# taz.de -- SPD will Dagmar Ziegler: Viel Rauch um nichts | |
> Die SPD-Fraktion hat eine Neigung, Probleme, die keine Bedeutung haben, | |
> in dramatischer Form zu verhandeln. Was machen sie, wenn es mal um etwas | |
> geht? | |
Bild: Dagmar Ziegler hat sich einen gewichtigen Posten erstritten: den der Bund… | |
Wenn man die SPD an der Qualität ihrer Machtkämpfe misst, sieht es nicht | |
gut aus. Bei der Auseinandersetzung zwischen Schröder und Lafontaine ging | |
es, bei allen Eitelkeiten, die solche Rivalitäten mit sich bringen, um | |
zentrale Fragen – wie national oder global, wie etatistisch oder neoliberal | |
sollte die Republik sein. Als Kevin Kühnert sich mit der Parteispitze wegen | |
[1][der Groko] anlegte, ging es darum, ob der SPD ihre Identität oder die | |
Staatsräson wichtiger war. Bei Reibereien zwischen Olaf Scholz und Martin | |
Schulz drehte es sich eher um Stimmungen als um Inhalte. Und als Teile der | |
Fraktion [2][Andrea Nahles] in die Wüste schickten, war das ein Frustventil | |
wegen der miesen Lage, kein Richtungsstreit – so wie abstiegsbedrohte | |
Vereine Trainer feuern. | |
Bei dem Machtkampf [3][zwischen Dagmar Ziegler und Ulla Schmidt] haben wir | |
es mit einer weiteren Schrumpfversion des Phänomens zu tun. Wir sehen zwar | |
bekannte dramaturgische Elemente. Es gibt Rangeleien im Vorfeld, eine | |
Kampfabstimmung, die im Patt endet, das durch noblen Verzicht in letzter | |
Minute aufgelöst wird – aber es geht um sehr wenig. Der Posten der | |
Bundestagsvizepräsidentin ist eher repräsentativ als einflussreich. Beide | |
Rivalinnen sind sowieso nur noch ein paar Monate im Bundestag. Ein | |
politischer Inhalt ist auch mit dem Mikroskop nicht zu erkennen. Viel Rauch | |
um nichts. | |
Rolf Mützenich wollte unbedingt Dagmar Ziegler, weil die Ostdeutsche als | |
Bundestagsvizepräsidentin der SPD in den schweren Wahlkämpfen in Thüringen, | |
Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern helfen kann. Wirklich? Die Idee, | |
dass eine Brandenburgerin im Spätherbst ihrer politischen Karriere die | |
Thüringer zur Wahl der SPD animieren könnte, ist doch recht gewagt. Warum | |
Mützenich niemand mit politischer Zukunft vorgeschlagen hat, ist ein Rätsel | |
dieser Geschichte. Dass die SPD-Fraktion ihren Chef mit dem Patt an den | |
Rand einer Blamage treiben musste, ein weiteres. Mützenich scheint den | |
Eigensinn der Fraktion zu unterschätzen, ein Teil der Fraktion den | |
Machtwillen des freundlichen Rolf Mützenich. | |
Die SPD-Fraktion hat inklusive ihrer Führung eine Neigung, Probleme, die | |
keine Bedeutung haben, in dramatischer Form zu verhandeln. Damit drängt | |
sich eine Frage auf. Was machen Mützenich und die SPD-Fraktion, wenn eine | |
Machtfrage zu entscheiden ist, bei der es um etwas geht? | |
25 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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