# taz.de -- Banken verlangen zu viele Daten: Unzulässiger Wissenshunger | |
> Kreditinstitute wollen von Privatleuten umfangreiche Informationen. Ein | |
> großer Anbieter ist zu weit gegangen – und rudert zurück. | |
Bild: Viele Banken wollen von Kund:innen viel mehr wissen, als sie dürfen | |
BERLIN taz | Es wäre ein Leichtes gewesen, die Änderung zu übersehen. Sie | |
verbirgt sich auf Seite 6 der neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) | |
der Bank ING, einer der größten Banken in Deutschland. Dort verpflichtete | |
das Geldinstitut mit einer Änderung zu Anfang November Kund:innen nicht | |
nur dann zur Meldung, wenn sich Name, Anschrift oder Staatsangehörigkeit | |
ändern. Sondern auch bei einer Änderung des „Beschäftigungsverhältnisses�… | |
Das heißt: Kund:innen müssten der Bank nicht nur mitteilen, wenn sie den | |
Arbeitgeber wechseln, sondern auch eine neue Position im Unternehmen, | |
genauso wie Elternzeit oder Arbeitslosigkeit. | |
Ein Leser und Genosse, der auch ING-Kunde ist, hat die taz darauf | |
aufmerksam gemacht. Er ist nicht der Einzige, dem die Verpflichtung | |
merkwürdig vorkommt. David Riechmann, Jurist bei der | |
[1][Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen,] fragt am Telefon gleich: | |
„Geht es um die ING?“ Man habe in dieser Sache bereits mehrere Beschwerden | |
erhalten. | |
Die ING hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Zuständig ist der hessische | |
Datenschutzbeauftragte. Deren Sprecherin weist darauf hin, dass Banken zwar | |
Verpflichtungen haben, die sich aus dem Geldwäschegesetz ergeben. | |
Allerdings: Es werde „in der Regel nicht erforderlich sein, Daten zum | |
Beschäftigungsverhältnis zu erheben“. Höchstens in Einzelfällen, wenn es | |
einen Verdacht gebe. Die Behörde kündigte an, die Bank darauf hinzuweisen. | |
Die ING selbst rückt auf Anfrage von ihrer AGB-Änderung ab. Dass Kund:innen | |
Veränderungen im Beschäftigungsverhältnis melden müssen, sei „grundsätzl… | |
nur nach Anforderung durch uns zwingend erforderlich“, erklärt Sprecher | |
Patrick Herwarth gegenüber der taz. Doch die Kund:innen erfahren diese | |
Interpretation zunächst nicht. | |
Der Fall ist extrem, weil die Klausel vom November Kund:innen | |
verpflichtet, im laufenden Vertragsverhältnis Angaben zu machen. Kund:innen | |
sollten solche Verpflichtungen ernst nehmen. Die Bank kann sonst das Konto | |
kündigen. Das kann sich durch die damit verbundene [2][Schufa-Mitteilung] | |
negativ auf andere Verträge auswirken, etwa beim Abschluss eines Kredits | |
oder Mobilfunkvertrag. | |
Doch dass Banken sich interessiert zeigen an den beruflichen Umständen | |
ihrer Kund:innen, ist kein Einzelfall. So fragen zahlreiche Banken | |
bereits bei Vertragsschluss Daten zum Job ab – und das teilweise noch | |
detaillierter. Die Postbank verlangt nicht nur die Angabe grober Kategorien | |
wie angestellt, selbstständig, im Ruhestand, studierend, arbeitslos oder | |
„Hausfrau/Hausmann“. Sondern auch den Beruf und die Branche. Die PSD-Bank | |
Hannover will darüber hinaus in ihrem Kundenstammvertrag, der der taz | |
vorliegt, sogar Name und Anschrift des Arbeitgebers wissen, ausdrücklich | |
als Pflichtfeld. Dazu kommen der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses | |
samt eventueller Befristung oder Probezeit. Dass diese Felder nur optional | |
ausgefüllt werden müssen, ebenso wie Fragen zur Zahl der im Haushalt | |
lebenden Personen und dem Wohnstatus (Eigentum/Miete/bei Eltern), lässt | |
sich leicht übersehen. | |
Die PSD-Bank Hannover teilte dazu mit, man erhebe „personenbezogene Daten | |
im Rahmen der Sorgfaltspflichten und zur Erfüllung aufsichtsrechtlicher | |
Anforderungen“. Ein Sprecher der Finanzaufsicht Bafin stellt jedoch klar: | |
„Es besteht keine explizite gesetzliche Verpflichtung der Institute, bei | |
der Eröffnung eines Kontos vom Vertragspartner den konkreten Beruf sowie | |
den Namen und die Anschrift des Arbeitgebers zu erheben.“ Bei einem | |
normalen Girokonto wäre das unzulässig, sagt Johannes Pepping, Sprecher der | |
Niedersächsischen Datenschutzbeauftragten, über die zahlreichen, von der | |
Bank verlangten Daten zur Beschäftigung. Auch bei Krediten müsse man immer | |
im Einzelfall entscheiden, ob das Abfragen einer derartigen Datenfülle | |
angemessen sei. | |
## Vertragsformulare nicht online einsehbar | |
Kund:innen befinden sich allerdings in einer schwachen Position. Verlangte | |
Angaben zu verweigern, wird in der Regel dazu führen, [3][das gewünschte | |
Konto] nicht zu bekommen. Oder viel Zeit für die Recherche zu reservieren: | |
Denn ob eine Bank zu den datensparsamen oder den neugierigen Banken zählt, | |
ist erst sehr spät bei einer Kontoeröffnung ersichtlich. | |
Obwohl die Institute problemlos ihre Vertragsformulare auf der eigenen | |
Webseite veröffentlichen könnten, ist das die Ausnahme. In der Regel führen | |
Banken Interessent:innen in einem Schritt-für-Schritt-Prozess durch die | |
Kontoeröffnung. Es kann also sein, dass die Frage nach dem Beruf erst | |
kommt, wenn sämtliche anderen persönlichen Daten wie Name, Telefonnummer, | |
Staatsangehörigkeit und Steueridentifikationsnummer schon angegeben sind. | |
Die ING hat die umstrittene Klausel übrigens in einer neuen Änderung der | |
Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Anfang Dezember angepasst. So ist | |
jetzt zu lesen, dass Kund:innen „nach ausdrücklicher Aufforderung der ING“ | |
angeben müssen, ob und wie sich vorhandene Daten geändert haben. | |
9 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.verbraucherzentrale.nrw/ | |
[2] /Schufa-will-Zugriff-auf-Kontoauszuege/!5729501 | |
[3] /Diskriminierung-bei-Banken/!5698284 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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