# taz.de -- Streit um UN-Atomwaffenverbot: SPD-Fraktionsvize kritisiert Groko | |
> Der Unmut über die strikte Ablehnung des UN-Atomwaffenverbots wächst. Die | |
> Linkspartei wirft der Bundesregierung Täuschung vor. | |
Bild: Frieden schaffen ohne Atomwaffen: Demonstrant:innen gegen die Münchner S… | |
BERLIN dpa/taz | In der SPD gibt es Unmut über die strikte Ablehnung des | |
UN-Vertrags zum Verbot von Atomwaffen durch die Bundesregierung. Der | |
Vertrag bringe neue Dynamik in die Bemühungen um eine nuklearwaffenfreie | |
Welt, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gabriela Heinrich der | |
Deutschen Presse-Agentur. „Ich fordere die Bundesregierung daher auf, ihre | |
kategorische Ablehnung des Vertrages abzulegen.“ Stattdessen sollte | |
Deutschland als Beobachter an der Vertragsstaatenkonferenz teilnehmen, um | |
so die Zielrichtung konstruktiv zu begleiten. | |
Der UN-Vertrag war 2017 von 122 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten | |
Nationen beschlossen worden. Am 22. Januar 2021 tritt er in Kraft, weil ihn | |
inzwischen 51 Staaten ratifiziert haben. Die notwendige Zahl von 50 wurde | |
damit überschritten. Für die Bemühungen um das Vertragswerk erhielt die | |
internationale Kampagne zur atomaren Abrüstung [1][Ican 2017 den | |
Friedensnobelpreis]. | |
Mit dem Inkrafttreten werden Atomwaffen völkerrechtlich auf den gleichen | |
Status gestellt wie die übrigen Massenvernichtungswaffen, die in der | |
Biowaffen- und Chemiewaffenkonvention 1971 beziehungsweise 1993 geächtet | |
wurden. Würde auch Bundesrepublik den Vertrag unterschreiben, müssten in | |
Deutschland gelagerte US-Atomwaffen abgezogen werden. Das hat die | |
schwarz-rote Koalition bislang aber nicht vor. | |
Das Problem an dem Vertrag: Keiner der Staaten, die Atomwaffen besitzen, | |
zählt zu den Unterzeichnern. Daher hat das Abkommen derzeit nur einen | |
weitgehend symbolischen Charakter. Die Nato, der mit den USA, Frankreich | |
und Großbritannien drei Atommächte angehören, [2][lehnt den Vertrag | |
geschlossen ab]. In Europa wird er gegenwärtig nur von Österreich, Irland, | |
Malta, San Marino, Liechtenstein und dem Vatikanstaat mitgetragen. | |
## Linkspartei: „Angriff auf eine historische Abrüstungsinitiative“ | |
Deutschland und die anderen Nato-Mitgliedstaaten kritisierten den Vertrag | |
hingegen [3][erst Mitte Dezember in einer gemeinsamen Erklärung], weil er | |
angeblich das internationale Sicherheitsumfeld nicht widerspiegele und im | |
Widerspruch zu bestehenden Abrüstungsregelungen stehe. Der einzige | |
glaubwürdige Weg zur nuklearen Abrüstung sei der bestehende Vertrag über | |
die Nichtverbreitung von Kernwaffen. | |
Die Linkspartei hält das nicht für stichhaltig. „Die Bundesregierung | |
täuscht die Öffentlichkeit dreist mit der Behauptung, der | |
Atomwaffenverbotsvertrag untergrabe internationale Abrüstungsbemühungen“, | |
kritisierte Sevim Dağdelen, die abrüstungspolitische Sprecherin der | |
Linksfraktion. Er knüpfe vielmehr „explizit an das Verifikationsregime des | |
Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen an“. | |
Die Absage der Nato an den Verbotsvertrag sei „ein Angriff auf eine | |
historische Abrüstungsinitiative der internationalen Staatengemeinschaft | |
hin zu einer Welt ohne Atomwaffen“, so Dağdelen. Statt weiter an der | |
überholten nuklearen Teilhabe in der NATO festzuhalten, sollte die | |
Bundesregierung lieber schnellstmöglich den Verbotsvertrag unterzeichnen | |
und „endlich den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland in die Wege | |
leiten“. | |
Mit ihrer Forderung nach Unterzeichnung des Vertrages steht die Linkspartei | |
nicht alleine. Für den Beitritt Deutschlands und anderer NATO-Mitglieder | |
zum Atomwaffenverbot haben sich inzwischen zwei ehemalige | |
Nato-Generalsekretäre sowie 55 ehemalige Außen- und Verteidigungsminister | |
aus 20 Mitgliedsstaaten der Allianz ausgesprochen. | |
Die Sozialdemokratin Heinrich betonte, ihre Partei wolle sich 2021 für eine | |
abrüstungspolitische Offensive einsetzen. Sie warb für Verhandlungen | |
zwischen den USA und Russland mit dem Ziel, die in Deutschland und ganz | |
Europa stationierten Atomwaffen abzuziehen und zu vernichten. „Ich bin | |
davon überzeugt, dass wir nukleare Schwellenstaaten von dem Bau eigener | |
Nuklearwaffen nur dann dauerhaft abhalten können, wenn zwischen den | |
Großmächten kein neues nukleares Wettrüsten mit neuen Waffengattungen | |
einsetzt“, sagte sie. | |
27 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Friedensnobelpreis-fuer-Ican/!5451765 | |
[2] /Vertrag-zum-Verbot-von-Atomwaffen/!5720670 | |
[3] https://www.nato.int/cps/en/natohq/news_180087.htm?selectedLocale=en | |
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