# taz.de -- Dänen-Partei will in den Bundestag: Klein, aber oho | |
> Maylis Roßberg ist 20, studiert in Kiel. Und sie will in den Bundestag – | |
> für den SSW. Die Vertretung von Dänen und Friesen will ein Mandat | |
> erobern. | |
Bild: Das Flensborghus, Sitz des Südschleswigschen Wählervervands | |
Nächste Station: Flensburg.“ Die freundliche Stimme aus dem Lautsprecher | |
des Zuges wiederholt die Information auf Dänisch: „Næste station: | |
Flensborg.“ Dem Fahrgast des Nahverkehrs wird deutlich, dass irgendetwas | |
hier oben hoch im Norden ein bisschen anders ist als im Rest der | |
Bundesrepublik. Das sei ein Umstand, dessen sich alle Deutschen bewusst | |
sein sollten, findet die dänische Minderheit, die im deutsch-dänischen | |
Grenzgebiet lebt. Und deswegen will sie am 26. September zur Bundestagswahl | |
antreten. Und einen einzigen Sitz erobern. | |
„Du wartest auf mich, nicht wahr?“, fragt ein älterer Herr durch den | |
Mund-Nasen-Schutz auf Dänisch. Wie es in Dänemark üblich ist, begrüßt er | |
den Gast mit „du“. Wir befinden uns keineswegs in Dänemark, sondern im | |
Flensborghus, einem alten Steinhaus neben dem Flensburger Hafen. Die gelben | |
Backsteine des Mauerwerks stammen noch von Schloss Duburg, das die dänische | |
Königin Margrethe I. im späten Mittelalter errichten ließ. | |
[1][Flemming Meyer] ist Vorsitzender des Südschleswigschen | |
Wählerverbands ([2][SSW]) und Nestor der Minderheitenpartei der Dänen hier | |
im Norden. Wie fast alle SSWler spricht er fließend Dänisch, und weil sein | |
Gast Däne ist, erzählt er auf Dänisch von der Bundestagsambition seiner | |
Partei. Auf dem Tisch seines Büros steht eine kleine dänische Flagge, wie | |
sie in Dänemark bei Geburtstagsfeiern verwendet wird. Überall sind die zwei | |
blauen Löwen des schleswigschen Wappenschildes zu sehen, von den Wänden bis | |
zu den Kugelschreibern. Auch die Löwen sind dänische Symbole: Das | |
schleswigsche Wappenschild macht ein Viertel des Wappenschilds des | |
dänischen Königreichs aus. | |
Seit 1920, als die Grenze zwischen den beiden Ländern durch eine | |
Volksabstimmung endgültig festgelegt wurde, führt die dänische Minderheit | |
vom Flensborghus aus ihrem Kampf um Anerkennung und Einfluss in | |
Deutschland. Hundert Jahre später will sie nach Berlin. | |
„Wir werden in der Bundespolitik vergessen“, sagt Flemming Meyer bei | |
kohlrabenschwarzem Kaffee. „Ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete im | |
Bundestag würde dafür sorgen, dass sich das ändert.“ Der SSW strebt nur ein | |
einziges Bundestagsmandat an. Damit will die Partei den Problemen der | |
Minderheit mehr Beachtung verschaffen und eine konkrete Minderheitenpolitik | |
durchsetzen – vor allem im Bildungssektor. | |
Beschließt die Bundesregierung zum Beispiel Zuschüsse für sanitäre Anlagen | |
oder ein Digitalpaket für Schulen, ist dies nur für öffentliche Schulen | |
gedacht. Die Schulen der dänischen Minderheit könnten diese Zuschüsse auch | |
gebrauchen, aber weil sie privat betrieben würden, profitierten sie nicht | |
davon, erklärt Meyer. Mit dem SSW im Bundestag hofft man solche Dinge zu | |
ändern. | |
Im Herbst 2020 hat der SSW auf einem Parteitag für die Bundesoption | |
votiert. Eine historische Entscheidung, denn die Partei war nur ein | |
einziges Mal im Bundestag vertreten, dem allerersten von 1949 bis 1953. | |
Seitdem findet sich der SSW lediglich im Kieler Landtag und auf kommunaler | |
Ebene in Schleswig-Holstein, und das auch nur nördlich der Eider, die einst | |
die deutsch-dänische Grenze bildete. 1961, vor 60 Jahren, kandidierte der | |
SSW zuletzt für den Bundestag – ohne Erfolg. | |
Dass der SSW nun antreten will, ist ein persönlicher Triumph für Flemming | |
Meyer. Damit hat er geschafft, was seinem verstorbenen Vater, der | |
SSW-Legende Karl Otto Meyer, nie gelungen war. Jahrzehntelang kämpfte Meyer | |
senior für eine SSW-Teilnahme auf Bundesebene – gegen den Widerstand seiner | |
Parteibasis. Meyer junior verwirklicht damit einen Familientraum. | |
## Der SSW benötigt mehr Stimmen als die Minderheit zählt | |
Auf den ersten Blick allerdings scheint ein Bundesmandat außer Reichweite | |
der winzigen Partei zu sein: Der SSW zählt etwa 3.300 Mitglieder und | |
vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von insgesamt 60.000 | |
Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern, die sich als Teil der dänischen | |
Minderheit begreifen. Kritiker vermuten, selbst diese Schätzung sei noch zu | |
hoch gegriffen. Zwar ist der SSW als anerkannte nationale | |
Minderheitenpartei von der [3][Fünfprozentklausel] ausgenommen. Dennoch | |
bräuchte er deutlich mehr Stimmen für ein Mandat als es stimmberechtigte | |
deutsche Dänen gibt – bei der letzten Bundestagswahl wären etwa 60.000 | |
notwendig gewesen. Beim SSW glaubt man aber, dass bei der Wahl in diesem | |
Jahr weniger reichen könnten. Bei der Landtagswahl 2017 hatten rund 49.000 | |
Menschen für den SSW gestimmt, 70 Prozent davon kamen aus Schleswig, 30 | |
Prozent aus Holstein. Flemming Meyer ist Optimist: „Die nötigen Stimmen | |
schaffen wir schon“, sagt er, „der Plan ist realistisch.“ | |
[4][Der Beschluss], bei den Bundestagswahlen 2021 anzutreten, ist | |
keineswegs einstimmig gefallen: 66 Stimmberechtigte des Parteitags stimmten | |
dafür, 41 waren dagegen, vier enthielten sich. Die Frage hat den SSW schon | |
immer gespalten. Gegner des Beschlusses befürchten, dass die | |
Bundestagsambitionen eine große Gefahr für die Partei bedeuten: Um auf die | |
nötige Zahl der Stimmen zu kommen, wäre die Partei in nicht geringem Maße | |
auf die Stimmen von Mehrheitsdeutschen angewiesen. Wäre sie dann noch eine | |
Minderheitenpartei? Dieses Problem könne die Befreiung von der | |
Fünfprozenthürde und damit die politische Existenzberechtigung der Partei | |
infrage stellen, glauben die Kritiker. | |
Die Sorge ist nicht nur reine Theorie. Auf Landesebene hat sich der SSW | |
bereits in mehreren Gerichtsverfahren für eine weiterhin geltende Befreiung | |
von der Fünfprozentklausel einsetzen müssen; zuletzt hatte er 2013 ein von | |
der CDU angestrengtes Verfahren gewonnen, die ihre Klage genau mit dem | |
Argument untermauert hatte, dass viele Mehrheitsdeutsche bei der | |
Landtagswahl 2012 für den SSW gestimmt hatten. | |
Auch die Befürworter der Bundestagskandidatur nehmen eine mögliche | |
Beschwerde ernst. Im Papier zu den „Überlegungen und Voraussetzungen der | |
Teilnahme des SSW an der Bundestagswahl 2021“ ist das Risiko benannt. | |
Allerdings werde der SSW ein eventuelles Gerichtsverfahren gewinnen, ist | |
der Landesgeschäftsführer Martin Lorenzen überzeugt. „Trotz Stimmen von | |
Mehrheitsdeutschen sind wir immer noch die Minderheitenstimme im Norden.“ | |
## Die Minderheit in der Minderheit | |
Tatsächlich repräsentiert die Partei die Stimmen von gleich zwei | |
Minderheiten. Außer den Dänen sind das die Friesen, die hauptsächlich an | |
der Nordseeküste in Nordfriesland leben und ihre eigene Sprache sprechen. | |
Etwa 10.000 Menschen beherrschen laut Friisk Foriining, dem nordfriesischen | |
Kulturverein, aktiv Friesisch. Die Sprache ist das wichtigste | |
Identifikationsmerkmal. Die dänische Minderheit zählt rund 50.000 Menschen, | |
der SSW vertritt also insgesamt 60.000 Personen. | |
Der friesische Teil des SSW ist leicht zu übersehen. Im SSW-Hauptquartier | |
bekommt man alles auf Deutsch und auf Dänisch: Flyer, Bücher, Schilder, ja | |
selbst die Angestellten sprechen beide Sprachen. Der SSW-Slogan, der auf | |
Friesisch „For üs onjt norden“ heißt, steht auf dem Wahlmaterial neben dem | |
deutschen und dem dänischen Motto und ist die deutlichste Mahnung, dass die | |
Partei für zwei Minderheiten spricht. Die friesische Minderheit ist schon | |
seit der Gründung des SSW im Jahr 1948 dabei, bildet aber so etwas wie die | |
Minderheit in der Minderheit. Die meisten Friesen lernen neben Deutsch | |
Dänisch, weil sie dänische Schulen in Schleswig besuchen. Manche lernen | |
sogar nur Dänisch, weil Friesisch selten angeboten und auch zu Hause kein | |
Friesisch gesprochen wird. | |
Ursprünglich war der SSW eine Vernunftehe zwischen Friesen und Dänen, | |
erklärt Steen Bo Frandsen, Professor des Instituts für | |
Grenzgebietsforschung an der Süddänischen Universität in Dänemark. Im | |
Nachkriegsdeutschland hätten sie als Minderheiten gemeinsame Interessen | |
entdeckt. Historisch hätten die beiden Minderheiten wenig miteinander | |
gemein und sogar sich widersprechende Interessen vertreten. „Die | |
Minderheitsdänen wollten, dass ganz Schleswig zurück an Dänemark geht, die | |
meisten Friesen fühlten sich in Deutschland wohl“, sagt Frandsen. | |
In Schleswig ist die friesische Kultur im öffentlichen Raum dennoch | |
deutlicher zu spüren als die dänische. In Nordfriesland sind die Stadt- und | |
Straßenschilder zweisprachig. In Flensburg, der Hochburg der Dänen, finden | |
sich nur die Infoschilder für dänische Touristen, die auch auf Dänisch | |
beschriftet sind. | |
## Für die Jungen ist die Grenze ziemlich egal | |
In Duborgskolen, dem dänischen Gymnasium in Flensburg, ist gerade Pause. | |
Vor dem roten Backsteingebäude aus dem Jahr 1923, wo der Efeu über die | |
Mauern kriecht, schauen drei Schülerinnen der zehnten Klasse auf die | |
Flensburger Förde und quatschen. Aber nicht auf Dänisch, wie man das | |
vielleicht erwarten könnte, sondern auf Deutsch. Erst als sie auf Dänisch | |
angesprochen werden, wechseln sie die Sprache. „So machen wir es immer: in | |
der Schule dänisch, in den Pausen deutsch“, sagt eine der Schülerinnen. | |
Obwohl sie fließend dänisch spricht, artikuliert sie die Wörter deutlicher, | |
als Muttersprachler es tun würden, und das dänische weiche „d“, das wie d… | |
englische „th“ ausgesprochen wird, verursacht ihr kleine Probleme. | |
Die Schülerinnen könnte man „Wahldänen“ nennen, weil beide Eltern Deutsc… | |
sind. Durch das dänische Schulsystem in Schleswig, das einen guten Ruf hat, | |
haben sie Dänisch gelernt. So sind sie Teil der Minderheit geworden. Nach | |
dem Abitur wollen die drei in Dänemark studieren. | |
„Südschleswiger oder Südschleswigerin“, sagt [5][Maylis Roßberg], die mit | |
20 Jahren die jüngste Kandidatin auf dem kommenden Parteitag des SSW für | |
den Job im Bundestag ist, „so nennen wir uns.“ Das Treffen findet – noch | |
vor dem Lockdown – in einem trendigen Café am Fuß des kleinen Hügels statt, | |
auf dem Duborgskolen liegt. Die Klientel ist jung, manche Kunden könnten | |
Schüler*innen von dort sein. Den Kaffee kann man nur auf Deutsch | |
bestellen. | |
Die südschleswigsche Identität, von der Roßberg spricht, steht unter den | |
jüngeren Leuten der Minderheit höher im Kurs als unter den älteren. Für die | |
Jungen seien deutsch, dänisch oder friesisch altmodische Kategorien, sagt | |
Roßberg. Sie sprechen meist mehrere Sprachen und bevorzugen keine. Sie | |
wohnen mal in Deutschland, mal in Dänemark, die Grenze ist eher unwichtig. | |
Roßberg ist Vorsitzende der Jugendabteilung des SSW, dem SSWU. Mit derzeit | |
exakt 157 Jugendlichen versucht sie Minderheitenpolitik für jüngere Leute | |
zu machen. Roßberg ist selbst ein gutes Beispiel für die fluide Identität: | |
aufgewachsen auf Sylt, also könnte man sie eine Friesin nennen. Roßberg | |
spricht aber kaum friesisch. Beide Eltern sind Deutsche, zu Hause wird | |
deutsch gesprochen. Dänisch kann sie, weil sie auf Sylt und in Flensburg | |
dänische Schulen besuchte, ihr Abitur hat sie in Dänemark gemacht. Jetzt | |
studiert Roßberg in Kiel. Für die Nachwuchspolitikerin ist die Teilnahme an | |
den Bundestagswahlen nur logisch. Die Partei hat also sozusagen noch eine | |
dritte Minderheit, die etwas Neues will. | |
Für manche, hauptsächlich für ältere Mitglieder des SSW, ist eine solche | |
Aussage fast schon blasphemisch. Die Partei sei als Widerstandspartei gegen | |
die Mehrheitsdeutschen in der Region entstanden, sagen sie, es sei keine | |
halb deutsche Partei, die sich mit überregionalen Themen beschäftigen | |
sollte, geschweige denn könnte. | |
„Was sollen wir im Bund?“ fragt Bjarne Lønborg frustriert. Lønborg war 22 | |
Jahre Chefredakteur der Flensborg Avis, einer dänischsprachigen | |
Lokalzeitung für Flensburg und Umgebung, die dem SSW nahesteht. | |
## Kein Carlsberg bei der Dänen-Versammlung | |
Er empfängt den Reporter im Borgerforeningen, also im Bürgerverein. Seit | |
185 Jahren stellt der als konservativ geltende Verein den schmucken Rahmen | |
des dänisch gesinnten Schleswigs. Früher aßen hier die dänischen Könige, | |
wenn sie Flensburg besuchten. Heutzutage bekommt man gutbürgerliche Küche | |
im gleichnamigen Restaurant, und die Karte mutet äußerst deutsch an: | |
Schnitzel mit Pommes, Berliner Kalbsleber oder Bratfisch mit Gurkensalat. | |
Nicht einmal ein dänisches Carlsberg- oder Tuborg-Bier gibt es hier. | |
Im angrenzenden Raum wird an diesem Abend der neue dänische Direktor von | |
[6][Duborgskolen] vorgestellt. Um die weiß gedeckten Tische sitzen | |
mehrheitlich grauhaarige Frauen und Männer bei Kaffee und Kuchen und fragen | |
nach den schleswigschen Wurzeln des neuen Gymnasialdirektors. Er habe | |
leider keine, bedauert dieser, aber er habe Germanistik und Sport | |
studiert und zwei Jahre in Deutschland Wasserpolo gespielt, versucht er | |
sich. Nicht genau die ideale Besetzung für die traditionsreiche Schule. | |
Danach erklingt erst mal dänisches Liedgut. | |
Manche im Borgerforeningen sind eher der Meinung, dass der SSW sich eine | |
Bundeskampagne nicht leisten könne, weder ökonomisch noch personell. „Wir | |
Älteren glauben, anders als die Jüngeren, dass die Aufgabe nicht zu | |
bewältigen ist“, sagt eine Frau. Die Befürworter der Bundesambition sind | |
dagegen davon überzeugt, dass eine politische Vertretung in Berlin sinnvoll | |
wäre. Denn die Steuer-, Sozial-, Struktur- und Regionalpolitik wird auf | |
Bundesebene festgelegt. Gerade verkehrspolitisch hinkt Schleswig dem Rest | |
der Bundesländer hinterher, moniert der SSW. Für die Minderheiten, und | |
besonders für die dänische, sei das ein großer Nachteil. | |
Die Teilnahme an der Wahl diene aber noch einem anderen Zweck, sagen die | |
Befürworter. Sie erhoffen sich, dass SSW-Wähler*innen künftig auch bei | |
Landtags- oder Kommunalwahlen an die Partei gebunden würden. Bei | |
Bundestagswahlen hätten Wähler*innen, die auf Landesebene SSW wählten, | |
bisher für andere Parteien votieren müssen. Sie fürchten, dass diese | |
Wähler*innen auf Dauer auch regional abwandern könnten. | |
## Irgendwo zwischen Grünen und SPD | |
Über ihre politischen Ziele in der Bundespolitik ist sich die Partei | |
bisher nicht einig geworden. Der SSW kann zwar ein politisches | |
Rahmenprogramm vorweisen, das sich wie eine Mischung der Parteiprogramme | |
von SPD und Grünen liest. Aber die Partei hat Mitglieder, die sowohl mehr | |
links als auch konservativer, also jenseits der politische Mitte sind. Es | |
ist vor allem die Schul- und Bildungspolitik, die alle Mitglieder vereint – | |
und die ist in der Bundesrepublik Ländersache. | |
Der oder die mögliche SSW-Vertreter*in im Bundestag hätte also eine | |
gewaltige Aufgabe zu stemmen: das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen | |
politischen Strömungen in der Partei wie auch das dänische, friesische und | |
südschleswigsche Zugehörigkeitsgefühl auszubalancieren. Und das als | |
Einzelkämpfer*in in einem Parlament mit mehr als 700 | |
Volksvertreter*innen. | |
Und es gibt da noch eine weitere Herausforderung: Fünf Prozent der gesamten | |
Bundestagsmandate sind nötig, um sich als Fraktion zu konstituieren – für | |
den SSW utopisch. Die Partei will sich aber auch an keine der anderen | |
Parteien binden. Die oder der SSW-Abgeordnete bliebe im Falle einer Wahl | |
deshalb fraktionslos. Das hätte zur Folge, dass sie oder er keine eigenen | |
Gesetzesentwürfe einbringen dürfte und erst in der zweiten Lesung eines | |
Gesetzes Änderungsanträge stellen könnte. Zudem ist für Fraktionslose das | |
Rederecht im Plenum eingeschränkt. | |
Drei Personen haben bisher verkündet, das Gesicht des SSW in Berlin werden | |
zu wollen: Neben der Jugendvorsitzenden Maylis Roßberg sind es Sybilla | |
Nitsch, Lehrerin an der dänischen Schule in Husum, und Stefan Seidler, ein | |
Beamter in Kiel. „Eine gute Truppe“, sagt der SSW-Vorsitzende Flemming | |
Meyer dazu. | |
Dennoch fällt auf, dass niemand von den erfahreneren und in der Region | |
bekannteren Leuten der Partei dabei ist. Trotz seiner geringen Größe hat | |
der SSW durchaus Politiker*innen, deren Namen bei Politprofis in Berlin | |
Widerhall finden. Warum kandidiert niemand von ihnen für diese historische | |
Wahlkampagne? | |
Die bekannteste SSWlerin, Anke Spoorendonk, ist aus Krankheitsgründen aus | |
der Politik ausgeschieden. Neben ihr gilt Lars Harms, Fraktionsvorsitzender | |
im Kieler Landtag, als erfahrenster und bekanntester Parlamentarier. Der | |
56-Jährige will aber nicht nach Berlin, er findet, dass er seine | |
Fähigkeiten auf Landesebene besser nutzen kann. „Mein Netzwerk ist in Kiel, | |
und meine Aufgaben liegen in Schleswig-Holstein“, sagt er. „Und ich bin zu | |
alt.“ Dasselbe Argument führt Flemming Meyer an, der elf Jahre Abgeordneter | |
in Kiel war und heute noch den Parteivorsitz innehat. „Wir wollen neue | |
Kräfte“, sagt Lars Harms, „unser Kandidat oder unsere Kandidatin soll unter | |
45 sein.“ | |
Weitere Kandidat*innen können sich bis zum geplanten Parteitag am 30. | |
Januar zwar noch ergeben, doch es fehlt der Partei an Personal, das geübt | |
im Umgang mit Medien ist und Erfahrung oberhalb der Kommunalebene besitzt. | |
Doch obwohl das ganze Bundestagsprojekt sehr ambitioniert erscheint, | |
gehören unmögliche Missionen zum Kern des SSW. Seit ihrer Gründung habe die | |
kleine Partei hart gegen alle Widerstände kämpfen müssen, sagt Flemming | |
Meyer. „Für uns kann Gegenwind auch ein Vorteil sein.“ | |
4 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Flemming-Meyer-sagt-farvel-zum-Landtag/!5699569/ | |
[2] https://www.ssw.de/die-partei/ueber-den-ssw | |
[3] https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17514/fuenfprozentkla… | |
[4] /Partei-der-daenischen-und-friesischen-Minderheit/!5715056 | |
[5] https://www.ssw-sh.de/themen/maylis-rossberg-will-ssw-spitzenkandidatin-wer… | |
[6] https://www.duborg-skolen.de/ | |
## AUTOREN | |
Kåre Holm Thomsen | |
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