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# taz.de -- Regierungen verschärfen Klimaziel: EU vermeidet Klima-Blamage
> Kurz vor dem fünften Jahrestag des Pariser Abkommens verschärft die EU
> ihr Klimaziel. ExpertInnen loben. AktivistInnen sind unzufrieden.
Bild: Nicht zufrieden mit den EU-Klimazielen: Fridays for Future
Berlin taz | Gerade noch rechtzeitig vor einem virtuellen UN-Klimagipfel am
Samstag hat sich die EU bewegt: [1][Europas Staats- und Regierungschefs
haben sich am Freitag auf eine gemeinsame Position verständigt], wie sie
sich das neue Klimaziel ihres Staatenbundes vorstellen. Sie wollen, dass
die EU ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent
gegenüber 1990 senkt.
Jetzt geht es noch in die Verhandlungen mit dem EU-Parlament. Die
Abgeordneten wollen eine [2][Emissionsreduktion um 60 Prozent] durchsetzen.
Das Ergebnis wird also wohl zwischen diesen beiden Positionen liegen. Eine
deutliche Steigerung ist das auf jeden Fall: Bislang hatte die EU
versprochen, ihre Emissionen um 40 Prozent zu senken.
Die Anhebung ist für das Pariser Klimaabkommen erforderlich. Für den
Weltklimavertrag ist 2020 ein wichtiges Jahr: Alle Staaten sollen erstmals
ihre frei gewählten Klimaziele für 2030 „überprüfen und anpassen“. Die
Hoffnung ist, dass eine kritische Menge an Staaten vorangeht, Klimaschutz
nach und nach zur Norm wird und dann auch alle anderen mitziehen.
Das EU-Klimaziel für 2030 soll Europas Beitrag zu diesem Prozess sein.
Damit erscheinen die Europäer nicht mit leeren Händen zum Gipfel am
Samstag, zu dem Großbritannien gemeinsam mit den Vereinten Nationen
eingeladen hat. Der Termin fällt auf den fünften Geburtstag des
Paris-Abkommens. Reden dürfen dort nur Vertreter:innen von Staaten, die
verschärfte Klimaziele vorstellen können. Die eigentliche
Weltklimakonferenz sollte im November in Glasgow stattfinden, fiel aber
coronabedingt aus.
## Erdgas als Übergangslösung
Nicht jedes der 27 EU-Länder soll laut der Vereinbarung seinen CO2-Ausstoß
um 55 Prozent verringern müssen, sondern jedes so viel, wie es kann. Der
Gipfel bekannte sich auch zur Nutzung von Erdgas als Übergangslösung.
Kernenergie wurde nicht explizit erwähnt, die Formulierung lässt eine
Einstufung als Übergangstechnologie aber zu.
„Die EU setzt mit diesem deutlich verbesserten Klimaschutzziel für 2030
einen wichtigen Meilenstein, der den kurzfristig notwendigen Klimaschutz
massiv beschleunigen kann“, sagte Sven Harmeling von der Hilfsorganisation
Care, der die Klimaverhandlungen seit Jahren beobachtet. Für Europas
gerechten Beitrag zu den Zielen des Paris-Abkommens reichten die 55 Prozent
Treibhausgasreduzierung aber nicht aus, sagte Harmeling. „Insbesondere,
wenn das Ziel durch vielfältige Rechentricks verwässert werden sollte.“
Er stört sich daran, dass die EU ihr Ziel nicht nur durch den Umbau ihrer
Wirtschaft erreichen will, sondern auch erstmals vorhat, den positiven
Klimaeffekt von Wäldern, Mooren und Meeren einzurechnen. Er würde einige
Prozentpunkte ausmachen. Die Verschärfung des derzeit gültigen Klimaziels
ist deshalb nicht so ehrgeizig, wie es auf den ersten Blick erscheint.
In jedem Fall wird die Europäische Union aber hinter Großbritannien
zurückhängen. Es hatte in der vergangenen Woche angekündigt, seine
Treibhausgasemissionen bis zum Ende des Jahrzehnts gegenüber 1990 um 68
Prozent zu reduzieren.
2050 will die EU die Klimaneutralität erreichen. Solche längerfristigen
Ziele haben bereits mehrere Staaten dieses Jahr angekündigt. China will
2060 so weit sein, die USA laut dem designierten Präsidenten Joe Biden
ebenfalls 2050. 127 Staaten haben solche Ziele oder wollen sie bald
beschließen. Die EU wäre allerdings der erste größere Player, der das mit
einer deutlichen Verschärfung der kurzfristigen Pläne unterfüttert.
## Analyse der Klimaneutralitätsziele macht Hoffnung
Das außer Acht gelassen, gibt eine neue Analyse der Klimaneutralitätsziele
Hoffnung: Würden diese alle umgesetzt, wäre für das Jahr 2100 eine
Erderhitzung von 2,1 Grad zu erwarten, wie die beiden Denkfabriken New
Climate Institute und Climate Analytics in ihrem gemeinsamen Projekt Carbon
Action Tracker ermittelt haben. Die Ziele des Pariser Weltklimaabkommens,
die Erderhitzung bei deutlich unter 2 und möglichst bei 1,5 Grad zu halten,
rücken damit zumindest theoretisch in Reichweite.
Für die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg reicht das nicht – sie
will praktische Erfolge sehen. Die von ihr initiierte Bewegung Fridays for
Future hatte für Freitag wieder zu globalen Protesten aufgerufen. „Wir
können so nicht weitermachen“, twitterte sie. „Es ist Zeit, von weit
entfernten Klimaneutralitätszielen zu verbindlichen, jährlichen CO2-Budgets
zu kommen“, so Thunberg.
11 Dec 2020
## LINKS
[1] /Merkel-und-das-EU-Gipfeltreffen/!5737568
[2] /Jahrestag-des-Klimaabkommens/!5730472
## AUTOREN
Susanne Schwarz
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