spürbare Hochachtung vor den historischen Persönlichkeiten | |
Powers daran gehindert, die tatsächlichen Personen dahinter zu imaginieren. | |
Dessen ungeachtet reiht sich Regina Kings Filmdebüt als Regisseurin in ein | |
langsam, aber stetig wachsendes filmisches Angebot ein, das sich auf einer | |
theoretischen Ebene mit Rassismus auseinandersetzt. Ein Angebot, das seine | |
Figuren nicht nur als wehrlose Opfer, sondern im Kampf für den Wandel | |
zeigt. | |
15 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Arabella Wintermayr | |
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