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# taz.de -- Die Wahrheit: Live vom Glühweinstrich
> Gratismasken für Risikogruppen – noch so eine Idee, die in Coronazeiten
> zu allerlei bürokratischen und anderen Wirrnissen führt.
Irgendwie fast süß, diese Politiker mit ihren Maßnahmen. Jens Spahn zum
Beispiel, der Gesundheitsminister: Lobt erst die Gratis-Superduper-Masken
für die Risikogruppen aus, bevor sich dann herausstellt, dass diese erst
mal nur per Post fälschungssichere Coupons erhalten. Wer bisher noch nicht
wusste, dass er oder sie zu einer Risikogruppe gehört, wird es spätestens
jetzt wissen!
Mit den fälschungssicheren Coupons heißt es, ab in die Schlange vor der
Apotheke, wo hippobedingte Verwerfungen noch schnell weggekärchert werden,
bevor endlich drei Ecken ein Elfer oder drei Masken pro Opfer gilt.
Aber das ist längst nicht alles! „Im zweiten Schritt können die Betroffenen
ab 1. Januar weitere zwölf Masken erhalten“, natürlich wieder per Coupons,
die per Post kommen, die übrigens immer noch keine Drohnen einsetzt,
sondern echte Menschen, die in aller Herrgottsfrüh um die Häuser ziehen
müssen. Und Betonung liegt auf „können“: Denn jetzt ist schon ein gewisser
„Eigenanteil“ fällig. Heißt, umsonst und im Sinne allgemeiner
Volksgesundheit war Weihnachten und nur dreimal.
Aber ja, ach.
Coupons per Post, das hat auch fast schon etwas Rührendes. Als Kind war ich
in niederländischen Einkaufszonen sehr von den Automatencafés beeindruckt,
die es dort gab. Lauter Fächer mit Frikandels, man wirft eine Münze ein und
erhält Fraß, der irgendwie sogar noch warm war. Wie ging das?
Vor ein paar Jahren war ich in Bari, Apulien, dort gab es sogenannte 24
hours shops: endlose Shops mit unendlichen Öffnungszeiten. Und ohne
Personalkosten! Die unsichtbaren Lieferanten ausgenommen. Einfach nur ein
Laden mit Automaten – für Snacks und Süßgetränke, aber auch mit
Medikamenten, Kondomen, kleinen Dingen für den Hausgebrauch. Schnell,
sicher, kontaktlos! Wäre das nicht auch eine Idee für den Konsum in Zeiten
von Corona?
Frikandels schmecken eklig, das sei an dieser Stelle einmal klargestellt.
Über Glühwein möchte ich eigentlich nichts mehr schreiben, das ist ein
ziemlich abgetrunkenes Thema inzwischen; aber die Wortfindung
„Glühweinstrich“ der Berliner Zeitung und manch anderer finde ich schon
sehr lustig. War die Wahl zum Wort des Jahres schon? Ja? Was wurde es? Ach
so.
Es gibt zahlreiche neue Wörter, die dieses Jahr brachte, mithin sogar ganze
Sätze, die in ihren Eigenartigkeiten schillern: „Diese Aussage ist nicht
kommunizierbar“ zum Beispiel, das ist so eine Art Triggerwarnung vor Kritik
an den Maßnahmen; mit anderen Worten: Man hüte sich, sonst droht der
Aluhut.
Ein anderer Satz lautet: „Weihnachten wurde übergangen“, was zwar nicht
stimmt, denn privat „unter drei“ oder „unter zehn“ ist Weihnachten auch
diesmal durchaus möglich. Vorausgesetzt, die Post kommt pünktlich und
bringt Coupons wie Geschenke gar reichlich für unter den im
Automatenbaumarkt erworbenen oder per Luftpost kontaktlos gelieferten Baum.
Unterdessen warten wir weiter, auf Immunantwort und Impfstoff. Per Post
oder direkt.
16 Dec 2020
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Schwerpunkt Coronavirus
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