# taz.de -- Ölförderung im Amazonas: Brasilien versteigert Lizenzen | |
> Am Freitag will das brasilianische Bergbauministerium Lizenzen für die | |
> Ölförderung vergeben. Indigene und Umweltschützer protestieren. | |
Bild: Präsident Jair Bolsonaro (l.) mit seinem Umweltminister Ricardo Salles (… | |
BERLIN taz | Vor dem Sheraton-Hotel in Rio de Janeiros Eliteviertel Leblon | |
wollen Indigene und Umweltschützer*innen ihren Protest abhalten. Hinter | |
geschlossenen Türen soll dort am Freitagvormittag bekannt gegeben werden, | |
welche Unternehmen Zusagen für die Öl- und Gasausbeutung auf | |
brasilianischem Territorium bekommen. Besonders pikant: Zur Versteigerung | |
stehen auch 16 Gebiete im Amazonas-Regenwald. | |
Veranstalterin der Auktion ist die Nationale Agentur für Öl, Erdgas und | |
Biokraftstoffe (ANP), die dem Ministerium für Bergbau und Energie | |
untersteht. „[1][Der brasilianische Regenwald ist schon jetzt massiven | |
Angriffen ausgesetzt]. Sollte ein Unternehmen den Zuschlag bekommen, wird | |
dies fatale Auswirkungen haben“, sagte Ilan Zugman, Lateinamerika-Direktor | |
von 350.org, der taz. Die US-amerikanische Klimaorganisation hat die | |
Proteste organisiert. | |
Neben brasilianischen, US-amerikanischen stehen auch drei europäischen | |
Unternehmen auf der Anmeldeliste der Auktion: Royal Dutch Shell, BP und | |
Total. Der Pressesprecher der BP in Deutschland, Marc Schulte, sagte der | |
taz, dass das Unternehmen keine Pläne habe, auf onshore oder | |
Amazonasflächen zu bieten. Eine anonyme Quelle eines der europäischen | |
Unternehmen sagte, dass bei anderen Auktionen lediglich Interesse an | |
off-shore-Flächen vor der brasilianischen Küste bestanden habe. | |
Dass eines der angemeldeten Unternehmen die Konzession zur Öl- und | |
Erdgasausbeutung in Amazonien bekommt, hält Zugman von 350.org dennoch für | |
möglich. Die ANP erklärte in einer Stellungnahme, dass Lizenzen nur nach | |
strikten Prüfungen der Umweltschutzauflagen erteilt würden. | |
Umweltschützer*innen befürchten hingegen eine weitere Zerstörung des | |
Regenwaldes, sollte die Region für die Ölförderung geöffnet werden. | |
Fast alle der bei der Auktion gehandelten Flächen in Amazonien befinden | |
sich laut einer Studie von 350.org in unmittelbarer Nähe zu geschützten | |
indigenen Territorien und Naturschutzgebieten. In Nachbarländern Brasiliens | |
wie Peru und Ecuador [2][habe die fossile Industrie eine „Spur der | |
Zerstörung“ im Regenwald hinterlassen] und Menschen vergiftet. | |
Klimaaktivist*innen befürchten, dass auch die umstrittene Fracking-Methode | |
in Brasilien angewendet werden könnte. | |
Systematischer Abbau von Umweltgesetzen | |
Melanie Mattauch vom Europa-Büro von 350.org sagt, dass es „eine | |
Fortführung kolonialer Dynamiken“ sei, sollten große Unternehmen aus Europa | |
in den Amazonas-Regenwald vordringen, dort die Lebensgrundlage der | |
Bevölkerung zerstören und sie nicht an den Gewinnen beteiligen. Für die | |
Klimaorganisation, die seit mehr als 10 Jahren besteht, wird der Protest | |
gegen die Auktion der Startpunkt ihrer Kampagne „Amazon Resist“ zum Schutz | |
von indigenen Völkern und dem Kampf gegen die globale Erderwärmung sein. | |
Die Pläne der Öl- und Gasausbeutung in Amazonien existieren schon seit | |
vielen Jahren, auch bereits vor dem Amtsantritt von Präsident Jair | |
Bolsonaro. Jedoch passen sie gut in das Programm des Rechtsradikalen und | |
seines Umweltministers Ricardo Salles. Beide kämpfen seit langem für eine | |
wirtschaftliche Ausbeutung des Regenwaldes. Erst kürzlich gab die Regierung | |
ein Programm bekannt, durch das neue Gebiete für den Bergbau in Amazonien | |
erschlossen werden sollen. | |
Die rechtsradikale Regierung baut zudem systematisch Umweltauflagen ab, hat | |
kritische Wissenschaftler*innen und Beamt*innen entlassen und wettert | |
regelmäßig gegen Umweltschutzorganisationen. Ende September erklärte | |
Bolsonaro in einem Livevideo, geschützte, indigene Gebiete für die | |
wirtschaftliche Ausbeutung freigeben zu wollen. Dies begründete er damit, | |
dass es im Land „entwickelte Indios“ gebe, die „mehr Freiheit über ihre | |
Länder“ benötigten. Indigene Aktivist*innen bezeichneten die Aussagen des | |
Präsidenten als „rassistisch“. | |
In der 350.org-Pressemitteilung über die Auktion in Rio de Janeiro kommt | |
auch der indigene Anführer Ninawá Huni Kui zu Wort. „Der Amazonas-Regenwald | |
darf nicht als Produkt für das große Geschäft behandelt werden“, sagt der | |
Präsident einer Assoziation der Huni Kui-Indigenen aus dem nördlichen | |
Bundesstaat Acre. „Der Wald ist so wichtig für das Leben weltweit. Es ist | |
nicht zu akzeptieren, dass Öl- und Gasförderung mehr zählt als das Leben.“ | |
4 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Niklas Franzen | |
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