| # taz.de -- Neue Virusvariante in Großbritannien: Corona schlägt Brexit | |
| > Immer mehr Länder schotten sich von Großbritannien ab. Besser, als einen | |
| > schnellen Brexit-Deal zu erzwingen, wäre jetzt eine gemeinsame | |
| > Virusbekämpfung. | |
| Bild: Lonely Christmas: verlassener Stand in Cardiff, Wales | |
| Was für ein Finale. Die Niederlande, Belgien, eventuell Frankreich und auch | |
| Deutschland kappen ihre Reiseverbindungen nach Großbritannien – weil eine | |
| gefährliche [1][Mutation des Sars-CoV-2-Virus] für die neue, dramatische | |
| Zunahme von Infektionen im Großraum London verantwortlich ist. Gleichzeitig | |
| treten die Handelsgespräche zwischen Großbritannien und der EU auf der | |
| Stelle, und mit jedem Tag rückt ein harter Bruch am 1. Januar näher. | |
| Es ist – noch – kein neuer Eiserner Vorhang, der sich über dem Ärmelkanal | |
| schließt. Aber die neuen Corona-Abschottungsmaßnahmen gegen Großbritannien | |
| gehen schon über die Worst-Case-Szenarien des „No Deal“ hinaus: Einstellung | |
| der Flugverbindungen, Reiseverbote, Ende der Bewegungsfreiheit. Isolation | |
| ist das Gebot der Stunde, nicht nur auf der Insel, auch auf dem Kontinent. | |
| Für Boris Johnson ist die gleichzeitige Eskalation der Corona- und | |
| Brexit-Krisen die bisher schwerste Stunde seiner Amtszeit. Dass er für 16 | |
| Millionen Menschen in und um London „Weihnachten abgesagt“ hat, nur wenige | |
| Tage nachdem er einen solchen Schritt kategorisch ausschloss, bringt für | |
| weite Teile der regierenden Konservativen das Fass der Enttäuschung über | |
| ihren Premierminister und seinen Schlingerkurs in allen wesentlichen Fragen | |
| zum Überlaufen. Eine Parlamentsabstimmung über die neuen | |
| Corona-Einschränkungen würde er wohl verlieren, so wie er die letzte nur | |
| dank der Enthaltung der Labour-Opposition gewann. Eine Abstimmung über ein | |
| [2][Brexit-Handelsabkommen] mit der EU wäre noch unsicherer. | |
| Es wäre schlicht unsinnig, die noch offenen Brexit-Probleme mit heißer | |
| Nadel lösen zu wollen, während alle Entscheidungsträger durch Corona | |
| abgelenkt sind. Coronamaßnahmen kann man jederzeit ändern; | |
| [3][Brexit-Verträge] müssen für Jahrzehnte halten. Die noch offenen Fragen | |
| – das Ende der EU-Fischereirechte in britischen Gewässern und die | |
| Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen – können nicht im Handumdrehen | |
| gelöst werden. Es geht um grundsätzliche Differenzen, und die sind | |
| ungeeignet für faule Kompromisse und auch für Videokonferenzen. Die | |
| aktuelle Einstellung jeglichen Reiseverkehrs zwischen London und Brüssel | |
| macht aber die vertieften Verhandlungen unmöglich, die nötig wären, um | |
| Gemeinsamkeiten und Kompromisslinien herauszuarbeiten. Selbst wenn ein | |
| oberflächlicher Deal doch noch irgendwie zustande käme, müssten die | |
| Parlamente beider Seiten ihn vor dem 1. Januar im Schnelldurchlauf | |
| abnicken. Demokratisch legitimiert wäre er nicht. | |
| Ein Brexit-Deal könnte also das erste Opfer der neuen Coronabeschränkungen | |
| werden. Ein „No Deal“ verliert aber viel von seinem Schrecken, wenn seine | |
| schlimmsten Folgen ohnehin im Namen der Virusbekämpfung eintreten. | |
| No-Deal-Notmaßnahmen beider Seiten liegen längst in den Schubladen. Europa | |
| und Großbritannien sollten sie jetzt in Kraft setzen und sich dann mit | |
| voller Konzentration der Pandemie widmen – gemeinsam. Sonst gibt es bald | |
| keine Wirtschaft mehr, die vor Handelsbeschränkungen zu retten wäre. | |
| 20 Dec 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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